Tod durch den Taktstock!
Eigentlich war der berühmte Komponist und Musiker ja gar kein Franzose: 1632 als Giovanni Battista Lulli in Italien geboren, ging mit dreizehn Jahren als „Garçon de la chambre” nach Frankreich – eigentlich um mit der Cousine des Königs Louis XIV. Italienisch zu parlieren, doch es kam etwas anders...
Er freundete sich rasch mit dem etwas jüngeren König Louis XIV. an und lehrte diesem das Tanzen - und so ist es naheliegend, dass Lully aufgrund dieser innigen Freundschaft und seines musikalischen Talents schließlich später zu dessen „Intendanten der Hofmusik Ludwigs XIV.” und zum "Musikmeister der königlichen Familie" avancierte. Und die Karriere schien zunächst vielversprechend: Zusammenarbeit mit Molière, Ballettstücke, in denen der König selbst tanzte, und bedeutsame Werke für die Stilbildung der französischen Musik, der Oper im ausgehenden 17. Jahrhundert.
Zerschlagene Geigen und ein königliches Zahnleiden
Einfluss auf und Macht über den König nahmen schließlich zu, als Lully 1680 dann auch noch zum „Secretaire du Roi”, zum königlichen Sekretär ernannt und in den Adelsstand erhoben wurde. Musikalisch talentiert, menschlich manchmal weniger: man erzählt sich beispielsweise, dass er Geigern die Instrumente zerschlagen haben soll, wenn sie falsch spielten.
Doch mit Lullys Aufstieg treten Neider und Missgünstlinge wie die einflussreiche Mätresse des Sonnenkönigs, Madame de Maintenons, mit ständigen Intrigen auf den Plan – und dann fällt auch noch seine Oper „Roland” durch. Alle Versuche, den König zu besänftigen, scheitern. Lullys Karriere scheint am Ende. Wie die Zähne des Sonnenkönigs: denn die ungezügelte Lust auf Süßes und der übermäßige Genuss von Aprikosensirup ruinierten seine Zähne völlig, sodass dieser plötzlich an einem schrecklicken Zahnleiden erkrankte.
Die Ärzte wollten den kranken Zahn ziehen, brachen ihm dabei aber versehentlich ein Stück des Oberkiefers heraus. Nur ein glühendes Eisen, mit dem die Wunde ausgebrannt wurde, konnte die starke Blutung stoppen. Und so rechnete man schon mit dem Tod des Sonnenkönigs. Doch dieser erholte sich wider Erwarten, was Lully dazu bewog, sein bereits rund zehn Jahre zuvor komponiertes „Te Deum” zu bearbeiten und mit der gesamten Hofmusik (die eh „nur” aus 300 Musikern bestand!) anlässlich der Feierlichkeiten wegen des Königs Genesung aufzuführen.
Feierlicher Lobgesang und ein taktvoller Tod
Mit diesem „Te Deum” besiegelte Lully seinen „taktvollen” Tod: als er die Motette am 8. Januar 1687 in der Église des Pères Feuillants zur Aufführung brachte, passierte das Unglück. Lully schlug den Takt mit einem reich verzierten, prachtvoll vergoldeten, langen, schweren Zeremonienstab und ob seines Temperaments schlug er den Takt so heftig und voller Inbrunst, dass er sich den rund zwei Meter hohen Tambourstab mit der Spitze versehentlich in den Fuß (genauer: in die große Zehe!) rammte. Die Wunde entzündete sich sehr schnell und infizierte sich mit Wundbrand – die Ärzte rieten ihm zu einer Amputation der betroffenen Zehe. Doch Lully weigerte sich und so verstarb der Komponist wenig darauf. Und erst posthum bekam er die Anerkennung, die er sich gewünscht hatte: unter großer Anteilnahme des französischen Hofes wurde sein Leichnam in Notre Dame beigesetzt.
Quellenangabe:
Kube, Sigi (2016): Aller Abgang ist schwer: Ungewöhnliche Todesfälle der Geschichte. Köln: Bastei-Lübbe. S. 36f.
Lempfrid, Wolfgang (o.A.): Ein Italiener in Paris - vom Leben und Leiden des Giovanni Battista Lulli (Sendemanuskript [Stand: 01/2016]). In: Süddeutscher Rundfunk.
Schmitt, Rosemarie (2012): Ein taktvoller Tod. In: kultur-online, 18. April 2012. URL: http://kultur-online.net/node/20133 [Stand: 01/2016]
Schubert, Peter (2008): 08.01.1687: Jean-Baptiste Lully rammt sich einen Taktstock in den Fuß (Manuskript [Stand: 01/2016]). In: SWR2 Zeitwort, 8. Januar 2008, 6.45 Uhr.
Bild: Henri Bonnart (1642-1711): Jean-Baptiste Lully in Hoftracht. (Link zum Bild: http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/btv1b8406587k / Gallica Digital Library: ID btv1b8406587k). © Gallica Digital Library
(sp)