Digitalisierung
Künstliche Intelligenz – Chancen und Risiken
In fast allen Lebens- und Arbeitsbereichen unserer Zeit ist die Digitalisierung inzwischen fester Bestandteil. Daraus resultiert ein gesellschaftlicher Wandel, der ein großes Potenzial wirtschaftlicher und sozialer Natur beinhaltet. Das menschliche Zusammenleben wird dadurch nachhaltig verändert werden. Die Digitalisierung hat unser Leben jetzt schon enorm beschleunigt. Jeder Mensch hat Zugang zu großen Informationsmengen und ganz neuen Möglichkeiten. Prozesse werden automatisiert, ganz unterschiedliche Dinge miteinander vernetzt und das menschliche Eingreifen ist meist nicht nur überflüssig, sondern schlicht unmöglich. Unsere wirtschaftliche Entwicklung ist geprägt durch die Digitalisierung und hat neue Wirtschaftszweige entstehen, aber auch andere Geschäftsmodelle überflüssig werden lassen.
Der Mensch und die Digitalisierung
Schaut man sich die Situation von Unternehmen an, so wird schnell klar, dass sie flexibel und schnell agieren müssen, damit digitale Mitbewerber sie nicht vom Markt verschwinden lassen. Daneben gibt es noch weitere sehr drastische Veränderungen, die die Arbeitswelt zunehmend unsicher machen. In naher Zukunft werden Routinetätigkeiten aus dem Arbeitsalltag verschwinden und durch künstliche Intelligenz ersetzt werden. Einige Berufe wird es dadurch gar nicht mehr geben und es besteht sogar die Möglichkeit, dass ganze Branchen wegfallen werden. Ein Beispiel kann zum Beispiel die Berufsgruppe der Taxifahrer sein, denn das autonome Fahren ist heute keine Fantasie mehr. Damit dürfte auch die Kfz-Versicherung wegfallen, denn das Fahren an sich ist Teil des Produkts, sodass die Produkthaftung greifen müsste.
Neue Dienstleistungen und Produkte können durch den 3-D-Druck und künstliche Intelligenz noch schneller entstehen und Veränderungen werden weiter beschleunigt. Gleichzeitig steigt durch die Digitalisierung auch die Vernetzung im unternehmensinternen Bereich, aber auch zwischen den Menschen. Gestalten sich Probleme kompliziert, so werden sie durch Algorithmen gelöst. Doch nicht alles lässt sich durch einen Algorithmus lösen. Komplexe Probleme benötigen neue Lösungen.
Resignation oder Mitgestalten
Eines ist unabwendbar, auf uns kommen massive Veränderungen zu. Sie kommen schnell und sie kommen weltweit. Jeder von uns kann wählen zwischen Selbstmitleid, das eine Resignation nach sich zieht oder dem aktiven Mitgestalten, welches Spaß bringen kann. Für was wir uns entscheiden, hängt von der Politik, den Geschäftsleitungen und anderen Einflüssen von außen ab. Schafft man es, Ängste zu nehmen und die Zukunft gemeinsam zu gestalten oder werden neue Ängste geschürt und damit eine Abwehrhaltung hervorgerufen?
Hören Sie den Top-Experten für Digitalisierung
Ein Gespräch mit Ing. Gerfried Stocker, Direktor Ars Electronica Center Linz
Was braucht es in unsicheren Zeiten?
Damit selbst in unsicheren Zeiten Stabilität geschaffen wird, braucht es Visionen und eine Führung, die aus Visionären besteht. Die neuen und sehr komplexen Aufgaben, die es zu bewältigen gilt, benötigen neue Lösungswege. Doch diese werden nicht unbedingt geradlinig verlaufen. Der Weg in die menschliche Zukunft ist also nicht vorhersehbar. Lösungswege können daher nur entstehen, wenn Menschen übergreifend zusammenarbeiten und Gemeinschaftslösungen erschaffen. Dafür wiederum braucht es ein gesellschaftliches Klima, dass den Menschen in die Lösungen mit Digitalisierungsprozessen geht und welche Aufgaben zu lösen sind. Nur dann kann er seinen persönlichen Beitrag dazu leisten, denn er ist motiviert und kann eigenverantwortlich handeln.
Alte Muster beseitigen
Sind wir in der Lage zu vergessen? Veränderungen lassen sich nur vornehmen, wenn der Mensch bereit ist, aus alten Mustern auszubrechen. Dafür braucht es neben einer visionären Führung auch Moderatoren und Netzwerker, die die Angst vor der Digitalisierung nehmen und eine gemeinsame Vision für alle Menschen erschaffen. Doch welche Fähigkeiten benötigt eine Führung in der Gesellschaft oder im Unternehmen von heute:
- Visionäre zeigen die Richtung auf und schreiten voran. Gleichzeitig vermitteln sie Sicherheit.
- Moderatoren moderieren den Lösungsweg, währenddessen die Lösung selbst von den Menschen oder dem Team in einem Unternehmen kommt. Es braucht also keine Besserwisser, die anderen Menschen zeigen wollen, wie es geht. Ihre Aufgabe ist es, Hindernisse aus dem Weg zu räumen.
- Netzwerker schauen über den Tellerrand. Deshalb kennen sie mehr als ihr eigenes Fachgebiet und agieren mit anderen Menschen offen. Sie lassen sich auf die Ideen und Methoden anderer voll ein und arbeiten in übergreifenden Teams.
Die Herausforderung für jeden Einzelnen
Ob im Unternehmen oder der Gesellschaft, die Führung muss hinsichtlich der Menschen einiges anders machen. Die Digitalisierung stellt neue Anforderungen an jeden Einzelnen von uns. ‘Wir haben das schon immer so gemacht und machen das auch weiter so’, dieser Satz muss aus dem Kopf des Menschen verbannt werden. Neue, bessere Wahrheiten müssen stattdessen einziehen. Schaut man auf unsere Kultur, so wollen wir immer alles perfekt, richtig und absolut genau machen. Diese Einstellung wird mit zunehmender Digitalisierung keinen Bestand mehr haben können. Erfindungen entstehen nur, wenn man sich traut, auch Fehler zu machen. Neues entsteht, wenn ausprobiert wird. Arbeit könnte dann eine spielerische Komponente haben. Schaut man Kindern beim Spiel zu, so bemerkt man, wie unbeschwert sie experimentieren und ausprobieren. Sie lösen Probleme fast schon nebenbei und stehen doch miteinander im Wettbewerb.
Nicht nur das Wissen wird über den Fortschritt und die Entwicklung der Digitalisierung und der künstlichen Intelligenz entscheiden, sondern auch unsere Soft Skills. Der Mensch der Zukunft wird teamfähig, zur Kommunikation fähig, eine starke Persönlichkeit, die Fähigkeit zur Improvisation haben, reich an Erfahrungen und einen hohen emotionalen Intelligenzgrad besitzen müssen. Über den Erfolg der Digitalisierung werden die Faktoren Kultur und Mensch entscheiden. Dafür braucht es klare Visionen und Visionäre. Diese müssen den Menschen Sicherheit geben und das Ziel klar aufzeigen können. Genau dort liegt aber auch das Paradoxon: Die Gesellschaft braucht Visionen und ein klares Ziel, um den Menschen Stabilität zu vermitteln.
Von Möglichkeiten und Risiken
Wir nutzen sie also die Digitalisierung, indem wir über die verschiedenen Kommunikationsmöglichkeiten in ständigem Kontakt und Austausch stehen, weltweit Waren und Dienstleistungen bestellen und Navigationsgeräte nutzen. Doch es gibt auch Herausforderungen, die uns Menschen manchmal an die Grenzen des ethisch Machbaren und Sinnvollen bringen. Schaut man etwa in die Medizin, so sind die Analysemöglichkeiten für schwere Krankheitsverläufe immer besser geworden. Doch sollen wir die Entscheidung für eine Therapie ganz der künstlichen Intelligenz überlassen?
Was tun, wenn es plötzlich Finster wird? Ein Artikel zum Nachlesen.
Ypsilon Ausgabe 1/2020 (blättern Sie bitte auf Seite 16)
Roboter und Maschinen nehmen uns im Haushalt, aber auch im Arbeitsleben immer mehr schwere körperliche Arbeit ab. Die Kontrolle und die Überwachung sollten aber in Menschenhand bleiben. Künstliche Intelligenz bietet also in vielen Arbeits- und Lebensbereichen eine große Anzahl an technologischen Möglichkeiten. Doch die innovativen Entwicklungen müssen auch einer ethischen, regulatorischen und rechtlichen Untersuchung unterzogen werden.
Schon immer hatte der Mensch ein zwiegespaltenes Verhältnis, wenn es um innovative Technik ging. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass als das Auto erfunden wurde, kaum jemand eine solche Teufelsmaschine besitzen wollte. Wir haben gelernt, mit ihm umzugehen und heute besitzt fast jeder ein solches. Auch bei der Digitalisierung und im Speziellen, wenn es um die künstliche Intelligenz geht, stehen sich heute Euphoriker und Kritiker ohne Kompromissbereitschaft gegenüber.
Digitalisierung, die unter die Haut geht
Fast jeder nutzt heute bereits ein Smartphone. Das halten wir üblicherweise in der Hand. Doch wie lange noch? Werden uns bald Chips implantiert oder rauschen Nanocomputer unsere Blutbahnen entlang? Es scheint so, als würde der Mensch mit der Technik zunehmend verschmelzen. In diesem Fall muss die Frage nach dem Vertrauen erlaubt sein. Schließlich stecken wir in einem riesigen Dilemma. Ohne technische Hilfsmittel geht es heute nicht mehr. Sie machen unser Leben angenehmer. Ein wirkliches Vertrauen in die Technik haben wir aber nicht. Warum ist das so? Vertrauen entsteht dann, wenn keine Fehler passieren und wir davon ausgehen können, dass man es gut mit uns Menschen meint. Dazu müsste innovative Technik respektvoll mit uns umgehen.
Nehmen wir das selbstfahrende Auto, meint es dieses Auto gut mit uns, wenn es einem digitalen Hightech-Giganten gehört? Können wir uns ihm bedenkenlos anvertrauen? Keine leichte Entscheidung und doch lassen wir uns etwa von digitalen Apps verführen und ganz langsam entmündigen. Wir delegieren das Denken an technische Geräte, fällen keine eigenen Entscheidungen mehr und folgen stattdessen lieber Algorithmen in Firmen und in den sozialen Medien. Bücher werden nur gelesen, wenn uns Amazon darauf aufmerksam macht und diese positiv bewertet wurden. Gegessen wird nur das, was uns eine Fitness- und Gesundheitsapp empfiehlt. Hinterfragen wir aus reiner Bequemlichkeit die digitale Entwicklung nicht?
Immer wieder reagieren wir abwehrend, wenn der Staat uns etwa eine neue Steuer auferlegen will. Doch die wenigsten lehnen sich gegen die Digitalisierung auf, obwohl sie tief in unser Leben eingreift. Ändern sich die Machtverhältnisse, so ändert sich auch das Selbst. Wer greift also auf uns Menschen als einheitliches, autonom denkendes und handelndes Wesen zu? Gehört die menschliche Persönlichkeit dann den Hightech-Giganten und nicht mehr uns selbst?
Immanuel Kant wusste schon, dass es zum menschlichen Selbstverständnis gehört, selbstbestimmt zu entscheiden und sich nicht bevormunden zu lassen. Ein mündiger Bürger zu sein bedeutet demnach, selbst zu denken und zu handeln. Diesen Anspruch aufzugeben und sich von fremden Autoritäten leiten zu lassen, ist gefährlich.
Wenn soziale Medien in die Einsamkeit führen
Auf den Bestsellerlisten stehen meist Ratgeber über das Leben ganz oben. Der Mensch tritt die Flucht in das Analoge und in die Natur an. Schaut man in die Geschichte, so sieht man, das war schon immer so. Die Phase der Industrialisierung etwa ging einher mit der Phase der Aussteiger. Haben deshalb heute wieder viele Menschen ähnliche Bedürfnisse? Die sozialen Medien können einsam machen, auch wenn sie gut geeignet sind, um viele Menschen für eine gute Sache zusammenzubringen. Doch eine Masse ist immer sehr anonym und der Einzelne geht in ihr schnell unter. Nur die reale Beziehung zu anderen Menschen beugt dieser Einsamkeit vor. Menschen sind und bleiben soziale Wesen. Will man sich gut aufgehoben und verstanden wissen, so braucht es das aktive und interessierte Zuhören, welches ein Geben und Nehmen sein muss. Hört in einer Facebook-Gruppe wirklich jemand zu? Geht es nicht eigentlich nur um Likes und Dislikes? Wo ist das wirkliche konstruktive Gespräch?
Wohin geht die digitale Reise?
Digital, so scheint es, geht alles leichter. Der Mensch wird quasi optimiert. Er wird noch besser, fitter oder lustiger. Vom gegenseitigen Wettbewerb gibt es keine Pause mehr. Wer akzeptiert denn heute noch, dass das Leben auch Widerstände in petto hat und dass diese Schmerzen verursachen und schwierig zu bewältigen sein werden? In der virtuellen Welt werden Schwierigkeiten meist ignoriert und dazu zählt auch, dass der Mensch nun einmal sterblich ist.
Wohin die digitale Reise gehen wird, ist offen. Die Zukunft wird so sein, wie wir sie gestalten. Jede noch so innovative Technik ist von Menschenhand gemacht und so haben auch Menschen es in der Hand, wie und wo sie eingesetzt werden soll. Es hängt also von uns allein ab, wie sich die Digitalisierung entwickelt. Auch wenn es anstrengend ist, aber wir müssen uns fragen, wohin die digitale Reise gehen sollte. Dafür braucht es positive Utopien von uns allen.
Nehmen wir etwa die Wissenschaftler, die davon träumen, den Menschen unsterblich zu machen und ihn zu einem gottähnlichen Supermenschen werden zu lassen. Wäre das eine positive Utopie? Gehört es nicht zum Menschsein dazu, dass wir im Leben auch einmal scheitern, um dann wieder aufzustehen und weiter unseren Weg zu gehen? Ist es nicht völlig menschlich, dass wir sterblich sind und niemand weiß, wann wir abberufen werden? Was macht den Menschen im Kern aus? Leben wir derzeit in digitalen Luftblasen ohne Schattierungen und Differenzierungen? Doch gerade die sind es doch, die das menschliche Leben lebenswert, schön, spannend und wertvoll machen.
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Quellen:
https://www.ku.de/forschung/querschnittsthema-digitalisierung