Karsamstag
Am Karsamstag wird – wie am Karfreitag – wegen der Trauer über den Tod Jesu keine Eucharistie (Danksagung) gefeiert. Es ist der Tag der Grabesruhe Jesu.
Das heißt aber nicht, dass dieser Tag frei von Gottesdiensten ist: Das Gebet zu bestimmten Stunden des Tages betrachtet Jesu Leiden, seinen Tod und seinen Abstieg in das Reich des Todes und erwartet seine Auferstehung.
Besonders eindrücklich wird dies in der sogenannten Trauermette, dem Morgengebet dieses Tages. Die Trauermetten sind besonders gestaltete Gottesdienste mit Psalmengebet und dem gesungenen Vortrag von Lesungen aus den Klageliedern des Jeremia. Beeindruckend ist dabei neben diesen berührenden Gesängen auch der alte Brauch, einen dreieckigen Lichtständer mit 15 brennenden Kerzen aufzustellen. Im Lauf des Gottesdienstes wird eine Kerze nach der anderen ausgelöscht – bis auf die oberste, die brennen bleibt. Ein Symbol der Hoffnung auf den Sieg des Lebens.
(Die Feier der Osternacht gehört vom Kalender her zwar zum Karsamstag, sie ist nach alter kirchlicher Tradition aber schon Feier des Ostersonntags, der mit dem Einbruch der Dämmerung am Vorabend beginnt.)
Der Karsamstag ist oft geprägt von der Geschäftigkeit der Vorbereitungen auf das kommende Fest. Das verstellt mitunter die Besonderheit dieses Tages der „Grabesruhe Jesu“: das Aushalten der Leere.
„Was ist das? Tiefes Schweigen herrscht heute auf der Erde, tiefes Schweigen, weil der König ruht. ‚Furcht packt die Erde, und sie verstummt‘ [vgl. Palm 76,9], weil Gott – als Mensch – in [Todes-]Schlaf gesunken ist […]“. Dieser Text aus einer Predigt des Epiphanius (+535) ist am Karsamstag als Lesung im Stundengebt der Kirche vorgesehen; er bringt die Stimmung dieses Tages auf den Punkt: Am zweiten Tag nach der Kreuzigung wird Jesu Tod unwiderrufliche Gewissheit. Er ist nicht mehr. Für die Jünger*innen ist alles aus!
Die Texte des kirchlichen Morgengebets geben dieser Verzweiflung und Trauer und Perspektivenlosigkeit Ausdruck – und darin allen, die um einen geliebten Menschen trauern oder deren Leben von einer tiefen Krise verfinstert ist.
In vielen Pfarrkirchen gibt es ein „Heiliges Grab“, das an diesem Tag von den Gläubigen besucht wird und wo Grabandachten gefeiert werden.
Die Liturgie verbindet die Beter*innen auch mit Christus selbst: „Vor den Pforten der Unterwelt rette, o Herr, mein Leben. – Ich sagte: In der Mitte meiner Tage muss ich hinab zu den Pforten der Unterwelt, man raubt mir den Rest meiner Jahre. […] Wie ein Weber hast du mein Leben zu Ende gewoben, du schneidest mich ab wie ein fertig gewobenes Tuch. (Jes 38,10–13)“. Selbst in dieser äußersten Verlassenheit des Todes bleibt Gott immer noch der Adressat der Klage und des Gebets.
Ein leiser Grundton der Hoffnung schwingt darin mit, der in den Gebeten im Lauf des Tages immer fester wird: Es kann nicht sein, dass Gott alles ins Nichts fallen lässt. Er wird sich selbst treu bleiben und Rettung schaffen – für alle, auch für uns.
Text: Christoph Freilinger