Geschichte des Linzer Mariendoms
„Wenn nach diesen Plänen diese Kirche erbauet wird, so steht ein Kunstdenkmal von großer Bedeutung da, so ist nicht nur die Stadt und das Land, sondern das ganze deutsche Volk und die ganze gebildete Welt um ein hohes Werk reicher", bemerkte der oberösterreichische Dichter Adalbert Stifter 1862 angesichts der Baupläne für den Linzer Mariendom.
Das Projekt des Linzer Dombaus war in dieser Zeit das größte in ganz Europa und sowohl technisch als auch logistisch eine Meisterleistung. Beeindruckend ist dabei, dass der Bau ausschließlich aus vom Dombauverein gesammelten Spenden von Gläubigen finanziert wurde.
Die Baugeschichte des Mariendoms ist durch vier große Phasen gekennzeichnet:
1862–1869: Bau der Krypta und Votivkapelle
Zuerst wurden die Fundamente des Doms gelegt und die Erde für den Unterbau der Kirche ausgehoben. Am 1. Mai 1862 fand die feierliche Grundsteinlegung durch Bischof Franz Joseph Rudigier statt und der offizielle Dombau begann. Der Grundstein befindet sich in der Krypta an der Wand direkt hinter dem Altar und dem Taufbecken. Eine Tafel mit lateinischer Aufschrift weist auf ihn hin.
Die Krypta ist von einem Lichtgraben umgeben. So gelangt das Tageslicht durch die zahlreichen Fenster in den unterirdischen Bau. Symbolisch deutet der Lichteinfall in die „Unterwelt“ auf die christliche Hoffnung der Auferstehung nach dem Tod hin. Dort, wo es dunkel ist, ist Hoffnung, auch dorthin gelangt das Licht. Die Krypta ist von dieser Thematik, nämlich von Tod und Auferstehung, von Dunkelheit und Licht, von scheinbarem Ende und Hoffnung auf neues Leben, durchzogen.
Direkt über der Krypta befindet sich der Kapellenkranz hinter dem Hochaltar, mit der großen Votivkapelle und den sechs weiteren Kapellen. Die Votivkapelle wurde am 29. September 1869 von Bischof Rudigier eingeweiht. Anton Bruckner komponierte hierfür die berühmte Messe in e-Moll (WAB 27). Anschließend wurde die Votivkapelle mit einer provisorischen Wand abgeschlossen und als gottesdienstlicher Feierraum genutzt.
1870–1885: Bau des Presbyteriums
Nach der Fertigstellung der Votivkapelle und der Seitenkapellen folgten der Bau der Sakristeien, die sich auf zwei Seiten am Rande des Kapellenkranzes befinden, und der Weiterbau bis zum Querschiff. Auch dieser Bereich wurde mit einer Wand abgeschlossen, sodass sich der Kirchen- und Feierraum zunehmend vergrößerte.
1886–1901: Bau des Turms
Auf den ersten Blick verwundert es vielleicht, dass der Bau nicht kontinuierlich mit dem Querschiff und Langhaus weitergeführt wurde. Denn 1886 wurde mit dem Turmbau begonnen. Der Anblick der Baustelle zu dieser Zeit ließ zwei voneinander getrennte Gebäudeteile aufscheinen. Der südliche Teil, mit der Votivkapelle und dem Presbyterium, stand dem nördlichen Gebäudeteil, dem Turm, unverbunden gegenüber. Diese Bautaktik sollte verhindern, dass beim Bau des Doms von den Ursprungsplänen von Vincenz Statz abgewichen oder der Dom insgesamt oder der Turm beispielsweise aus Geldmangel verkleinert werden konnte. Zwei getrennte Gebäudeteile mussten früher oder später verbunden werden. Mittels dieser Bautaktik wurden also willkürliche Abweichungen umgangen.
1902 wurden nach der feierlichen Glockenweihe unter Bischof Franz Maria Doppelbauer die sieben Glocken in den Turm transportiert.
1902–1924: Bau des Querschiffs und Langhauses
Ab 1902 wurden die getrennten Gebäudeteile miteinander verbunden. Am 29. April 1924 fand nach 62 Jahren Bauzeit die feierliche Weihe des Mariendoms unter Bischof Johannes Maria Gföllner statt. Von einer absoluten Fertigstellung des Doms konnte allerdings noch nicht gesprochen werden, an kleineren Gebäudeteilen sowie an der Innenausstattung wurde weitergearbeitet.
Letztlich finden bis heute immer wieder Bauarbeiten und Renovierungen am Dom statt. Die Mitarbeiter der Dombauhütte bemühen sich ganzjährig, dem zeitbedingten Zerfall des Gebäudes durch Erneuerungs- und Ausbesserungsarbeiten entgegenzuwirken.