Im Dialog: Musik trifft Literatur
Welche drei Dinge würde ich wohl mitnehmen auf eine einsame Insel? Ein Buch, Papier und Stift und – ein Klavier. Wenn sich die Frage aber verknappte auf bloß einen Gegenstand, würde ich wohl das Klavier nennen.
Literatur und Musik haben für mich in der Herstellung viele Gemeinsamkeiten: In beiden Künsten geht es um Rhythmus, Struktur, um Timing. Reduktion oder opulentes Ausufern? Lakonie oder Überinstrumentierung? Wird ein Subtext hörbar? Was läßt sich hinter Worten erahnen, was verbirgt sich „hinter“ den Noten, was bringt einen Text, eine musikalische Interpretation zum Schwingen?
In meinem alltäglichen Leben als Autor spielt die Musik eine zentrale Rolle.
Vor allem die Beschäftigung mit dem Jazz erlebe ich als eine überaus komplexe und nie an ein Ende kommende Erkundung eines harmonischen und rhythmischen Kosmos. Mit der Möglichkeit zu improvisieren habe ich gelernt, mich musikalisch im Moment auszudrücken. Eine Fähigkeit (für mich), für die ich dankbar bin und die ich als Geschenk empfinde.
Die Welt, in der ich lebe, wünscht sich mich als andauernd konsumbedürftigen Menschen. Im Gegensatz dazu ermöglicht mir die Musik (und manchmal auch das Schreiben) ohne viel Zutuns aus mir heraus kreativ zu werden und im besten Fall in einen Flow zu geraten. In jenes Gefühl des völligen Aufgehens in eine Tätigkeit, das wir bei Kindern beobachten, die ganz in ihrem Spiel versinken.
In einem guten Text wie in einem guten Musikstück gibt es für mich eine Balance von Emotion und Rationalität, Gefühl und kalkulierter Struktur. Vor allem in der Musik von Johann Sebastian Bach finde ich diese beiden Pole immer ausgewogen vor. In Bachs existentiell geerdeten Kompositionen fühle ich mich oft wie in einer tröstenden Hand geborgen. In seinen polyphonen Werken, vor allem natürlich in den Fugen, lese ich von Verwicklungen des Lebens und dem Zusammenhang zwischen Himmel und Erde. Und spüre ich, wie alles mit allem zusammen hängt.
Ein Stück von Bach ist mir in den letzten Jahren besonders ans Herz gewachsen: die Arie „Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust“ BWV 170. Das Stück ist bei weitem nicht so bekannt wie Bachs „Hit“ BWV 147 „Herz und Mund und Tat und Leben“ (bekannt als „Jesu bleibet meine Freude“), aber genauso wunderschön und lebt aus einer wiegenden Dreierbewegung.
Ein Tipp zum Reinhören ist die Version des Countertenors Andreas Scholl:
Die Talente von Rudolf Habringer, 1960 in Schwanenstadt geboren, sind vielfältig: Ob als Schriftsteller oder Kabarettist, ob als Musiker oder Spurensucher – der in Walding lebende Habringer versteht sein Handwerk. Auch seine literarische Bandbreite ist vielseitig: Romane (u.a. „Island-Passion“, „Engel zweiter Ordnung“, „Was wir ahnen“), Erzählungen (u.a. „Alles wird gut“), Satiren (u.a. „Bernhard Minetti geht turnen“, „Hansi Hinterseer lernt singen“, „Felix Baumgartner reißt einen Stern“), Kinderbücher („Was plumpst da auf den Mond?“), Kabaretttexte (u.a. „Das Leben ist ein Hund“ oder das ORGEL.KABARETT „Beruf: Organist/in. Umgeben von lauter Pfeifen“ mit Wolfgang Kreuzhuber) und Essays sind dabei nur eine kleine Auswahl. Ende März 2021 erscheint sein neuer Roman „Leirichs Zögern“ im Otto Müller Verlag.
schreibend – musizierend – darstellend