Kirchenmusik – Berührung der Seele
Wort und Musik, die beiden Sprachen der Liturgie, begegnen einander auf Augenhöhe. Denn: Musik ist Verkündigung, die die christliche Botschaft über das eigene Singen und Musizieren oder das Hören von Musik direkt ins Herz trägt und die Seele berührt. Kirchenmusik lässt uns unmittelbar das Wort Gottes erleben und schenkt eine Vorahnung davon, was uns einmal erwarten wird, ganz im Sinne einer mittelalterlichen Orgelinschrift: "musica praeludium vitae aeternae" ("Musik ist das Vorspiel des ewigen Lebens").
Kirchenmusikausbildung am Puls der Zeit
Wie wird man eigentlich KirchenmusikerIn? Oft rutscht man "zufällig" in diese Tätigkeit hinein. Um für die vielseitigen kirchenmusikalischen Aufgaben bestens gerüstet zu sein, gibt es seit 1992 das Konservatorium für Kirchenmusik der Diözese Linz. Direktor Wolfgang Kreuzhuber schuf erstmals eine Ausbildungsstätte für Kirchenmusik in Oberösterreich, die angehenden und aktiven KirchenmusikerInnen neben Familie und Beruf eine fundierte Ausbildung in Chorleitung, Orgel und Kantorengesang ermöglicht.
Kreuzhubers Anliegen ist es, "nahe am Puls der KirchenmusikerInnen" zu sein und neue, praxisorientierte Hilfestellungen zu vermitteln – gerade angesichts der pastoralen Veränderungen, die Auswirkungen auf Liturgie und Kirchenmusik haben. "Als Kirchenmusiker möchte ich meinen Teil dazu beitragen, uns als Kirche weiterzuentwickeln und zu erneuern. Das Konservatorium hilft mir, die richtige Balance dafür zu finden, und liefert immer wieder neue Ideen und Impulse", erzählt Student Martin Kaltenbrunner.
Unterstützung der KirchenmusikerInnen
In vielen Pfarren wird seit Wochen intensiv geprobt, um eine vielseitige musikalische Gestaltung der Karwochen- und Osterliturgie zu ermöglichen. Begleitung und Unterstützung erhalten KirchenmusikerInnen vom Referat für Kirchenmusik der Diözese Linz. Als Anlauf- und Beratungsstelle für kirchenmusikalische Fragen haben Andreas Peterl und Marina Ragger von der KantorInnenschulung bis zur Liedplanerstellung vieles für Pfarren zu bieten.
Fortbildungsveranstaltungen für ChorleiterInnen, -sängerInnen und OrganistInnen ergänzen das vielfältige Angebot. Kirchenmusikreferent Peterl weiß um die pastorale Aufgabe der Kirchenmusik, die "Halt und Orientierung, vielleicht sogar Sinn" zu geben vermag und in Oberösterreichs Pfarren vielfach von Ehrenamtlichen getragen ist. 2017 liegt der Schwerpunkt darum auf Musik für Wort-Gottes-Feiern und der Förderung von OrganistInnennachwuchs.
Engagement in den Pfarren
In den meisten Pfarren ist die Wertschätzung der Kirchenmusik erfreulich hoch. Wo Kirchenmusik jedoch nur geduldet oder gar abgelehnt wird, wird einer blühenden Kirchenmusik der Nährboden entzogen. Auf fruchtbarem Boden gedeiht Kirchenmusik in Meggenhofen, wo sich Kirchenmusikerin Philine Voithofer freut, dass KirchenmusikerInnen geschätzt und unterstützt werden: "Viele spüren die atmosphärische Verbindung zwischen Wort und Musik in den Gottesdiensten und lassen das die KirchenmusikerInnen im Gespräch wissen." Nachwuchsarbeit macht es möglich, dass immer wieder junge Menschen in die Kirchenmusik hineinwachsen. Voithofer, Mitglied der diözesanen Kirchenmusikkommission, erntet Erfolg mit dieser Methode: "Einladen zuzuhören, mitzusingen, mich selbst in verschiedenen musikalischen Stilen üben, offen sein für Neues und Altes weitergeben, die Neugier wecken."
Auch wenn die Herausforderungen größer und komplexer werden, sieht Kirchenmusiker Martin Kaltenbrunner aus Viechtwang optimistisch in die Zukunft. Die Pfarre bringt ihrem jungen Kirchenmusiker viel Wertschätzung entgegen. Um die Gemeinschaft zu stärken, das Verständnis für die liturgischen Dienste zu fördern und neues Liedgut einzuführen, bietet Kaltenbrunner nun erstmals ein Kirchenmusikseminar für die an der Gottesdienstgestaltung Beteiligten an. Denn er glaubt, dass "die Botschaft des Evangeliums besser verstanden wird, wo Symbole, Texte, Handlungen und Musik einen klaren und gemeinsamen Verlauf zeichnen".
Kirchenchöre als Heimat
Domkapellmeister Josef Habringer ortet, dass es nicht mehr selbstverständlich ist, dass Menschen singen – wer jedoch in einem Chor singt, erfährt Musik als gemeinschaftsstiftend und Chor als Beheimatung. Und gleichzeitig tun ChorsängerInnen "Körper, Geist und Seele" etwas Gutes. Habringer weiß um das Glück, "gemeinsam mit anderen Musik zu machen und nach intensiver Probenarbeit die Musik in die Liturgie einzubringen, als Teil der Verkündigung, zum Lob Gottes, aber auch zur Freude der GottesdienstbesucherInnen und zum eigenen Vergnügen".
Bunte Orgellandschaft Oberösterreich
Siegfried Adlberger, Orgelreferent der Diözese Linz, gerät angesichts der Orgellandschaft Oberösterreich ins Schwärmen: "Sie ist so bunt und vielfältig wie die Menschen im Lande." Ältere und neuere Orgeln werden gleichermaßen geschätzt. Kreuzhuber ergänzt als Vorsitzender der Orgelkommission der Diözese Linz: "Schon in den 1960er-Jahren wurde hier der Weg zu qualitätsvollem Orgelbau eingeschlagen. Nicht umsonst gilt die Rudigierorgel sogar als Höhepunkt der Orgelneubauten Österreichs nach 1945."
Adlberger berät Pfarren bei geplanten Arbeiten unter Berücksichtigung der kirchenmusikalischen Erfordernisse. Wichtig ist ihm die Entwicklung nachhaltiger Projekte: "Die Orgel als liturgisch wichtigstes Instrument muss jahrzehntelang und generationenübergreifend funktionieren und gut klingen, um die Herzen der Menschen zu erreichen." Ziel sind Erhalt, Pflege und Wartung der knapp 900 Orgeln und qualitätsvolle Neubauten. Zu kämpfen hat Adlberger mit einem relativ jungen Phänomen: Fast die Hälfte aller Orgeln im Land sind durch klimatische Veränderungen der Kirchen von Schimmelpilz befallen. Ein Merkblatt mit wichtigen Tipps unterstützt Pfarren bei der Prävention.
OrganistInnen: selten sicht-, aber immer hörbar!
Nicht nur sonntags versehen sie mit viel Engagement und Idealismus ihren verantwortungsvollen Dienst und ersetzen mit ihrem Orgelspiel, dessen Bedeutung in der Liturgiekonstitution des II. Vatikanums gewürdigt wurde, nahezu ein ganzes Orchester. Das faszinierende Instrument mit der riesigen Bandbreite an Klangfarben will gelernt sein – OrganistInnen heranzubilden ist ein langfristiges Projekt. Denn auch wenn es oft heißt: "Es spielt die Orgel!" – was nützt die schönste Orgel ohne OrganistIn?
Kirchenmusikalische Ökumene
Franziska Leuschner, Diözesankantorin der evangelischen Kirche in Oberösterreich, empfindet die ökumenische Zusammenarbeit bei Orgelseminaren, OrganistInnentreffen sowie Chorleitungsschnupperkursen und -aktionstagen als Bereicherung des kirchenmusikalischen Lebens in Oberösterreich. Nicht zuletzt deshalb, weil viele OrganistInnen in evangelischen und katholischen Gottesdiensten ihr Amt ausüben und so dankbar für gemeinsame Fortbildungsangebote sind. Einen positiven Nebeneffekt sieht die junge Kirchenmusikerin auch: "Das gemeinsame Singen und Musizieren schafft eine gute Verbindung über konfessionelle Grenzen hinweg." Grenzen jeglicher Art überwindet auch der Weg, um andere für Kirchenmusik zu gewinnen: begeisterte Menschen, die mit Musik das Herz für das Geheimnis Gottes öffnen – und davon gibt es in Oberösterreich glücklicherweise sehr viele.
(sp)