Projektbeschreibung
ENTWURFSGRUNDSÄTZE
Mit Licht und Holz das Vorhandene weiterbauen
Terrassen und gebaute Landschaften, Innen wie Außen, bestimmen das Gebäude von Franz Riepl, ja man könnte sagen, dass das Gebäude von seinem Landschaftsansatz geradezu durchdrungen ist. Es entwickelt sich in spannenden Raumfolgen und Wegeführungen, immer über unterschiedliche Niveaus und mit gut gesetzten, oft überraschenden Lichtführungen und – seltener – Ausblicken in die beeindruckende Landschaft.
Aus heutiger Sicht ist das noch immer eine starke Haltung, die in ihrer Konsequenz auch Vertrauen und Sicherheit vermittelt. Einzig an Leichtigkeit und Helligkeit - und eben dem Kontakt zum Außenraum und zur Landschaft - fehlt es ein wenig. Und das möchten wir - durch wenige, behutsam gesetzte Eingriffe - in das Ensemble einbringen:
- Licht in den Bestand bringen. So Wegeführung und Platzbildungen stärken.
- Mit einer zentralen Erweiterung auf der derzeitigen Dachterrasse eine neue Mitte schaffen, ein städtisches Forum, das gleichzeitig das Zentrum aller Wege im Haus bildet.
- Erweiterungen an den Rändern, dort wo es erforderlich ist und immer im Sinne des Bestandes, in „Varianten der maßstäblichen Gliederung großer Baumassen und Räume“
(Zitat Franz Riepl aus dem Buch „Franz Riepl über Architektur“. Müry Salzmann Verlag 2015)
Unser Entwurf ergänzt den Bestand um die Baustoffe Licht und Holz zu einem stimmigen Ganzen. Unsere Vision ist ein offenes und spirituelles Lernumfeld als Symbiose von Alt und Neu.
© Crystal O'Brien-Kupfner (honorarfrei)
V. l.: Arch. DI Thomas Pucher (Gründer/CEO), Erich Ranegger (Head of Design), Arch. DI Magnus Griesbeck (CEO)
ARCHITEKTUR UND FUNKTION
Das Forum
Die derzeit kaum genutzte, jedoch zentral im Campus liegende Dachterrasse von Haus A wird mit leichter Struktur überdacht und als transparenter Raum zur neuen Mitte des Campus ausgebaut.
Zum Foyer im EG wird die Decke geöffnet und mit einer großen Sitztreppe verbunden, so dass ein helles, lichtdurchflutetes Atrium direkt im Zentrum des Campus entsteht. Die vorhandene Betonträgerdecke wird in der Größe der neuen Sitzstiege geöffnet und mit einem neuen Randträger aus Beton gefasst, dieser wird in die Bewehrung der bestehenden Decke „eingewoben“, so dass ein konstruktiv geschlossenes System erhalten bleibt. Auf der Forum-Ebene selbst finden zahlreiche Nutzungen Platz: Attraktive Lernzonen mit Außenterrassen, die Mensa (Küche neben Lehrküche mit gemeinsamer Anlieferung), sowie Seminarräume und das Music Center mit dem großen Ensembleraum. Zusammen mit den Nutzungen im Bestandsflügel auf OG 01 wird ein Erschließungsring geschlossen und die Kapelle ist als skulpturaler Körper auch hier präsent.
Bestandsfoyer Erdgeschoß
Das Bestandsfoyer wird auch Richtung Norden, zur Bibliothek (im ehemaligen Schwimmbad) und zum neuen Hofhaus für SOB und SPK erweitert, mit nur geringen Umbauten, weil der offene Raum der derzeitigen Mensa dafür genutzt wird. Eine neue, großzügige Treppe verbindet in Zukunft diesen
Bereich mit dem neuen Haupteingang auf -01. Über der neuen Treppe wird das Dach mit drei Licht-Sheds geöffnet – es entsteht eine großzügige neue Querachse und ein neues Eingangsatrium.
Ein kleiner Eingriff auf der gegenüberliegenden, südlichen Seite - die Öffnung der Wand zum Gemeinschaftsbereich der ÖH - bringt auch hier Tageslicht ein, ermöglicht den Ausblick in die Landschaft und stärkt so generell die Orientierung im Gebäude. Durch diese punktuellen Eingriffe wird das bestehende Foyer geöffnet und strukturell gestärkt; es entstehen eine prägnante Ost-West, wie auch eine dreidimensionale Nord-Süd Achse, mit Haupteingang bzw. Atrium in der Mitte.
Bibliothek
Wie in der Beurteilung der ersten Wettbewerbsstufe angeregt, haben wir die Bibliothek im ehemaligen Schwimmbad verortet. Dazu wird auf Höhe der derzeitigen Wasserfläche eine Decke eingezogen die das Freihandmagazin beherbergt. Darüber entsteht ein freistehender Tisch der die Eingangsfunktionen und das Bibliothekslernzentrum beherbergt. Beide Bereiche sind so in einem Raumverbund unter dem vorhandenen, eindrucksvollen Sheddach zusammengefasst. Die Lage des Bibliothekseingangs am neuen Haupteingang ermöglicht eine 24/7 Nutzung der Bibliothek. Der Bestandsbau des derzeitigen Schwimmbades beherbergt auf -03 ein volles Geschoss, das als zukünftiger Tiefspeicher genutzt werden kann. Wenngleich diese Erweiterung erst in einer zweiten Bauetappe vorgesehen ist, so ist diese Nutzung doch sinnvoll, weil der Raum bereits vorhanden ist und die unmittelbare Nähe zur Bibliothek natürlich logistische Vorteile bereithält.
Hofhaus
Die Schulen SOB und SPK werden in einem Zubau im Anschluss an die Bibliothek (derzeitiges Schwimmbad) errichtet. Der parallel anschließende, neu gebaute Gebäudeflügel bildet mit der Bibliothek ein gut geschnittenes Hofhaus und entwickelt so innerhalb der Campus Struktur eine eigene Identität mit offener Mitte.
Haupteingang
Mit der Verortung der Bibliothek im ehemaligen Schwimmbad, dem Hofhaus im nördlichen Bereich und der großzügigen inneren Öffnung zum Bestand Haus A wird ein zentraler Eingangspunkt geschaffen, der auf der Logik des Bestandes aufbaut, jedoch einen wesentlich größeren, besser nutzbaren Vorplatzbereich ermöglicht.
Homebases
Die Homebases werden vollständig in Haus B untergebracht, welches um zwei Achsen verlängert wird. Die schlanke, offene Struktur, die so typisch für die Bürobauten der 50er Jahre ist, eignet sich hervorragend für diese Nutzung. Die gewünschten neuen Arbeitswelten können hier mit einfachen Maßnahmen im Innenausbau geschaffen werden. Eine Erweiterung um ein Geschoss beherbergt die Homebase für die KUL. Konstruktiv wird dieses Geschoss als leichte Holz- Stahlverbundbauweise ausgeführt, die auf den bestehenden Stützen des Bestandes aufgesetzt werden soll (Erfahrungsgemäß haben die Gebäude dieser Zeit und Bauart ausreichende Reserven in der Nutzlast und Statik um dafür in der Lage zu sein).
Seminar Center
Das Science und Seminar Center auf UG 01 im Süden des Bestandes wird durch eine L-förmige Erweiterung um einen kleinen Hof erweitert. Dieser sorgt in diesem Bereich auch für die Belichtung der Werkstätten auf UG 02 und die erforderlichen Fluchtwege.
Anlieferung und interne Wege
Die An- und Ablieferungen werden entsprechend der Nutzungskategorien dreigeteilt.
- Die Küchenan- und ablieferung wird direkt an der neuen Mensa, seitlich an Haus B im 1.OG erfolgen. Hier kann gleichzeitig auch die Lehrküche angeliefert werden.
- Die Anlieferung für Paketdienste und Bibliothek erfolgt auf Ebene -01, unter der bestehenden Freitreppe. Hier ist eine direkte Verbindung zum Welcome Center / BackOffice / Post, wie auch zum Eingang / Infopoint der Bibliothek gegeben. In weiterer Folge soll hier auch der Anlieferbereich zum Tiefspeicher vorgesehen werden.
- Die An- und Ablieferung für Müll, sowie für das Creativity Centre und alle sperrigen Güter erfolgt weiter unten, auf der Ebene des Creativity Centres -02.
Im Gebäude selbst entstehen sowohl auf -02, wie auch auf -01 eine interne Service-Wegeverbindung und ein zentraler Lastenlift im Bereich des Audimax.
WIRTSCHAFTLICHKEIT
Der Neubau wird auf ein Minimum reduziert. Ein Großteil der Nutzflächen wird in den Bestand integriert. Die Bibliothek nutzt die Flächen des aufgelassenen Schwimmbades bis in das Untergeschoß 3. Dadurch kann der Zubau des Tiefspeichers in Bauphase 2 zu einem großen Teil als Aktivierung der Schwimmbadflächen umgesetzt werden. Man erspart sich eine Baustelle im laufenden Betrieb, die Umsetzung erfolgt im Innenausbau. Ein Großteil der Neubauten erfolgt als Aufbau auf den Bestand wodurch keine Fundamentierung notwendig ist und man sich die Dachsanierung des Bestandes in diesen Bereichen spart. Die Holz- Leichtbauweise erlaubt ein hohes Maß an Vorfertigung und somit kurze Bau- und Montagezeiten sowie eine „trockene“ Baustelle.
Atelier Thomas Pucher
Im Jahr 2005 gründete Architekt Thomas Pucher das Atelier Thomas Pucher und prägt seitdem mit seinen Projekten nicht nur die Grazer Baulandschaft.
Das Büro des Ateliers Thomas Pucher zählt derzeit 35 Mitarbeiter:innen und ist damit eines der größten Architekturbüros in Graz. Internationale, nationale sowie regionale Projekte prägen das Portfolio: So gewann das Atelier Thomas Pucher den ersten Preis in internationalen Wettbewerben für das Design der Organisation der Islamischen Konferenz in Dschidda, die Musikschule in Tallinn, Estland und den Neubau der Sinfonie in Warschau, Polen.
Städtebauliche Gestaltung und die Verdichtung des Wohnraums mit gleichzeitiger Ausdehnung der Grünflächen ist Thomas Pucher ebenfalls ein besonderes Anliegen. 2016 übernahm er die Organisation und Durchführung der Urban Future Global Conference in Graz und rückte Graz damit in den Fokus internationaler Expert:innen auf dem Gebiet der Stadtentwicklung und städtebaulichen Planung. Das zentrale Thema der Konferenz beschäftigte sich mit einem Kernthema der aktuellen Stadtplanung in Graz, in die das Atelier Thomas Pucher mit mehreren Projekten gestalterisch richtungsweisend eingebunden ist: Denn Smart City bedeutet für den Architekten Pucher vor allem: Leben und Arbeiten im Quartier, Grünraum und aktive Nutzung des öffentlichen Raumes.
Gerade in letzter Zeit war das Atelier Thomas Pucher besonders erfolgreich: so konnten in den Jahren 22/23 nicht weniger als 6 Ausschreibungen gewonnen werden, darunter beispielsweise das Hallenbad Klagenfurt, der Gesundheitscampus der FH Kärnten, die Neue Klinik Hietzing, der Böhler Ausbildungscampus in Kapfenberg, der Campus für Bildung, Wissenschaft und Menschlichkeit der Diözese Linz und das Neue Bahnhofsareal Wiener Neustadt.