Sonntag 22. Dezember 2024

Kirchen bekennen sich zum gemeinsamen Friedenseinsatz

Ökumenische Sommerakademie 2014_Zucconi © Diözese Linz

"Ökumene ist auch Friedensarbeit, sonst ist sie keine ökumenische Arbeit": Das war am Freitag Tenor zum Abschluss der Ökumenischen Sommerakademie im Stift Kremsmünster, bei dem Vertreter von katholischer, evangelischer und orthodoxer Kirche zum Spannungsfeld Religion-Gewalt Stellung nahmen.

Die evangelisch-methodistische Pastorin Esther Hanna Handschin bezeichnete die Ökumenische Bewegung als "das große Friedensprojekt der christlichen Kirchen".

Handschin verwies in diesem Zusammenhang auf die "Charta Oecumenica" von 2001, in dem sich die Kirchen Europas verpflichteten, jeder Form von Nationalismus entgegenzutreten und sich für gewaltfreie Lösungen einzusetzen. Einen wesentlichen Beitrag zur Friedenserziehung würden die Kirchen vor allem im Religionsunterricht leisten, zeigte sich die Pastorin überzeugt.

Dasselbe Dokument nannte auch der orthodoxe Theologe Prof. Grigorios Larentzakis, als eines der vielen anderen "beachtenswerten ökumenischen und auch interreligiösen Vereinbarungen" zum Thema Frieden in den vergangenen Jahrzehnten. Trotzdem zeigte sich der Theologe unzufrieden: "Wir haben keine Dokumenten-Not, sondern eine Rezeptions- und Umsetzungs-Not. Es fehlen oft die Taten."

Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner räumte ein, dass Religionen neben vielen Stärken auch ihre Schwächen hätten. Eine davon sei die Versuchung, sich immer wieder mit Macht zu verbinden. Das führe letztlich zu Fundamentalismus und Gewalt. Auch bestehe stets die Gefahr, dass sich Religionen instrumentalisieren ließen. Vor all diesen Gefahren schütze am besten der Blick auf Jesus und dessen Leben und Lehre, so der Erzbischof.

 

Ökumenische Sommerakademie 2014_Zucconi © Diözese Linz

 

 

Europa in Friedens-Verantwortung

 

Über den weltweiten Einsatz der katholischen Gemeinschaft Sant'Egidio berichtete deren Generalsekretär Prof. Cesare Zucconi. Alle Aktivitäten seien von dem Grundsatz getragen, dass jeder Krieg grundsätzlich vermeidbar ist, sagte Zucconi, der Christentum und Gewaltanwendung als "unvereinbar" bezeichnete. Sant'Egidio engagiere sich auf der ganzen Welt, von Lateinamerika über den Nahen Osten bis nach Afrika und Asien.

Um Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu bringen, brauche es viel Geduld, viele persönliche Beziehungen und Vertrauen schaffende Maßnahmen, betonte Zucconi. Als ein positives Beispiel führte er das südostafrikanische Land Mosambik an, wo es Sant'Egidio gelungen war, in 27 Verhandlungsmonaten eine Friedenslösung herbeizuführen. Da soziale Ungerechtigkeiten und Armut ein Hauptgrund für Gewalt und Krieg seien, engagiere sich Sant'Egidio auch im Bereich der Entwicklungshilfe und Sozialarbeit, in Integrationsprojekten, im Kampf gegen die Todesstrafe und für die Einhaltung der Menschenrechte.

"Konflikte wird es immer geben", so Zucconi wörtlich. Die Herausforderung liege darin, dass diese nicht gewalttätig ausgetragen werden. Europa komme dabei eine besondere Verantwortung zu, habe der Kontinent doch nach dem blutigen 20. Jahrhundert weitgehend zu Frieden und Stabilität gefunden und müsse nun auch einen Beitrag leisten, dass dies in anderen Teilen der Welt Realität wird.

Kritisch merkte Zucconi an, dass es in der Gesellschaft immer weniger Interesse für Friedensarbeit zu geben scheine: "Wo sind heute die Menschen, die auf die Straße gehen und für den Frieden im Heiligen Land, in Syrien oder im Irak demonstrieren?" Friedensarbeit gehe schließlich alle Menschen an, nicht nur die Politiker, betonte der Generalsekretär von Sant'Egidio.

 

Säkulare Konflikte religiös besetzt

 

Mit verschiedenen Aspekten religiös motivierter Gewalt beschäftigten sich die rund 400 Teilnehmer am Donnerstag, wobei Prof. Hans Kippenberg von der Jacobs University in Bremen auf den Nahost-Konflikt hinwies. So kam es auf israelischer Seite zu einer religiösen Begründung politischer Ansprüche auf Palästina erst im Zuge des Sechstagekrieges 1967, gefolgt von jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten. "In einem säkularen Konflikt heilsgeschichtliche Dimensionen hereinzubringen, ist gefährlich - das sehen wir in Israel", gab der Religionswissenschaftler zu bedenken.

Kippenberg beleuchtete auch die andere Seite: Durch die im Zuge der Intifada ab 1987 gegründete Hamas habe der Nahostkonflikt auch auf muslimischer Seite eine religiöse Note erhalten. Hamas bedeute Eifer, erinnerte der Experte: "Plötzlich ist der Islam selbst Kriegspartei mit einer hoch aufgeladenen aggressiven Sprache", und erstmals sei auf islamischer Seite ein auch religiöser Anspruch auf Palästina erhoben worden. "Auf beiden Seiten werden politische Handlungen durch die religiöse Überlieferung gedeutet und damit sakrosankt", stellte der Forscher fest.

 

Keine "Schönwetterreligionen"

 

Prof. Gerlinde Baumann von der deutschen Universität Marburg stellte heraus: "Die meisten Religionen sind keine Schönwetterreligionen, sondern sie setzen sich mit allen Schattierungen menschlichen Lebens auseinander; die Lebenswirklichkeit muss sich auch in den heiligen Schriften spiegeln." Die Frage sei dabei die der richtigen Interpretation.

Anhand des Alten Testaments zeigte die Bibelwissenschaftlerin, dass Gott von Leidenden angerufen wird, aber auch selbst Gewalttaten begeht. "Bibeltexte sind Texte, also Literatur und daher keinen Abbildung der Wirklichkeit. Sie sind nicht Protokolle, sondern enthalten fiktionale Elemente, um dadurch auch eine fruchtbare Distanz herzustellen. So schaffen sie es, dass über Zeiten hinweg sich Menschen mit ihren Bitten, ihrem Dank, ihrer Klage vereinigen können", sagte Baumann.

Von daher sei es unsinnig, schwierige Textpassagen, in denen Gewalt und Klage vorkämen, schlichtweg herauszunehmen. Vielmehr müsse man sich ihnen stellen. Denn: "Biblische Texte müssen auch die hässliche Seite des Lebens zur Sprache bringen."

 

Divergierender Umgang mit Gewalt

 

Mariella Ourghi von der Universität Freiburg sprach zum Thema "Legitimation von Gewalt im Islam". Es gebe im Islam unterschiedliche Weisen, auf Gewalt zu blicken, da der Umgang damit im Koran und in den "Aussprüchen des Propheten" durchaus auseinandergehe. Die eine Position besage, dass es erlaubt ist, sich zu verteidigen. Die andere spreche sich sehr wohl auch für offensive Gewaltanwendung zur Missionierung aus, räumte Ourghi ein.

Gotlind Hammerer von Pax Christi Österreich skizzierte die Friedensarbeit ihrer Organisation. Konkrete Aktivitäten würden eindrucksvoll zeigen, wie Religionen für den Frieden eintreten können. Brigadier Walter Feichtinger vom Österreichischen Bundesheer stellte Modelle der Konfliktlösung vor. Bei aller Bedeutung von Sicherheitskräften und Armee brauche das Militär auch die NGOs zur Friedenssicherung, bekannte Feichtinger.

Abgeschlossen wurde die Sommerakademie Freitagmittag mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Kremsmünsterer Stiftskirche. Die 17. Ökumenische Sommerakademie ist für 15. bis 17. Juli 2015 angesetzt.

 

Ökumenische Sommerakademie 2014_© Diözese Linz

 

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