„Da waren die Domkapläne böse“
„Hast du die Musik heute gehört?“ fragte Domkapellmeister Josef Kronsteiner den jungen Hans Loidl nach der Frühmesse, ehe der junge Mann in den 2. Weltkrieg einrücken musste. Kronsteiner hatte dem Ministranten zu Ehren besonders festliche Musik gewählt. In einem seiner vielen Fotoalben, die der betagte Herr Loidl im Caritas-Seniorenwohnhaus bei sich hat, findet sich auch ein Foto Kronsteiners. Sogar das Totenbild von Bischof Fließer hat er aufgehoben: „Mit ihm habe ich im Bischofshof Schnee geschaufelt.“
Die Caritas mitaufgebaut
Viele andere Bischöfe hat er nicht nur im Dom, sondern auch als Arbeitgeber erlebt. Zurück aus dem Krieg wurde Loidl für die Caritas angeworben. Die „Kinderverschickungsaktionen“, die Kindern nach dem Krieg Erholung in europäischen Ländern ermöglichten, wurden seine erste große Aufgabe. Später folgte umfangreiche Sozialarbeit bei der Caritas, von der Häftlingsbetreuung, die er aufgebaut hat, bis hin zum Leiter der Sozialhilfe. Als solcher ist er im Jahr 1987 in Pension gegangen.
Von Kindheit an kirchlich geprägt
Aufgewachsen in der Kapuzinerstrasse, war die Dompfarre von Anfang an Hans Loidls pfarrliche Heimat. Nach der Ministrantenzeit folgte die prägende Phase der Domjugend. Dort lernte er nicht nur seine Frau Luise kennen, sondern auch die Aufbruchsstimmung der 1950er Jahre. Seine Frau war übrigens vor der Eheschließung Wirtschafterin beim damaligen Dombaumeister Schlager. Geheiratet haben die beiden in der Stadtpfarrkirche Linz, so wie auch seine Eltern. Seine Begründung: „Im Dom verrennt man sich ja“, hat den Domkaplänen nicht ganz geschmeckt. Loidls Bruder Rudolf wurde Priester und war lange Pfarrer in Pinsdorf.
Unter dem Schutz Marias
Der vitale Senior ist überzeugt, dass er dem Schutz der Gottesmutter verdankt, noch am Leben zu sein. Beispielsweise geriet er wegen eines störrischen Esels bei seinem Wehrmachtseinsatz in Albanien nicht in den Hinterhalt von Partisanen. Seine vor ihm marschierenden Kameraden wurden alle erschossen. In der russischen Gefangenschaft war er zum Dienst im Lazarett bei einer russischen Ärztin eingeteilt. Dort erfasste er 260 Soldaten, die verstorben waren, mit Namen, Geburtsdaten und Feldnummer. Diese Liste übergab er nach der Heimkehr dem Roten Kreuz: „Das war meine erste soziale Tat.“
Die entscheidenden Begegnungen
In der Gefangenschaft entwickelte sich in ihm auch das Gefühl, in seinem Beruf als kaufmännischer Kalkulant nicht richtig zu sein. Als er bei seiner Rückkehr am Linzer Bahnhof zuerst die Schwester der Bahnhofsmission traf, als zweite die Pfarrschwester der Dompfarre und als dritte eine Jugendfreundin, die nun bei der Caritas aktiv war, nahm er das als Zeichen. „Was willst du dem bei dem Bettelverein?“ waren die Kollegen des früheren Arbeitsplatzes erstaunt.
Den Dom immer ganz in der Nähe
„Ich bin glücklich über meine Tätigkeit in Pension gegangen“, erinnert sich der alte Herr. Wenn er in seinen Fotoalben blättert, sprüht er vor Anekdoten. Sogar seine Wohnung hat er sich selbst in der Dompfarre organisiert. Auf der Hafnerstrasse 20 klaffte nach dem Krieg wegen eines Bombentreffers eine Baulücke. Loidl regte bei Bischof Fließer an, dass man dort ein Haus bauen sollte – schließlich suchte er eine Wohnung, um heiraten zu können. „Das ist eine gute Idee“, meinte der Bischof. Im mehrgeschossigen Gebäude, dass rasch errichtet wurde, fand im ersten Stock Hans Loidl mit seiner Frau und den folgenden vier Kindern eine Bleibe, darüber siedelte man die Diözesanfinanzkammer an. Der Dom war auch da ganz in seiner Nähe.
18.03.2024 | Geschichten & Personen