„Die Versöhnung Gottes anzunehmen – das ist eine große Herausforderung“

Am 28. März lädt der Mariendom anlässlich des Heiligen Jahres zur Umkehr- und Versöhnungsfeier ein. Es geht darum innezuhalten und neue Hoffnung zu schöpfen. Wie das gelingen kann, weiß auch Gefängnisseelsorger Helmut Eder, der Menschen auf diesem Weg begleitet. Für ihn steht fest: „Die Versöhnung Gottes anzunehmen – das ist eine große Herausforderung.“
Helmut Eder ist Gefängnisseelsorger im forensisch-therapeutischen Zentrum Garsten. Die Männer dort haben schwere Taten begangen und leiden an psychischen Erkrankungen. Über seinen besonderen Arbeitsplatz erzählt er: „Ich kann mich frei bewegen, die Kirche und der Seelsorgeraum sind die einzigen Orte ohne Kameras. Bei uns steht eine Kaffeemaschine, es darf geraucht und frei gesprochen werden – über alles.“ Oft seien die Männer einfach froh, dass jemand da ist, der zuhört, ohne zu verurteilen.
Die Anliegen, mit denen die Häftlinge zu ihm kommen, sind ganz unterschiedlich. Manchmal geht es um eine kirchliche Hochzeit, um einen Segen oder um Trost in einer dunklen Phase. Manchmal reicht auch ein Gespräch über Musik, die etwas ausdrückt, was sich mit Worten nicht sagen lässt. Besonders berührt hat Helmut Eder ein junger Mann, gerade 18 Jahre alt, erst seit drei Wochen in Garsten. „Er war völlig in der Selbstanklage gefangen, suizidgefährdet, verzweifelt. Und zugleich so dankbar, dass jemand da ist, mit dem er reden kann. Er wollte wissen, wie Beten geht – und alles ungeschehen machen.“
Auf der Suche nach Vergebung
Die Männer, mit denen Helmut Eder spricht, sind oft auf der Suche nach Halt – und nach Vergebung. Die Offenheit für spirituelle Fragen sei groß. Doch fast immer beginne der Weg der Versöhnung mit einer einzigen, tiefen Frage: Kann Gott mir das überhaupt verzeihen? Eder sagt: „Ja. Es gibt keine Tat, die nicht verziehen wird.“ Doch das ist erst der Anfang. Der nächste Schritt ist oft der schwerere: sich selbst zu verzeihen, sich selbst annehmen zu lernen. Erst dann – viel später – geht es manchmal darum, einen Brief zu schreiben. An die Opfer. Um Vergebung zu bitten.
Es ist ein längerer Prozess und die größte Herausforderung bleibt das Annehmen. Zuzulassen, dass man trotz allem die Vergebung Gottes geschenkt bekommt. Ohne Bedingungen. Ohne Gegenleistung. „Du musst nicht büßen oder fasten, du musst nicht etwas leisten, um Liebe zu verdienen. Du darfst sie einfach annehmen“, sagt Helmut Eder.
Rituale, die den Weg bereiten
Versöhnung geschieht aber nicht nur im Kopf – sie braucht Rituale. In der Seelsorge von Helmut Eder gehören dazu einfache, aber kraftvolle Gesten: das Anzünden einer Kerze, Handauflegen oder eine Umarmung. Manchmal schreiben die Männer auf, was auf ihrer Seele lastet – und dann wird es verbrannt. Oder sie legen ein Körnchen Weihrauch auf die glühende Kohle – in Gedanken an einen bestimmten Menschen. „Ein sinnliches, tiefes Erlebnis – es riecht und raucht. Das ist sehr wichtig.“
Helmut Eder selbst lebt aus einem inneren Gefühl der Versöhntheit. „Ich bin nicht perfekt, aber ich muss es auch nicht sein. Das Schöne ist: Ich kann alles in die Hand Gottes legen.“ Am Ende jedes Tages schaut er zurück – im Zug oder in der Kirche, manchmal abends im Bett. Die schweren Dinge lässt er dort, wo sie hingehören – im Gebet. „Ich nehme sie nicht mit nach Hause. Ich zünde eine Kerze für die Häftlinge an, bete für sie. So kann ich sortiert und aufgeräumt heimfahren – das gibt mir Kraft. Und ich glaube, sie spüren das auch: dass ich mit mir im Reinen bin.“
Einladung zur Versöhnungsfeier
Ein Ritual für Sie kann die Umkehr- und Versöhnungsfeier mit Bischof Manfred Scheuer am Freitag, 28. März 2025, um 18.15 Uhr sein. Sie findet anlässlich des Heiligen Jahres 2025 statt, das im Zeichen von Verzeihen und Hoffnung steht.
Text: Claudia Riedler-Bittermann