Joan Cererols Fornells – (k)ein Unbekannter?
Joan Cererols Fornells wurde (wahrscheinlich) am 9. September 1618 im unweit von Barcelona gelegenen Martorell geboren. Um 1625 trat Cererols als Schüler in das benediktinische Kloster Montserrat ein, in dem der ehemalige Organist des Klosters der Descalzas Reales Madrid – Juan March (1582-1658) – als „maestro de la escolanio”, also als „Meister der Singschule” wirkte. Dieser lehrte dem jungen Cererols mehrere Instrumente (Violine, Kontrabass, Harfe, Orgel) und Komposition.
Der Maestro...
Cererols trat schließlich im September 1636 als Novize in das Kloster ein, schloss dort seine Studien ab und flüchtete 1648 vor dem katalanischen Aufstand nach Madrid, wo er Mitglied der neu gegründeten Gemeinschaft von Montserrat wurde. Rund fünf Jahre später kehrte er als „maestro de capilla y de la escolanía” (also als Kantor und als Leiter des Knabenchors) nach Montserrat zurück.
Über 30 Jahre wirkte er dort bis zu seinem Tod am 27. August 1680 als Leiter der gesamten Kirchenmusik und lehrte Schüler aus allen Ecken und Enden der iberischen Halbinsel, was seinem Ruhm ohne Zweifel zuträglich war. Zeitgenossen nannten ihn darum nicht umsonst: „der Maestro”, „der Musiker” oder „der Komponist”. Nach Cererols Tod wurde für ihn über viele Jahre an seinem Todestag im Kloster Montserrat ein Responsorium gesungen.
Auf der Suche nach Werken...
Leider ist Cererols Werk nur teilweise überliefert – Schuld daran hat wohl der 1811 durch napoleonische Truppen verursachte Brand im Kloster Montserrat. Gut, dass es in katalanischen Archiven und Bibliotheken aber wenigstens zahlreiche Abschriften von seinen Werken gibt. In erster Linie handelt es sich dabei um mehrchörige Werke in lateinischer Sprache, die für den liturgischen Gebrauch gedacht waren, allerdings nur schwer datierbar sind.
Die sechs Messen in verschiedenen Tonarten hingegen können zeitlich in Cererols Jugendjahre eingeordnet werden – in ihnen zeigt Cererols bereits zwei große Stilarten, die für sein gesamtes kompositorisches Schaffen charakteristisch sind: homophone Sätze mit Betonung auf Textdeklamatorik („neuer Stil”) und polyphone Sätze im melodisch-kontrapunktischen Stil („alter Stil”). Im Sinne der Textdeutlichkeit verwendet Cererols auch mit Vorliebe synkopierte Rhythmen und Hemiolen. Und so ganz nebenbei: Ein Benedictus gibt’s in diesen Messen übrigens nicht – zu dieser Zeit war es Brauch, das Benedictus durch eine Motette zu ersetzen.
Inspiriert ist Cererols‘ Musik von der Musik Tomás Luis de Victorias, aber auch Giovanni Pierluigi da Palestrinas, was einerseits auf seinen Lehrer March, andererseits aber auch auf seine Madrider Jahre zurückzuführen ist. Von Cererols existieren ausschließlich geistliche Vokalkompositionen in lateinischer und spanischer Sprache (Messen, Motetten, Psalmen, Cantica, Antiphonen, Tonos, Villancicos) – und eine davon ist unsere „Missa à 5”.
Quellenangabe:
Gómez, Maricarmen: Cererols Fornells, Joan, Juan. In: Finscher, Ludwig (Hrsg.) (2000): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Personenteil Cam - Cou. Kassel / Stuttgart: Bärenreiter / Metzler. Spalte 555–557.
Bild: Das Kloster Montserrat 1.jpg (Link zum Bild: https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ADas_Kloster_Montserrat_1.jpg). © Ludwig Bickel (Eigenes Werk)/wikimedia.org/CC BY-SA 4.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)
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