Patchwork auf Vöcklamarkter Syrisch
2015/2016 schlug den Syrern und Afghanen bei Weitem nicht das offene Herz der Österreicher und Europäer entgegen, das jetzt den leidgeprüften Ukrainern entgegenschlägt. Mohamad aus Damaskus, er ist Palästinenser, ließ sich nicht beirren. Er lernte von Anfang an intensiv Deutsch. Nach vielen Monaten des Wartens im überfüllten Flüchtlingshaus in Vöcklamarkt ging er nach Zuerkennung des Asylstatus sofort in den Arbeitsprozess in einem Nur-Nachschichtmodus, teilweise 6-mal die Woche.
Seine damalige Frau in der Heimat Syrien mit den 2 Kindern (sie waren zum Fluchtzeitpunkt 1 und 3 Jahre alt), hatte einen anderen Lebensentwurf gefunden und schickte ihrem Mann die 2 Mädchen per Flugzeug von Beirut nach Wien, wo sie Vater Mohamad empfing. Alleinerziehend über 3 Jahre schaffte er es, auch Geld an seine Eltern nach Damaskus zu überweisen.
Auf diesem Weg lernte er eine ehemalige Nachbarin dort, Sanaa, besser kennen und auch lieben. Sie war Witwe mit ihrem 14-jährigen Sohn Osama und ging 2019 nach Berlin auf die Flucht. Es dauerte nicht lange und die beiden bekamen über diese Grenze hinweg ein Mädchen. Sie heirateten mit einem kaum zu beschreibenden bürokratischen Aufwand in Vöcklamarkt.
Patchwork komplett – aus 3 mach 6!
Wo sollte diese große Familie nun wohnen? Gemeinsam mit meiner Frau, unserem Sohn und einer befreundeten Flüchtlingsbegleiterin finanzierten wir schon 2016 den Ankauf ein es alten Häuschens, das wir mit großem Einsatz an Eigenleistung renovierten. Nachdem die ersten Mieter des Hauses (auch Flüchtlinge) weggezogen waren, hatte nun diese Patchworkfamilie von Mohamad und Sanaa die Chance, das Haus zu beziehen. Durch den Zusammenhalt der Familie und den vorbildlichen Einsatz aller, war jetzt im Mai 2022 die Familie imstande, das Haus zum Sonderpreis zu kaufen. Osama begann inzwischen eine Lehre als Elektriker. Mit Sanaa, die einen Pflegeberuf anstrebt, lerne ich immer wieder Deutsch, wir lachen gemeinsam, wir lösen manch bürokratische Hürde zusammen und unterstützen uns gegenseitig von Heckenschneiden über Begleitung zum Arzt bis zu Fahrdiensten. Zu den Geburtstagsfeiern der großen Familie mit köstlichen syrischen Speisen sind wir regelmäßig eingeladen, und machen manch gemeinsamen Ausflug ins Salzkammergut. Ein Miteinander, wo wir gegenseitig in die jeweils fremde Welt des andern eintauchen und unsere Blickwinkel sich weiten – nicht immer leicht, aber immer öfter bereichernd. Dankbar für diese Entwicklung ist nicht nur Mohamad.
Franz Gebetsberger, Vöclamarkt