Unerfüllter Kinderwunsch: Betroffene leiden im Verborgenen
In der Podiumsdiskussion sprachen VertreterInnen aus Medizin, Theologie und Beratung sowie ein betroffenes Paar von ihren Erfahrungen mit dem Thema. Die Moderation übernahm Mag.a Gabriele Eder-Cakl, Leiterin des Bildungs- und Begegnungszentrums "Haus der Frau". Bei der Diskussion zeigte sich, wie sehr unerfüllter Kinderwunsch nach wie vor ein Tabuthema in der Öffentlichkeit ist, obwohl es Betroffene in ihrem Leben sehr bestimmt.
Mag.a Gabriele Eder-Cakl (stehend) begrüßte die Gäste am Podium und im Publikum. © Violetta Wakolbinger
Wer kein Kind bekommen kann, leidet im Verborgenen
Die Betroffenen kommen in die Beratung mit dem Gefühl, nicht vollwertig zu sein und mit dem Gefühl, versagt zu haben, so Mag.a Martha Leeb von der Beratungsstelle Zoe und Beziehungleben.at in Linz. Menschen stürzen oft in eine schwere und umfassende Krise. Frauen erleben den „Zorn auf ihren eigenen Körper, Scham ist ein zentrales Gefühl in den Beratungsgesprächen“, so Leeb. In der Beratung wird dem Kinderwunsch Raum gegeben und auch wieder begrenzt. Leeb: „Jede Entscheidung, wie ein Paar mit dem unerfülltem Kinderwunsch umgeht, verlangt dem/der Einzelnen eine hohe Kompetenz im Umgang mit Unsicherheit, Enttäuschung und Druck ab. Gleichzeitig wird auch der Umgang mit medizinischen Behandlungen thematisiert.“
Leeb ging auch noch einmal auf die Diskussion um das neue österreichische Fortpflanzungsmedizingesetz ein: In Bezug auf die möglichen medizinischen Angebote fordert sie eine verpflichtende psychologische Vorbereitung von Paaren, die eine Ei- oder Samenspende in Empfang nehmen, so wie es auch bei Adoptiveltern notwendig ist.
Statement zum Nachhören von Mag.a Martha Leeb
Die medizinische Sichtweise
Von Seiten der Medizin gab Priv.-Doz. Dr. Omar Josef Shebl, Leitender Oberarzt am KinderwunschZentrum an der Landes- Frauen- und Kinderklinik Linz Auskunft. Auch ihm ist die gute und umfassende Beratung der Paare ein großes Anliegen.
Statement zum Nachhören von Priv.-Doz. Dr. Omar Shebl
Globale Perspektive und Annehmen der eigenen Begrenztheit
Die Innsbrucker Moraltheologin Dr.in Gertraud Ladner stellte das Thema in den Zusammenhang des Christlichen und Theologischen und ging den Fragen nach den Grenzen des Machbaren, nach der ethisch-theologischen Position der medizinischen Möglichkeiten und dem Eheverständnis nach und fragte: Was braucht ein Kind, um gut leben zu können?
Der Kinderwunsch sei ein sehr bestimmender und legitimer Wunsch im Leben, aber nicht der einzige, so Dr.in Ladner. Auch mit Kindern sei das Leben mit Risiken verbunden. „Es gibt nicht das Recht auf ein Kind oder auf ein perfektes Kind.“ Sie verwies bei der Podiumsdiskussion auch auf die globale Dimension und stellte den großen Kinderwunsch neben die tragischen Anstrengungen, Kinder zu verhindern. Bei den ethischen Fragen nach den medizinischen Möglichkeiten sprach sie von der „Achtung des beginnenden Lebens“ und der „Würde der Fortpflanzung“. Die christliche Weltanschauung stellt auch das Un-Perfekte und Endliche als gut und achtenswert hin: „Die christliche Botschaft sagt: Ich bin geliebt, so wie ich bin.“
Statement zum Nachhören von Univ.-Ass.in Dr.in Gertraud Ladner
Mit dem unerfüllten Wunsch leben lernen
Einen ehrlichen und authentischen Einblick in ihren Umgang mit der Kinderlosigkeit in ihrem Leben und ihrer Beziehung gaben Mag.a Brigitte Gruber-Aichberger und Dr. Franz Gruber. Gruber-Aichberger: „Mein Lebenskonzept ist fundamental durchgestrichen worden. Mit dem unerfüllten Wunsch leben zu lernen, dazu sage ich Ja.“ Franz Gruber: „Die Liebe und Ehe hat einen Wert an sich. Es ist mir bzw. uns wichtig, das Leben annehmen zu können mit dem, was sich stellt.“
V. l.: Univ.-Doz. Omar Shebl (Landes- Frauen- und Kinderklinik Linz), Mag.a Martha Leeb (Zoe und Beziegungleben.at), Mag.a Gabriele Eder-Cakl (Haus der Frau), Dr.in Gertraud Ladner (Theologische Fakultät Universität Innsbruck), Mag.a Brigitte Gruber-Aichberger und Dr. Franz Gruber (Betroffene). © Violetta Wakolbinger
Gabriele Eder-Cakl / Leitung Haus der Frau (be)