Wolfgang Amadeus Mozart: „Missa solemnis in c-moll”
Das ist heute bekannt. Lange glaubte die Forschung jedoch, dass die Messe anlässlich dieser Einweihung verschollen sei, während man für die Messe KV 139 keinen Kompositionsanlass kannte. Denn selbst für die Fachwelt schien es unvorstellbar, dass Mozart in diesem Alter diese meisterhafte Messe komponiert haben könne. Von einer „Kinder- oder Jugendmesse” kann man da nicht sprechen. Ein bisschen korrigierend und lenkend hat Vater Leopold mitunter eingegriffen, bei dieser Messe des „von dem wegen seinen besonderen Talenten bekannten Wolfgang Mozart 12.jährigen Söhnlein des in fürstlich salzburgischen Diensten stehenden Kapellmeisters Hr. Leopold Mozart”, wie es das Wienerische Diarium am 10. Dezember 1768 schreibt.
Klangprächtige, farbenreiche Besetzung
Ebenso unglaublich schien, dass das Ensemble des Waisenhauses zu einer solchen musikalischen Leistung in der Lage war. Zeitgenössische Quellen bestätigen dies aber – und gleichzeitig ist die reiche Besetzung dieses Instrumental- und Vokalensembles beachtlich.
Vielleicht ein Grund, warum er die Posaunen nicht nur – wie in Salzburg – Alt, Tenor und Bass verstärken ließ, sondern diesen im Kyrie, im „Et incarnatus est” des Credo und im Agnus Dei fast solistische Partien anvertraut, wie es in der damaligen Kirchenmusikpraxis Wiens durchaus üblich war. Aber ganz neu für den jungen Mozart.
Besetzt ist die Messe daher recht üppig: neben vier Gesangssolisten und dem Chor kommen zwei Oben, vier Trompeten, drei Posaunen, eine Pauke, zwei Geigen und zwei Bratschen zum Einsatz.
Lebhafte, bühnenreife Kontraste
Einem dreiteilig gestalteten Kyrie mit langsamem Mittelteil für das Soloquartett folgen Gloria und Credo in sieben Sätzen sehr unterschiedlichen Charakters (und verschiedener Instrumentation). Mozart bedient sich damit der für eine solche Festmesse verlangten Form einer Kantatenmesse. Arienhafte Solostellen wechseln sich mit Chorpartien und Duetten.
Die langsamen Teile der Messe sind nahezu alle in Moll gehalten: das Kyrie, das die Messe fast schmerzlich-seufzend eröffnet, und das „Qui tollis”, das den Jubel im Gloria jäh unterbricht. Zwischen Krippe und Kreuz bewegt sich die Musik: ein weihnachtliches Gefühl kommt im „Et incarnatus” auf, während uns das „Crucifixus” jeden einzelnen Nagel spüren lässt. Wie erlösend kommt da das Sopransolo im „Et resurrexit”! Die im Agnus Dei solistischen Posaunen lassen uns jedoch wieder ganz zaghafte Trauer verspüren und bilden damit eine Verbindung zum Kyrie.
Große Bewunderung
„Mit allgemeinem Beyfalle und Bewunderung” wurde die Messe bedacht – ein kleines Trostpflaster für die gesamte Familie Mozart, da bei diesem Wien-Aufenthalt die eigens für den Hof komponierte Oper „La finta semplice” wegen verschiedener Intrigen nicht aufgeführt werden konnte. Und was für ein schönes, „heil-sames” Trostpflaster!
Quellenangabe:
Marboe, Peter (Hrsg.) (2005): Mozart Sakral. Das Begleitbuch zum gesamten kirchenmusikalischen Werk im Wiener Mozartjahr 2006. Wien: Wiener Mozartjahr. S. 74f.
Martin, Christine (2002): Vorwort. In: Mozart, Wolfgang Amadeus: Missa in c. Waisenhausmesse. KV 139. Urtext. Leinfelden-Echterdingen: Carus (= Stuttgarter Mozart-Ausgaben). S. III. (Bestellmöglichkeit)
Bild 1: Wolfgang Amadeus Mozart in Verona (1770) von Saverio dalla Rosa (1745–1821). (Link zum Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AMozartVeronadallaRosa.jpg). © Caro1409/wikimedia.org/PD
Bild 2: Waisenhauskirche Mariä Geburt am Rennweg (Link zum Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3AWaisenhauskirche_Mari%C3%A4_Geburt.JPG). © Linie 29 (Own work)/wikimedia.org/CC BY-SA 4.0 (Link zur Lizenz: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en)
Stefanie Petelin