Pfarrstrukturreform: Dekanate Weyer und Schärding starteten als Pionierpfarren
Sie sind engagierte Vorreiter in der Pfarrstrukturreform: jene fünf Dekanate, die im Herbst 2021 den zweijährigen begleiteten Übergangsprozess vom Dekanat zur zukünftigen Pfarre starten. Den Anfang hatten am 9. und 10. Oktober die Dekanate Linz-Nord und Braunau gemacht. Am vergangenen Wochenende fanden in den Dekanaten Weyer (22. Oktober) und Schärding (23. Oktober) die Startveranstaltungen statt. Ziel des Auftakts war es, gemeinsam auf den zweijährigen Umsetzungsweg zu schauen, den Zeitplan und einzelne Schritte zu erfahren und das Begleitteam kennenzulernen. Am Kick-off nahmen der jeweilige Dechant, der/die projektverantwortliche DekanatsassistentIn und Mitglieder des erweiterten Dekanatsrats (hauptamtliche SeelsorgerInnen, VertreterInnen der pastoralen Knotenpunkte, PfarrsekretärInnen und PfarrgemeinderätInnen) teil. Weiters wurde in jeder Pionierpfarre ein „Kernteam“ zusammengestellt, das aus Mitgliedern der Dekanatsleitung, zwei ProzessbegleiterInnen und einer Inhaltlichen Begleitung besteht und das den Prozess leiten wird.
Dekanat Weyer: „Mit Herz und Geist auf den Weg machen“
Etwa 65 TeilnehmerInnen aus dem Dekanat Weyer fanden sich am Abend des 22. Oktober 2021 im Pfarrsaal von Ternberg zur Startveranstaltung für den Weg als Pionierpfarre ein. Zum Dekanat gehören die Pfarren Gaflenz, Großraming, Kleinreifling, Laussa, Losenstein, Maria Neustift, Reichraming, Ternberg und Weyer. Am Kick-off nahmen Dechant Friedrich Lenhart, Dekanatsassistentin Regina Nagler, weitere VertreterInnen des Dekanatsrats und PfarrgemeinderätInnen sowie Religionslehrkräfte, Pfarrcaritasleiterinnen und kirchlich Engagierte aus den einzelnen Pfarren des Dekanates teil. Zum Kernteam, das den Prozess leitet, gehören Dechant Friedrich Lenhart, Dekanatsassistentin Regina Nagler als Projektkoordinatorin, Cornelia Weißensteiner, Karl Karrer, Brigitte Kieweg und Christoph Holzinger. Die Begleitung des Dekanats übernehmen in den kommenden beiden Jahren Bernadette Hackl und Johannes Mairinger (Prozessbegleitung und Moderation) sowie Katharina Brandstetter (inhaltliche Begleitung).
Martin Schachinger, Leiter der Stabsstelle Pfarrstruktur, informierte über die inhaltliche Schwerpunktsetzung von Spiritualität, Option gegen Armut und Qualität, über Abläufe, Zeitpläne und die nächsten Schritte auf dem Weg. Er überreichte ein „Startpaket“ mit hilfreichen Unterlagen. Ursula Einheller, Religionslehrerin in der Neuen Mittelschule Ternberg, gestaltete den Abend mit eigens für den Anlass komponierten Liedern. Dass dieser Weg von Motivation, Zuversicht, Offenheit, Kreativität und gutem Willen geprägt ist, wurde beim spirituellen Auftakt der Veranstaltung deutlich: Die von Brigitte Kieweg vorgetragene „Geschichte von der Steinsuppe“ bewegte die TeilnehmerInnen, ihr jeweils individuelles „Gewürz“ in Form einer beschriebenen Blume in einen Suppentopf zu legen – symbolisch dafür, dass jeder einzelne Beitrag zum Gelingen dieses Prozesses beiträgt und Kirche dadurch „schmackhaft“ wird.
An der Startveranstaltung des Dekanats Weyer nahm Pastoralamtsdirektorin Gabriele Eder-Cakl als Vertreterin der Diözesanleitung teil. Sie brachte ihre Freude über die Vielfalt und Lebendigkeit im pastoralen Raum des Dekanats zum Ausdruck. Eder-Cakl nannte einige Blitzlichter: wunderschöne Landschaften, Kirchenerfahrungen junger Menschen auf der Jungscharalm, die Bedeutung der Wallfahrten zum Heiligenstein in Gaflenz, die Baracke Ternberg als wichtiger Gedenkort, die traditionellen Ostermorgenfeiern mit hunderten Jugendlichen, dazu Pfarrgemeinden, Kindergärten und Schulen, Seniorenheim, Tourismus, Bauernhöfe … Die Pastoralamtsdirektorin ermutigte dazu, an all diesen Orten – „am Bahnhof in Ternberg, in der Kirche, aber auch in der Jausenstation am Heiligenstein, im Jugendhaus Losenstein und beim Lebensmittelgeschäft in Weyer“ – „heiligen Boden“ und Gottes Gegenwart zu entdecken, offen und vorurteilsfrei auf die Menschen zuzugehen und sie „einfach zu mögen“. Eder-Cakl: „Kirche ist immer Zeichen und Werkzeug der Liebe Christi. Es geht darum, diese Liebe Christi in Weyer zu enthüllen und den Menschen den nächsten Schritt im Leben zu ermöglichen.“ Sie wünschte der Pionierpfarre Gottes Segen für den Weg und für ihre seelsorgliche Arbeit und gab ihnen ein Kalenderzitat mit auf den Weg: „Die wichtigste Zutat für den Aufbruch ist ein fröhliches Herz!“
Das Fazit von Dekanatsassistentin Regina Nagler nach der Startveranstaltung: „Beim Auftakt war der Wille der Beteiligten zum Mitarbeiten spürbar. Worauf ich mich persönlich freue, ist das gemeinsame Gestalten und die neuen Formen und Orte von Kirche.“ Ein besonderes Anliegen ist der Dekanatsassistentin, vor allem junge Menschen in die Gemeinschaft zu integrieren sowie generell möglichst alle Menschen der Pfarrbevölkerung miteinzubinden. Damit dieser Prozess gelingt, brauche es jetzt „ganz viel Kommunikation“, ist Nagler überzeugt. Hilfreich seien die bereits zuvor gegründeten, gut funktionierenden Seelsorgeteams, aber auch die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Religionslehrkräften und Kinderliturgiekreisen. Pastorale Chancen sieht Nagler auch in der ausgeprägten Gedenkkultur Weyers, die insbesondere durch Initiativen der Katholischen Jugend und des Katholischen Bildungswerks Großraming gepflegt wird. Ebenso biete das Dekanat vielfältige Orte für Pilgerbegeisterte, wie etwa den neu errichteten Sebaldusweg oder die Wallfahrtskirche Maria Neustift. „Es gibt viele Ideen“, unterstreicht die Dekanatsassistentin. Durch unterschiedliche pastorale Projekte „sind wir schon jetzt recht gut vernetzt“ so Nagler. Für Gemeinschaftsgefühl sorgt zusätzlich ein neues Logo der Pionierpfarre, das aus dem ehemaligen Dekanatslogo heraus entstanden ist und weitergedacht wurde.
Als „süße Stärkung“ und Proviant für den gemeinsamen Weg erhielten die TeilnehmerInnen aus den Pfarren eine sogenannte „Schokolade der Hoffnung“ und den heurigen Adventkalender von „Sei so frei“ – einer Aktion der Katholischen Männerbewegung.
Dekanat Schärding: Sich mutig auf den Weg machen
Als weitere Pionierpfarre startete am 23. Oktober 2021 das Dekanat Schärding den Umsetzungsprozess. An der Auftaktveranstaltung im Kubinsaal von Schärding nahmen Dechant Eduard Bachleitner, Dekanatsassistent Martin Brait und etwa 80 VertreterInnen des erweiterten Dekanatsrates teil. Zum Dekanat gehören die Pfarren Brunnenthal, Esternberg, Freinberg bei Schärding, Münzkirchen, Schardenberg, Schärding, St. Florian am Inn, St. Marienkirchen bei Schärding, St. Roman, Suben, Vichtenstein und Wernstein. Das Kernteam, das den Prozess leitet, bilden Dechant Eduard Bachleitner, Dekanatsassistent Martin Brait als Projektkoordinator, Diakon Wolfgang Zopf, Florian Baumgartner, Philipp Struß, Andrea Dirmhirn, Alois Jungbauer und Gabriele Angerer. Die Begleitung des Dekanats übernehmen in den kommenden beiden Jahren Claudia Hössinger und Robert Hofwimmer (Prozessbegleitung und Moderation) sowie Martin Wintereder (inhaltliche Begleitung).
Martin Schachinger, Leiter der Stabsstelle Pfarrstruktur, informierte über die inhaltliche Schwerpunktsetzung von Spiritualität, Option gegen Armut und Qualität, über Abläufe, Zeitpläne und die nächsten Schritte auf dem Weg und überreichte ein „Startpaket“ mit hilfreichen Unterlagen.
An der Startveranstaltung des Dekanats Schärding nahm auch Diözesanbischof Manfred Scheuer teil. In seinen Worten verwies er auf den tiefgreifenden Wandel in Gesellschaft und Kirche, der viele Menschen mit Sorge erfülle bzw. überfordere. Im Jammern und Klagen werde freilich übersehen, dass vieles wachse und gedeihe und dass es – gerade auch im kirchlichen Bereich – Zeichen der Hoffnung gebe, so Scheuer: „Viele Menschen sorgen wie selbstverständlich engagiert und beherzt für ein vitales christliches Leben. Sie wollen, dass die Menschen mit der Frohen Botschaft Jesu Christi, mit seiner Vision vom schon wirksamen Reich Gottes, in Berührung kommen. Dadurch tragen sie maßgeblich dazu bei, dass die Kirche Zukunft hat. Der Wandel bedeutet nicht nur Verlust und Abschied, sondern auch Chance und Auftrag.“ Dies setze voraus, dass dieser Wandel wahrgenommen, angenommen und vor dem Hintergrund neuer Perspektiven aktiv mitgestaltet werde. Scheuer wörtlich: „Es geht mehr denn je um einen Perspektivenwechsel, der den Blick in eine uns noch unbekannte Zukunft lenkt, auf die wir aber unweigerlich zugehen. Gegen die Option, die Zukunft der Kirche in elitären religiösen Bewegungen oder Kleingruppen zu sehen, wollen wir Kirche weiten und sie in neuen Formen entdecken und leben. Es gilt, die Freiheit des religiösen Glaubens der und des Einzelnen mit der Gemeinschaft der Kirche in ein neues Verhältnis zu bringen. Die bisherige flächendeckende territoriale Struktur von Pfarren kann dabei als wertvolles Fundament dienen, aus dem heraus aber ein Netzwerk lebendiger Gemeinschaften und pastoraler Orte entstehen soll, die mit den Menschen, Lebensformen und Strukturen unserer Gesellschaft im Ganzen in Verbindung stehen.“
Es werde Kirche als „Netzwerk von Oasen und Herbergen, von Quellen und Kraftorten“ brauchen, so Scheuers Überzeugung. Kirchliche Gemeinden könnten zu Orten der Stärkung und der Inspiration werden. Dadurch würden auch die einzelnen Pfarrgemeinden davon entlastet, jederzeit alle pastoralen Aufgaben und Dienste erfüllen zu müssen. Dies ersetze freilich nicht die Form verbindlicher Gemeinschaften und der Beheimatung, aber: „Das Verhältnis der Verbindlichkeit, die Pfarrgemeinden ausmacht, und die Verbindung, die Menschen zu religiösen Feiern und Angeboten suchen, müssen aufgrund der Umbrüche neu gestaltet werden. Es geht darum, dass Kirche als Gemeinschaft erfahrbar wird, die mit allen Menschen zur Suche und zum gemeinsamen Lernen des Lebens bereit ist. Nur eine solche Kirche ist glaubwürdig, ‚nahe bei den Menschen und wirksam in der Gesellschaft‘”.
Er, Scheuer, sei davon überzeugt, dass die neue Pfarrstruktur in Schärding Bewegung bringen werde, denn Bewegung führe zu Begegnung. Der Bischof dankte den Anwesenden für ihr Glaubenszeugnis und ihre Bereitschaft, Kirche mit Engagement, Herzblut und aus dem Glauben heraus zu gestalten: „Ich danke euch, dass ihr hier in Schärding als eines der ersten Dekanate diesen zukunftsweisenden Weg angeht. Pionieren haftet immer auch ein gewisser Geruch von Abenteuerlust, von Tatkraft und Neugier an. Pionierinnen und Pioniere betreten Neuland und können als erste Grundlagen für später Nachkommende schaffen. Ich wünsche euch, dass ihr gute Grundlagen für die später Nachkommenden in unserer Diözese schafft. Ich wünsche euch, dass es euch gelingt, neue Sichtweisen und Aha-Erlebnisse wahrzunehmen, zu benennen und zu deuten. Wir alle werden davon profitieren.“
Musikalisch gestaltet wurde der Nachmittag vom Vocalensemble „Sixpack“ aus Schardenberg. Eine eigens für die Veranstaltung zusammengestellte „Nachlese“ mit Fotos und Erlebnissen einer dreitägigen Pilgerwanderung durch die zwölf Pfarrgemeinden bildete eine Komponente des spirituellen Teils: Bei der Wanderung, die Anfang September 2021 stattfand, standen „die Briefe an die 7 Gemeinden“ (Offb 2-3) im Fokus, sowie auch die Frage: „Was würde Christus zu unseren Pfarrgemeinden sagen?“ Die gesammelten Beiträge wurden verschriftlicht und den TeilnehmerInnen zum jetzigen Auftakt mitgegeben. Die Gedanken können nun Impulse und Anregungen für das Handeln im Strukturprozess sein.
Das Fazit des Projektkoordinatoren, Dekanatsassistent Martin Brait, zur Startveranstaltung: „Der Start ist gelungen, die Stimmung der Beteiligten war interessiert und wohlwollend.“ Eine Besonderheit der Pionierpfarre sieht Brait in der progressiven Zusammenarbeit zwischen haupt- und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen. Das Netzwerk habe sich insbesondere seit dem Dekanatsprozess 2010/2011 verstärkt und komme dem Seelsorgeraum auch bei der aktuellen Reform zugute. Mit einem starken Team will Brait mutig die nächsten Schritte wagen: „Jetzt freue ich mich, in die konkrete Arbeit einzusteigen und gemeinsam Visionen zu erarbeiten und umzusetzen.“