Gibt nicht der Umgang unserer Gesellschaft mit Minderheiten und Randgruppen Aufschluss über das soziale Klima und die menschliche Qualität des Zusammenlebens? Der Staat kann dabei nur den Rahmen für die Hinwendung zu den Außenseitern vorgeben, die Angehörigen und wir, die Mit- arbeiter in der Gefangenen- seelsorge (Seelsorger, Cursillo- gruppe, evangelische Gruppen und andere) sind aufgerufen, das zu tun. Oft erfolgt es aus Dankbarkeit, dass einem so ein Schicksal, sei es durch Herkunft, intaktem sozialen Umfeld (Familie), oder aber auch- durch Fügung und Glück erspart geblieben ist.
Strafgefangenenbetreuung – wie?
Die Erfahrung zeigt, dass die direkte Zuwendung, durch einen Besuch, durch Briefwechsel oder durch eine Gruppe, wie die Cursillo- gruppe, am meisten bringt. So betreut das Team des Gefangenen- cursillos Garsten die Häftlinge in der STVA Garsten seit 1980 ohne Unterbrechung. Immer wieder gab und gibt es Cursillistas, die diese Betreuung machen. Danke an alle, die sich für diese Arbeit Zeit nahmen und mit dabei waren!
Zurzeit sind wir ein Team aus zehn Personen: Mitarbeiter aus NÖ und aus dem Raum Kirchdorf/OÖ. Unser Angebot für die Betreuung der Strafgefangen umfasst jährlich einen drei Tage dauernden Vertiefungscursillo mit ab- wechselnden Themen aus dem Neuen und Alten Testament. Heuer beschäftigen wir uns mit der Geschichte Josefs und seiner Brüder.
Warum nicht jährlich einen „Neu- cursillo“? Einerseits werden nicht jedes Jahr genügend Teilnehmer gefunden und andererseits soll auch die bestehende Gruppe neue Glaubensimpulse erhalten. Bedingt durch lange Haftstrafen gibt es Teilnehmer, die schon zehn Mal dabei waren.
In diesen drei Tagen denken wir mit Hilfe des Themas über verschiedene Fragen des Lebens nach: Was ist der Sinn meines Lebens? Wie verlief mein Leben bisher? Wo waren die Schwachstellen, die mich aus der Bahn geworfen haben, sodass ich im Gefängnis gelandet bin? Welche Glaubenserfahrungen habe ich gemacht? Kann mir der Glaube helfen, wieder Sinn in meinem Leben zu finden? Wie kann ich, durch den Glauben gestärkt, meine Zeit im Gefängnis sinnvoll nutzen, um mich gut auf die Zeit nach der Haft vorzubereiten? Was sind meine Zukunftsperspektiven? Es ist dies eine sehr harte Auseinandersetzung mit sich selbst, die sich über Jahre hinzieht und nur in kleinen Schritten vollzogen werden kann.
Die weitere Betreuung erfolgt in den monatlichen Ultreyas, wo wir verschiedensten Themen aufarbeiten, um persönliche Probleme zu lösen, den Glauben zu vertiefen, mehr Gottvertrauen zu erlangen und in die Liebe Christi hineinzuwachsen.
Was können wir tun – wie können wir helfen?
Ganz wichtig ist es, als Mensch da zu sein, offene Ohren zu haben, eine klare Sprache zu sprechen und realistische Hilfestellung anzubieten, um diese Probleme mit einem gesunden Gottvertrauen anzugehen. „Der liebende Vater verzeiht und hilft dir, deine Probleme zu lösen!“ Wichtig ist das persönliche Gespräch und der Mut, auch die eigenen Lebens- und Glaubenserfahrungen einzubringen. Das Team versucht, den Auftrag Christi „Ich war im Gefängnis und ihr habt mich besucht“ mit Leben zu erfüllen!
Maria und Franz Mayr
(Maria und Franz Mayr sind Mitarbeiter im Gefangenencursillo seit der ersten Stunde!)
Der Beitrag erschien in der Cursillo-Zeitschrift "Der Vierte Tag" vom März 2017