Fronleichnam am Traunsee
Fronleichnamsprozessionen sind daher ein wichtiger Bestandteil des katholischen Kirchenjahres. Sie finden in unzähligen Gemeinden statt und in Traunkirchen sind sie ein ganz besonderes Erlebnis. In dem malerischen, am Traunsee gelegenen Örtchen im Salzkammergut wird Fronleichnam im Rahmen einer Seeprozession gefeiert.
Für Dr. Franz Dobretsberger, der ein Haus in Traunkirchen besitzt, ist die Fronleichnamsprozession jedes Jahr ein bedeutendes Event: „Ich habe von meinem Vater ein Haus in Traunkirchen geerbt – daher sind wir zu Fronleichnam natürlich immer dabei.“ Als echter Insider erklärt Dobretsberger, was es mit der Seeprozession auf sich hat und welche Verbindung es zum Linzer Mariendom gibt.
Fronleichnam auf dem Traunsee
„Traunkirchen hat praktisch keine Landfläche“, erklärt Dobretsberger. „Die Kirche steht auf einer Halbinsel und dahinter ist gleich der Berg, wo jetzt bei der Geißwand der Tunnel für die Umfahrung gebaut wurde. Da ist praktisch kaum Platz.“ Und tatsächlich wurde die Seeprozession im 17. Jh. n. Chr. aus Gründen der Platznot eingeführt, nachdem 1632 ein Brand in der Kirche gewütet hatte. Ein weiterer Aspekt, der zur Verlegung der Fronleichnamsprozession aufs Wasser geführt hatte, war das Bestreben, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Eucharistie auf besonders eindringliche und eindrucksvolle Weise ins Bewusstsein zu rufen.
„Die Seeprozession ist auch ein Produkt der Gegenreformation. Im Salzkammergut haben viele Evangelen gewohnt, was sich an den vielen evangelischen Kirchen in Hallstatt, Ebensee, usw. heute noch zeigt. Da musste sich die katholische Kirche etwas Anschauliches für das Volk überlegen, unter anderem wurden da dann die Prozessionen und in Traunkirchen eben die Seeprozession eingeführt“, führt Dobretsberger weiter aus.
Wie läuft die Seeprozession ab?
„Die Festlichkeiten beginnen um 08:30 Uhr mit der Messe in der Pfarrkirche. Danach zieht die Prozession durch das Seetor. Hier ist schon die ‚Himmelsfuhre‘ vorbereitet, die der Pfarrer, die Ministrantinnen und Ministranten sowie die Goldhauben besteigen – oft ist auch noch ein Gastpriester aus der Diözese eingeladen. Auf der Gegenfuhre nimmt die Blasmusik Platz. So wird dann auf den See gefahren“, beschreibt Dobretsberger den Beginn der Seeprozession. „Wir schwänzen die Messe meistens, weil wir in der Zeit die Boote herrichten bzw. schmücken müssen“, erzählt er mit einem Augenzwinkern und weiter: „Dann fahren wir damit zum Platz, wo auch die anderen Schiffe ablegen. Insgesamt sind es circa 200 Boote, deren Besatzungen die Prozession mitfeiern.“
Der eigentliche Höhepunkt der Prozession findet tatsächlich auf dem Traunsee statt: „Bei der Prozession gibt es insgesamt vier Stationen. Die erste Station ist in der Winkelbucht, ganz in der Nähe unseres Hauses. Auf der Hinfahrt wird üblicherweise gesungen und nach dem Evangelium erfolgt dann der Segen. Die zweite Station liegt in Richtung Traunstein in großer Nähe zum Ufer, damit die Leute an Land auch mitbeten können. Die dritte Station ist die Traunkirchnerbucht Richtung Sonnstein, wo schließlich wieder umgedreht wird. Danach legen die Schiffe in Traunkirchen an und die Prozession pilgert zum Kriegerdenkmal, das vor vielen Jahren in die steile Felswand des Johannesberg gehauen wurde. Hier findet die Fronleichnamsprozession ihr Ende und die Schiffe fahren wieder nach Hause.“
Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer lassen es sich bei dieser besonderen Festlichkeit am Traunsee nicht nehmen, ihre Boote zur Schau zu stellen. „Nicht ganz so katholisch ist, dass die Seeprozession eigentlich eine Modenschau für die neuen Boote ist“, schmunzelt Dobretsberger. „Wir haben ein Motorboot aus Holz, das 65 Jahre alt ist und schon zu den Oldtimern gehört. Wenn der Motor anspringt, sind wir immer ganz stolz.“
Das Traunkirchen-Fenster im Mariendom
Nun stellt sich die Frage: Was hat die Fronleichnamsprozession in Traunkirchen mit dem Mariendom zu? Tatsächlich ist dieses berühmte und traditionelle Ereignis in einem der prachtvollen Gemäldefenster abgebildet, im sogenannten „Traunkirchen“-Fenster. Betritt man den Mariendom durch das Nordportal befindet sich das Fenster gleich zur rechten Seite in der Obergade. Das Hauptbild zeigt die Seeprozession mit einem Priester im festlich geschmückten ersten Schiff, dahinter Geistliche und ein Ministrant sowie Männer mit Fahnen und Kerzen. In einem zweiten Schiff folgt die Musikkapelle, umgeben von weiteren Schiffen. Im Hintergrund ist der Traunstein zu sehen.
In der Mitte des unteren Feldes ist der Wallfahrtsort Lauffen bei Bad Ischl abgebildet. Links davon die Kirche Maria Schöndorf in Vöcklabruck, rechts die bei der Simonyhütte erbaute Dachsteinkapelle. Darüber sind Wappenschilde mit den Buchstaben U.I.O.G.D. (ut in omnibus glorificetur Deus – „Dass in Allem Gott verherrlicht werde“ – die Devise des Benediktinerordens) links und O.A.M.D.G. (omnia ad majorem Dei gloriam – „Alles zur größeren Ehre Gottes“ – der Leitspruch des Jesuitenordens). Beide Inschriften erinnern an die Vergangenheit Traunkirchens als Benediktinerinnenabtei und spätere Jesuitenresidenz. Im Maßwerk sind das Gnadenbild Mariens von Ohlsdorf bei Gmunden, der heilige Nikolaus als Patron der Schiffer und die heilige Barbara als Patronin der Bergleute abgebildet.
Erstellt von Sarah-Allegra Schönberger | 05.06.2023 | Bauwerk