Betteln als letzter Ausweg
Wie stark das Thema Betteln die Menschen beschäftigt, zeigte die Diskussionsveranstaltung „Ham’s an Euro, bitte?“ im Treffpunkt Dominikanerhaus Steyr. Während der Garstener Gefängnisseelsorger Georg Kamptner vor allem hervorhob, dass es wichtig sei, mit den bettelnden Menschen das Gespräch zu suchen, ließ er auch mit einer Aussage aus seiner Erfahrung aufhorchen, die „den letzten Ausweg" Betteln deutlich macht. Beim Spaziergang mit einem Häftling begegneten die beiden einem Bettler. Der Häftling sagte: „Auch wenn es mir noch so schlecht geht, einbrechen kann ich, betteln könnt ich nie!"
Mag.a Michaela Haunold (l., Kontaktstelle für ArmutsmigrantInnen) und Sigried Spindlbeck (Caritas Auslandshilfe). © Caritas OÖ
"Sie bilden Fahrgemeinschaften, sind aber nicht kriminell"
„Aus unseren Projekten wissen wir, dass die meisten dieser Menschen eigentlich eine Arbeit finden wollen. Aufgrund mangelnder Schulbildung, Sprachkenntnisse und Qualifikationen ist das aber vielfach nicht möglich. Daher sehen sie dann keinen anderen Ausweg, als ihren Lebensunterhalt mit Betteln zu verdienen“, erzählte Mag.a (FH) Michaela Haunold, die sich seit Jahren in verschiedenen Projekten der Caritas für Menschen in Not mit diesem Thema beschäftigt. Auf die Frage aus dem Publikum, ob es sich um organisierte Gruppen handle, meinte sie: „Sie organisieren sich, bilden Fahrgemeinschaften, aber sie sind nicht kriminell. Meist sind es Familien oder oft auch Nachbarn."
Mag.a Sigried Spindlbeck von der Caritas-Auslandshilfe gab Einblick in die Lebenssituation der Menschen in Rumänien. Nach Oberösterreich kommen insbesondere von Armut betroffene Menschen aus diesem Land. Rumänien hat mit über 40 Prozent gleich nach Bulgarien die höchste Armutsrate in der EU. Jedes zweite Kind lebt in Armut. Das Preisniveau, gerade für importierte Güter, ist ähnlich wie in Österreich. Die Gehälter und Sozialleistungen liegen aber weit darunter (z. B. Kindergeld: € 10,– pro Kind, Sozialhilfe für vier Personen € 95,–, Mindesteinkommen € 180,–). Die Caritas bemüht sich mit vielen Hilfsprojekten vor Ort darum, die Lebenssituation zumindest einiger Menschen zu verbessern.
Mag.a Katrin Auer vom Museum Arbeitswelt Steyr erzählte von ihren Erfahrungen, die sie vor allem in der Recherche für die Ausstellung „Vom Boom zum Bürgerkrieg“ machte. Steyr stand nach dem Ersten Weltkrieg sinnbildlich für das Elend der Zwischenkriegszeit. Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot und Unterernährung prägten den Alltag. Auer: „Man muss sich auf unsere Vergangenheit besinnen. Damals waren es die Steyrerinnen und Steyrer selbst, die betteln mussten.“
Mario Ruhmanseder / Abt. Kommunikation Caritas OÖ (be)