Anton Bruckner und der Mariendom

2024 jagt ein Jubiläum das andere: 100 Jahre Mariendom treffen auf 200 Jahre Anton Bruckner. Grund genug, sich ein einzigartiges Programm einfallen zu lassen. Einer, der bei der Konzeption mitgewirkt und sein musikalisches Wissen dabei in besonderer Weise eingebracht hat, ist Domorganist Wolfgang Kreuzhuber. Im Interview hat er uns einiges über seinen Bezug zu Anton Bruckner sowie das spannende Programm verraten.
Herr Kreuzhuber, welchen persönlichen Bezug haben Sie zum Mariendom?
Als ich 1982 zum Domorganisten der Kathedrale in Linz berufen wurde – als
fünfter Nachfolger Anton Bruckners in diesem Amt –, war ich damals der jüngste Domorganist Österreichs. Nach beinahe 42 Dienstjahren am Mariendom darf ich mich jetzt als ältester Domorganist Österreichs bezeichnen. In diesen vielen Jahren sind mir besonders der Mariendom und die Rudigierorgel ans Herz gewachsen.
Welche Bedeutung hat es für Sie, als Domorganist Bruckners Musik im Mariendom zu spielen?
Für mich ist sowohl die Auseinandersetzung mit Bruckners Leben und Schaffen als auch das Musizieren seiner Werke im Original, in Bearbeitungen und Improvisationen ein inneres Bedürfnis und ein großer künstlerischer Auftrag.
Dieses Jahr fallen ja zwei ganz besondere Jubiläen zusammen: 100 Jahre Mariendom und 200 Jahre Anton Bruckner. Der Mariendom ist eng mit Anton Bruckner verknüpft, auch wenn Bauwerk erst nach dem Tod des Komponisten und genau 100 Jahre nach seiner Geburt geweiht worden ist. Warum ist das so? Was verbindet die beiden?
Insbesondere bedeutende Kompositionen verbinden den im berühmten „Linzer Fenster“ (aber auch im Pöstlingberg-Fenster) verewigten Tonschöpfer Anton Bruckner mit dem Mariendom. Ihren Ausgangspunkt nimmt diese künstlerisch-spirituelle Beziehung im Wesentlichen durch die Verbindung Bruckners zu Bischof Franz Josef Rudigier. Denn von Beginn an begleiten Bruckner-Werke den Mariendom und seine Väter: Nach der zur Grundsteinlegung 1862 komponierten Festkantate „Preiset den Herrn, lobsingt seinem heiligen Namen“ (WAB 16) erklangen zur Einweihung der Votivkapelle im September 1869 unter Bruckners Leitung die Messe in e-Moll (WAB 27) sowie ein Monat später das Locus iste (WAB 23). Für das 25-jährige Amtsjubiläum von Bischof Rudigier im Jahr 1878 entstand schließlich Tota pulchra es (WAB 46), für das 1885 mit Bischof Ernest Maria Müller gefeierte Diözesanjubiläum schuf Bruckner Virga Jesse floruit (WAB 52).
Welche besonderen musikalischen Elemente charakterisieren Ihrer Meinung nach die Werke von Anton Bruckner, die als Auftragskompositionen speziell für den Mariendom geschrieben wurden?
Bruckners kirchenmusikalischen Werke, die er für den Mariendom geschrieben hat, zeichnen sich durch eine Symbiose von seiner Auseinandersetzung mit der Vokalmusik des 16. Jahrhunderts (Giovanni Pierluigi da Palestrina) mit der gleichzeitigen Verklammerung modernster Klänge Richard Wagners aus. Diese absolut neue Kompositionsform hat die Kirchenmusik nachhaltig wesentlich verändert.
Welche Rolle spielt die Aufführung von Bruckners d-Moll-Messe beim Festgottesdienst im Mariendom zur Feier des 100-jährigen Jubiläums des Mariendoms?
Die d-Moll-Messe war Bruckners erster großer kompositorischer Erfolg in Linz. Die neuen Wege, die er mit dieser Messe beschritten hatte, eröffneten ihm endgültig neue kompositorische Perspektiven und ließen ihn seinem erhofften Ziel, „Symphoniker“ zu werden, einen großen Schritt näherkommen. Die d-Moll-Messe zählt seit ihrer Uraufführung am 20. November 1864 im Alten Dom zum fixen Bestandteil des Domchorrepertoires und begleitet seitdem in Liturgie und Konzert auch den Mariendom an besonderen Domfesten, wie etwa der Weihe des Doms 1924 und der jetzigen 100-Jahr-Feier des Mariendoms.
Sie waren ja maßgeblich an der Ausarbeitung des vielfältigen Programmangebots im Rahmen von 100 Jahre Mariendom Linz und 200 Jahre Anton Bruckner beteiligt? Was war für Sie das Besondere an diesen Vorbereitungen?
Sowohl im konzertanten als auch im wissenschaftlichen Bereich durfte ich bei einigen Projekten für 100 Jahre Mariendom Linz und 200 Jahre Anton Bruckner – zum Teil federführend – dabei sein. Wir haben vor wenigen Wochen ein Symposium zu diesem Thema abgehalten, das mit einem ganz wunderbaren Konzert, den Bruckner-Resonanzen, abgeschlossen wurde. Oder auch die Kompositionswerkstatt „Komponieren im HIMMLISCHER HÖHE“ und natürlich der „domorgelsommerlinz 24“. Zusammen mit meinem Kollegen, Domkapellmeister Andreas Peterl, liegt meine Arbeit natürlich auch vor allem in der Konzeption und musikalischen Umsetzung diverser gottesdienstlicher Feiern.
Besondere Erinnerungen im Laufe der Vorbereitungen waren für mich die durch Recherchen zu Bruckner und dem Mariendom gewonnen neuen Erkenntnisse, die aufgezeigt haben, wie eng Bruckner und seine geistlichen Werke mit dem Mariendom verknüpft sind.
Welche Programmhighlights gab und gibt es im Jubiläumsjahr 100 Jahre Mariendom und 200 Jahre Anton Bruckner?
Aus Sicht des Dommusikvereins Linz, der für die Orgelkonzerte im Mariendom verantwortlich ist, sind es das Symposium “1824–1924–2024. Anton Bruckner und der Mariendom Linz – Neogotik in Architektur, Musik und Geschichte“, das Konzert „Bruckner-Resonanzen“ und der „domorgelsommerlinz24“, die zu den Highlights der Orgelmusik im Mariendom zählen. Der „domorgelsommerlinz24“ startet mit Anfang August in den Formaten Abendkonzerte und Musik am Mittag und hat heuer natürlich einen starken Brucknerbezug (Termine siehe untenstehend).
In Liturgie und Konzert bringt die Dommusik große Chorwerke Anton Bruckners, wie etwa die d–Moll– (WAB 26) und die e–Moll–Messe (WAB 27) zur Aufführung.
Welche Bedeutung hat die Rudigierorgel im Mariendom für die Aufführung von Anton Bruckners Musik und trägt diese in einem gewissen Sinn positiv zur Interpretation seiner Werke bei?
Die Rudigierorgel im Mariendom ist eines der bedeutendsten Instrumente Europas. Für eine vielfältige Darstellung der Orgelliteratur konzipiert, lassen sich auf ihr auch sehr gut Orgelwerke Anton Bruckners, Bearbeitungen seiner Instrumentalwerke und Improvisationen darstellen. Ihr wunderbarer Klang wirkt sich wesentlich auf Interpretation und Improvisation aus.
Veranstaltungs-Tipps & Termine
Anton Bruckner - Benefizkonzert der Dommusik am 25. Mai 2024, 20.00 Uhr, Mariendom
Am Programm stehen Bruckners Messe in d-Moll sowie Orgelimprovisationen an der Rudigierorgel
Weitere Infos gibt es hier.
Weitere Infos zum domorgelsommerlinz24:
Weitere Infos zu 100 Jahre Mariendom:
https://www.100jahremariendom.at