Wortfasten
Die Fastenzeit ist für viele Menschen eine willkommene Zeit, um Gewohntes zu unterbrechen, um Neues auszuprobieren, um sich dem „Weniger von“ und dem „Mehr an“ zu widmen … denn Fasten beschränkt sich schon lange nicht mehr allein auf die Ernährung. Inzwischen praktizieren wir Autofasten, Plastikfasten, Medienfasten und vieles mehr …
Wie wäre es in dieser Fastenzeit mal mit einer anderen Art des Fastens? Wortfasten steht auf dem Plan. Wie das genau geht? Die Möglichkeiten des Wortfastens sind mannigfaltig. Die Grundidee ist allerdings immer, unsere Worte bewusst zu wählen und achtsam mit ihnen umzugehen. Auch wenn das Wortfasten wie eine kleine Anregung erscheinen mag, so kann es doch große Wirkung entfalten. Denn die Sensibilisierung für eine achtsame Sprache kann uns selbst und unser Umfeld äußerst positiv beeinflussen. Und darum haben wir hier ein paar Ideen für eine „Wortfastenchallenge“ zusammengestellt. Und eines versprechen wir schon jetzt: Auch wenn es anfangs vielleicht schwierig scheint, Alternativen für ein Wort oder eine Redewendung zu finden – mit der Zeit macht das Umbauen der Sätze richtig Spaß …
Verzicht auf Verneinungen
„Denken Sie jetzt nicht an einen rosaroten Elefanten!“ – Natürlich haben Sie jetzt an einen rosaroten Elefanten gedacht. Denn Verneinungen verwirren unser Gehirn, Negationen verlangsamen die Verarbeitung der Aussage. Drum einfach mal positiv formulieren! Also zum Beispiel statt „Das war nicht schlecht, was Du da geliefert hast!“ einfach mal sagen „Das war prima, was Du gemacht hast!“. Oder wie wär’s mal mit einer Umformulierung beim Aufruf an sich selbst? Da verwandelt sich „Ich will mich nicht mehr aufregen.“ plötzlich in „Ich bleibe ruhig und gelassen.“ – klingt doch gleich ganz anders, oder?
Verzicht auf Druck und Beliebigkeit
„Ich bringe schnell noch die Kinder ins Bett ...“ oder „Ich telefoniere schnell noch mit meiner Freundin ...“ – hört man da nicht förmlich Hektik und Stress heraus? Kinder ins Bett zu bringen oder mit einem lieben Menschen zu telefonieren – das braucht nun mal seine Zeit und geht auch nicht schneller, wenn wir es „schnell noch“ machen. Diesen Druck auf uns selbst und unser Gegenüber können wir vermeiden, indem wir „ganz schnell“ auf solche Formulierungen verzichten. Ähnliches gilt für die berühmten Füllwörter wie „eigentlich“, „aber“, „irgendwie“, „sozusagen“, „ziemlich“, „nur“ und Co – kennen Sie noch das Gesellschaftsspiel Tabu? Genau diese Wörter könnten in der Fastenzeit nun auf Ihrer Tabu-Karte der klaren Formulierungen stehen …
Verzicht auf Zwang
Gerade jetzt in der Fastenzeit hört man immer wieder den Satz: „Ich muss unbedingt ein paar Kilo abnehmen.“ Mit dem Verb „müssen“ (oder auch „sollen“!) sind unweigerlich Druck und Zwang verbunden. Natürlich gibt es Dinge, die wir in der Tat tun müssen – doch vielleicht können wir unsere innere Haltung zu dem, was wir müssen oder sollen, verändern, indem wir aus dem Zwang eine Möglichkeit oder eine Vision formulieren. Dann wird ganz schnell aus „Ich muss unbedingt ein paar Kilo abnehmen.“ ein „Ich möchte ein paar Kilo abnehmen, um mich wohler zu fühlen.“ Ein „Ich muss noch meine Hausaufgaben fertig machen.“ verwandelt sich dann auch flugs in „Ich werde meine Hausaufgaben fertig machen, dann kann ich entspannt ins Wochenende gehen.“
Verzicht auf unnötige Entschuldigungen
„Sorry, dass ich Dich damit belaste!“, „Entschuldige, dass ich Dich da mit hineingezogen habe!“ oder „Tut mir leid, dass Du Deinen Feierabend für mich opfern musstest!“ – das sind Sätze, die wir vermutlich alle kennen. Entschuldigungen aus Höflichkeit, die sich nicht auf etwas beziehen, für das wir uns wirklich entschuldigen müssten. Wie wär’s stattdessen mit einem „Danke“? Also zum Beispiel: „Danke, dass Du Dir Zeit für mich nimmst und mir zuhörst!“, „Ich bin Dir dankbar, dass Du Dich für mich einsetzt!“ oder „Danke, dass Du extra länger im Büro geblieben bist, um mir zu helfen.“ – denn damit verändern wir nicht nur den Blick auf uns selbst, sondern geben dem Anderen auch etwas zurück …