Die Symphonie Gottes hören
„Gott atmet in allem,
was lebt.“
Die Schöpfung. Sie ist Zentrum der Gedanken der heiligen Hildegard von Bingen. Und wir sind Teil des Ganzen. Denn: „Jedes Geschöpf ist mit einem anderen verbunden, und jedes Wesen wird durch ein anderes gehalten.“
Hochmusikalisch sind die Bilder, die Hildegard von Bingens ganzheitliche Spiritualität für diesen inneren Zusammenhang der Schöpfung, für unsere Wirklichkeit verwendet: In dieser „Symphonie“ Gottes hat „jedes Element seinen eigenen Klang“, einen „Urklang aus der Ordnung Gottes“. Auch die Seele hat als Abbild des gewaltigen Kosmos „tief in sich“ diesen „schön geordneten Urklang“ – und sie ist selbst die „Melodie des schönen Klanges“.
Da sein. Innehalten. Im Augenblick verweilen. Der faszinierenden Symphonie Gottes lauschen. Selbst wenn manchmal die eine oder andere Verstimmtheit zu hören ist, doch stets wissend, dass wir „umfangen von den Umarmungen Gottes“ geerdet und gehimmelt sind.
Zur Person:
Hildegard von Bingen, 1098 im heutigen Rheinland-Pfalz geboren, legte mit etwa 15 Jahren ihre Gelübde ab und wurde Benediktinerin. Emanzipiert und gebildet, vielseitig interessiert und begabt – so lässt sich das Wirken der Heiligen beschreiben, deren Bücher sich mit Theologie, Medizin, Ethik und Musik beschäftigen. Zu ihren bekanntesten Werken zählen ihre visionäre Schrift „Liber Scivias“ („Wisse die Wege“, um 1150), das „Liber simplicis medicinae. Physica“ (1151–1158) zur Heilkraft der Natur sowie das „Liber compositae medicinae. Causae et Curae“ (1151–1158) zu Ursachen und Behandlung von Krankheiten. Hildegard von Bingen betätigte sich auch als Komponistin – etwa achtzig geistliche Gesänge sowie das liturgische Mysterienspiel „Ordo virtutum“ entstammen ihrer Feder; ihre Kompositionen erleben allesamt eine Renaissance. Die „Hildegard-Medizin“, die auf der Heilkunde Hildegards beruht, erfreut sich heute ebensolcher Beliebtheit.
Die charismatische Universalgelehrte berichtete darüber hinaus auch immer wieder von göttlichen Visionen. 1150 gründete sie das Kloster Rupertsberg auf dem Rupertsberg links der Nahe, nach 1165 übernahm sie ein leerstehendes Augustinerkloster in Eibingen und gründete dort ein Tochterkloster. Hildegard von Bingen starb 1179 in Bingen; trotz der intensiven Verehrung nach ihrem Tod als Heilige wurde sie erst 2012 zur Kirchenlehrerin (Doctor ecclesiae) ernannt. Hildegard von Bingen ist Patronin der Esperantisten, Sprachforscher und Naturwissenschaftler. Die römisch-katholische Kirche begeht ihren Gedenktag am 17. September.