Synthese-Bericht der Katholischen Kirche in OÖ
Bis zur kontinentalen Synode im Herbst 2022 wird von allen Berichten noch einmal eine höchstens 40-seitige Verdichtung der österreichischen Kirche gemacht.
Die vorliegende und auch hörbare Synthese soll sichtbar machen, WIE sich das „gemeinsame Gehen in unserer Teilkirche“ verwirklicht, wie wir aufeinander hören und miteinander entscheiden. Zudem sind die Diözesen, die schon einen synodalen Weg wie unseren Zukunftsweg hinter sich haben, aufgerufen die „Früchte zu teilen“.
Unsere vielfältigen Gespräche, Stellungnahmen, Begegnungen und Entscheidungen der letzten Jahre haben wir schlussendlich mit der journalistischen Brille angeschaut und in die Form einer Art Radiosendung gebracht.
Die 10 Seiten wurden am 9. April dann auch im Pastoralrat beraten und als Folge wurde die vorliegende Fassung an das nationale Synodenteam übergeben.
Hier für alle zum Hören und Lesen. Transparenz ist uns in der Diözese wichtig:
(Synthese-Bericht zum Hören)
An diesem Tag – es ist übrigens der Tag der Verkündigung des Herrn, 25. März – ist Krieg in Europa. Im Lift des Diözesanhauses hängt ein Hinweis für mehrere ökumenische Friedensgebete. Flüchtlingsunterkünfte werden von der Diözese mit der Caritas organisiert. Eine Tageszeitung hat heute die Beilage „Trotz allem. Ein Heft über Humor“, andere veröffentlichen Unterstützungsangebote für den Umgang mit Ängsten und Sorgen – zum Beispiel die Telefonseelsorge.
Und unvorstellbar viele Menschen sind in Oberösterreich derzeit an Corona erkrankt. Manches kann dadurch nicht gemacht werden. Die Krankenhäuser müssen ihre Kräfte einteilen und Veranstaltungen werden abgesagt oder verschoben. Unter anderem eine vom Landeshauptmann zum Thema „Land der Möglichkeiten“. Es werden so viele Kerzen in den Kirchen angezündet, wie schon lange nicht mehr. Menschen beten.
An diesem Tag wird österreichweit demonstriert. Die Initiative „Fridays for Future“ kommt zusammen. Sie fordern soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Frieden. Sie achten darauf, dass bei ihren Veranstaltungen Diversität und Geschlechtergerechtigkeit gelebt wird, so sagt es eine der Sprecherinnen im Morgenjournal auf ORF.
Die Diözese Linz - Katholische Kirche in Oberösterreich hat derzeit rund 915.000 Mitglieder. Das sind 61% der Einwohner*innen in Oberösterreich. Rund 20% der Oberösterreicher*innen sind ohne religiöses Bekenntnis, rund 8% sind Orthodoxe Christ*innen, 8% Muslimischer Glaubenszugehörigkeit, 3% sind Evangelische Christ*innen.
In 486 Pfarren und vielen pastoralen überregionalen Orten (Krankenhausseelsorge, Betriebsseelsorge, Telefonseelsorge, Bildung, …) arbeiten rund 1300 Religionslehrer*innen, 500 Welt- und Ordenspriester (Durchschnittsalter 68 ! Jahre), 500 theologisch qualifizierte hauptamtliche Laien (Durchschnittsalter 44 Jahre), sowie weitere 500 Laienmitarbeiter*innen. In der Caritas Oberösterreich arbeiten 3500 Personen, in den kirchlichen Kinderbetreuungseinrichtungen rund 3100 Pädagog*innen.
7500 Pfarrgemeinderät*innen wurden am 20. März gewählt. Wenn alle Pfarrgemeinden in Zukunft mit Beteiligung von Seelsorgeteams geleitet werden, dann sind das rund 2500 beauftragte Frauen und Männer ehrenamtlich in der Pfarrseelsorge. 135 ständige Diakone wirken in Oberösterreich, 144 Ehrenamtliche in der Alten- und Krankenhausseelsorge und rund 270 ehrenamtliche Begräbnisleiter*innen sowie 1600 ehrenamtliche Wortgottesfeierleiter*innen und 5000 ehrenamtlich Engagierte in der katholischen Erwachsenenbildung.
Die Katholische Aktion hat rund 80.000 Mitglieder in ihren Gliederungen und wenn alle engagierten Hände und Personen in der Seelsorge und sozialen Arbeit zusammengezählt werden, dann können wir in Oberösterreich von rund 150.000 Engagierten reden.
Die Diözese Linz lebt in der seelsorglichen Praxis das Miteinander von Ehrenamtlichen und Hauptamtlichen, von Laien und Klerikern. Die Katholische Aktion, geistliche Bewegungen und die Ordensgemeinschaften sind Teil des diözesanen Wirkens.
Die Diözese Linz ist seit 2017 auf dem „Zukunftsweg – Kirche weit denken“, einem synodalen Prozess unterwegs. Die Zeichen der Zeit wurden erforscht, viele Menschen beteiligt, Pastorale Leitlinien und die Schwerpunkte „Spiritualität – Solidarität – Qualität“ beschrieben und zur Umsetzung in vier Diözesanforen beschlossen. Ein Brief mit den überregionalen Anliegen zu Gleichberechtigung der Frauen, Öffnung der Zulassungsbedingungen für das sakramentale Amt und weitere Beauftragungen zur Sakramentenspendung wurde an Papst Franziskus geschickt. Die Taufbeauftragung für Seelsorger*innen wurde ausgeweitet, ein „Grüß Gott!“-Magazin für alle Oberösterreicher*innen und eine zukunftsweisende neue Pfarrstruktur, sowie zentrale Struktur der „Diözesanen Dienste“ auf den Weg geschickt.
Die neuen Strukturen der Pfarren und Diözesanen Dienste sind Ausdruck dieser Analysen, pastoralen Leitlinien sowie der inhaltlichen Ausrichtung als missionarische Kirche, die Solidarität und Qualität leben und in Kirche und Gesellschaft verankern will. In einer Resonanzphase im Jahr 2019 wurden in 90 regionalen Treffen tausende Personen der Diözese eingebunden. 16.000 Rückmeldungen wurden ausgewertet und einbezogen.
Nachzulesen: https://www.dioezese-linz.at/zukunftsweg
Papst Franziskus rät den Diözesen, die bereits Synoden und synodale Prozesse hinter sich haben, dass sie „die Früchte sammeln und teilen“. Das wird mit diesem Bericht getan.
In Pfarren, pastoralen Orten, diözesanen Gremien und Gruppen sowie Gemeinschaften wurden die zehn Themenfelder des weltweiten synodalen Weges in den vergangenen Monaten behandelt und auf das WIE des Miteinanders gehört und geschaut.
Diözesanes Zukunftsweg-Gebet für Kirche auf dem Weg
Halten wir inne - kommen wir an.
Lassen wir uns von Gottes Geist erfüllen und bewegen.
Entdeckt, was euch auf eurem Weg begegnet,
gebt dem Staunen und der Freude Raum,
haltet Herz und Sinne offen.
Ja, Gott Schöpfer sende uns.
Ja, Gott Mensch, begleite uns.
Ja, Gott Geist, führe uns hinaus ins Weite und hinein
ins LEBEN.
Macht euch auf, fürchtet euch nicht!
Lasst euch ein auf Begegnungen und überraschende
Herausforderungen, denn ich bin mit euch auf dem Weg.
Kv
Lasst euch inspirieren und bewegen,
schreckt nicht zurück vor dem nie Dagewesenen,
seid widerstandsfähig und verwundbar
und lasst dem Wehen des Geistes Raum.
Kv
So lasst uns aufbrechen aus dem Gewohnten
und allzu Bekannten und vertrauensvoll gehen,
wohin Gott uns führt.
Amen.
© Sr. Maria Schlackl SDS
Liebe ist bedingungslos
"Es gibt dein brennendes Verlangen nach Würde und Geborgenheit,
nach Zärtlichkeit und Frieden,
es gibt die Hoffnung auf die Freude und die Gewissheit, nie genug lieben zu können
und Liebe ist bedingungslos."
(André Heller, Es gibt, in: Spätes Leuchten)
Wir wollen in der Diözese Linz eine Haltung der Liebe und Wertschätzung unserer Mitmenschen und Mitwelt gegenüber einüben: „Was willst du, dass ich dir tue?“
Im logopastoralen Ansatz der Pastoraltheologin Klara Csiszar, Katholische Privatuniversität Linz verbinden sich alle drei Schwerpunkte, Spiritualität - Solidarität - Qualität: „Als Christ*innen ist es unser Auftrag, Liebe zu enthüllen und Menschen dadurch den nächsten Schritt im Leben zu ermöglichen. Dies alles tun wir in einer Haltung und Sprache der Liebe.“
Grundvoraussetzung dafür ist ein wertschätzendes, zweckfreies Interesse am Menschen. Einfach gesagt: Die Menschen rund um mich mögen. Es geht dabei nicht um die „Rettung“ des Gegenübers, es geht um die Weitergabe der Gotteserfahrung. Wenn neue Räume der Liebe eröffnet werden, dann zeigt sich das konkret im Umgang miteinander: Wir reden gut über andere. Wir gehen gut miteinander um.
Madeleine Delbrêl sagt: „Wer in Gott eintaucht, taucht bei den Armen wieder auf.“ Die Straßenexerzitien gehen davon aus, dass mitten auf der Straße, im Park, am Bahnhof, Heiliger Boden ist, wo die Schuhe wie bei Mose beim Dornbusch ausgezogen werden. Ich muss als Christ*in also nichts „hinbringen“, sondern „Gott ist schon vor dem Missionar, der Missionarin da“.
Wie geht Christ*in-Sein heute in Oberösterreich? Wie kommt mehr Liebe in die Welt?
Wir leben im Sinne der Werke der Barmherzigkeit, übersetzt ins Heute von Bischof Wanke: Ich höre dir zu. Ich gehe ein Stück mit dir. Du gehörst dazu. Ich bete für dich. Ich teile mit dir. Ich besuche dich. Ich rede gut über dich.
Der Künstler Josef Linschinger gestaltet mit diesen Sätzen eine Tür im Pfarrzentrum Schwanenstadt. Er stellt die Sätze in einem Strichcode dar. Jeder Buchstabe hat eine Farbe. Der Strichcode begleitet uns im täglichen Leben. Dieser Code wird zur theologischen Botschaft und bekommt die Form eines Engels oder Kreuzes.
© Josef Linschinger
Deafs a bissl mehr sei
"Des kanns ja ned sein, dass sie tuat, dass sie macht
und ned mehr verdient.
Is ned wuascht, was i bin, ein ER oder SIE?
Deafs a bissl mehr sein?
Ja! Ich will mehr Chancen,
will mehr Gehör, will mehr mitreden
und daher, geben's ma ruhig a bisserl mehr.
Wann ma zammhilft gehts scho, ob als Frau oder Mann."
(Poxrucker Sisters in: Horizont)
In den vielen Gesprächen, Rückmeldungen, Stellungnahmen war der Wunsch nach Geschlechtergerechtigkeit auf allen Ebenen der Kirche einer der meistgenannten.
Die Zulassung der Frauen zum sakramentalen Amt wird in kurzen und langen Sätzen mit Nachdruck gefordert sowie die diesbezügliche Entscheidungskompetenz für regionale Bischofskonferenzen.
- Öffnung der Weiheämter für Frauen so schnell wie möglich. (Berufsgemeinschaft der Pfarrassistent*innen, 24.3.2022)
- Schmerzlich ist mir bewusst geworden, dass sich meiner Ansicht nach, die Kirche schuldig macht. Die Kirche macht sich schuldig an der Würde der Frau. (Mayr-Riedler, 15.10.2021)
- Die Frauenfrage ist kein allein westeuropäisches Thema, sondern in den Menschenrechten begründet. Die derzeitige Situation ist ein Fehler, der korrigiert gehört. (Pastoralrat, 6.11.2021)
- Es gibt keinen theologischen Grund, warum Frauen nicht auch die Ämter/Aufgaben in der Kirche einnehmen können, wie es Männer tun. (Haas, 24.1.2022)
- Jesus hat Neues eingebracht und verändert: „Ich aber sage euch …“ Wir wissen längst, dass wir dies auch tun sollten, bei Frauen, Klima und Jugend. (Priesterrat, 23.3.2022)
- Ich weiß, dass meine Stimme nicht zählt, aber ich mache mir viele Gedanken über die Kirche heute und dabei frage ich mich, wie katholisch (allumfassend) ist die Kirche, dass sie Gott vorschreibt, dass er nur Männer berufen darf. Es tut mir weh, dass ich immer wieder mal lesen muss, ein Mann, gerade zum Priester geweiht, hätte das schon als Kind gespürt, dass er Priester werden möchte. Nachdem ich eindeutig ein Mädchen war, eine Frau bin, brauche ich über eine Berufung gar nicht nachdenken. (Nessl, 17.11.2021)
Weitere notwendige Schritte in der Kirche für Frauen:
- Die konkrete Lebenswelt von Frauen (jungen Frauen) in ihrer Vielfalt wirklich ernst nehmen. Zur Förderung von Frauen in Führungspositionen innerhalb der Kath. Kirche braucht es strategische und strukturelle Initiativen.
- Geschlechtergerechtigkeit ist ein Schlüsselbegriff, wenn die Kirche ihrem Auftrag nachkommen will, das in Christus verheißene Heil je neu erfahrbar zu machen. Der wesentliche Platz der Frauen in der Verkündigung soll wertgeschätzt und eingefordert werden. Es braucht Initiativen, dass Frauen gerne Teil der Katholischen Kirche sind und sich nicht von ihr verabschieden. Das derzeitige Weiheamt braucht eine grundsätzliche Reform. Ein „Sonderamt“ für Frauen wird abgelehnt.
Die Diözese Linz gibt den Frauen einen wesentlichen Platz in der Verkündigung. Es gibt zudem Vereinbarungen zur Geschlechtergerechtigkeit im täglichen Arbeitsablauf, bei Gremien, zur Förderung von Frauen in Führungspositionen und in der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Eine Frauenkommission berät seit 25 Jahren in der Diözese.
Die Katholische Jugend und Jugendliche in Oberösterreich setzen sich sehr für Diversität und Antidiskriminierung von gleichgeschlechtlich Liebenden und transgender Personen ein und fordern das auch von der Kirche. Ein eigener Arbeitskreis für Regenbogenpastoral ist in der Diözese aktiv.
Fünf verschiedene Schlüssel
"Im berühmten Kloster Rila in Bulgarien gibt es eine Schatztruhe der Mönche.
Darin wurden vor mehreren Jahrhunderten kostbare Schätze aufbewahrt.
Es gab fünf Schlösser mit fünf unterschiedlichen Schlüsseln.
Fünf Mönche bewahrten jeweils einen Schlüssel auf
und konnten die Truhe also nur gemeinsam öffnen."
(Frauenreise im Sommer 2021)
Wenn Kirche „Zeichen und Werkzeug“ (LG1) der Liebe Christi ist, dann kann dieser „Schatz“ nur miteinander wirksam werden. Es braucht die Vielfalt und die verschiedenen Zugänge, damit die Fülle erlebt werden kann.
Der Wunsch nach echter Wertschätzung der Vielfalt und nach mehr demokratischer Mitbestimmungsmöglichkeiten ist in der Diözese groß, aber ebenso die Sorge, dass genügend Personen auch in Zukunft engagiert sind. Das Durchschnittsalter der Priester ist hoch, wenig junge Menschen studieren Theologie. Gläubige in Oberösterreich ärgert die Missachtung der Lebensrealitäten und mangelnde offenen Kommunikation zwischen Orts- und Weltkirche. Dies zeigt sich in geringerem Gottesdienstbesuch und Austritt aus der Kirche.
- Änderung im Kirchenrecht: Alle Vertreter*innen des Kirchenvolkes - "Laien" (Männer, Frauen, Jugendliche) und der Klerus stehen auf gleicher Stufe, hören auf "Augenhöhe" aufeinander, beraten gemeinsam und am Schluss wird von den Diözesen gemeinsam verbindlich entschieden. (Schürz, 17.11.2021)
- Einbringen von eigenen Fähigkeiten hat positive Bedeutung für gemeinsame Glaubenspraxis. Tiefgehende Kenntnis der Botschaft Jesu ist notwendig und gut, um das Reich Gottes Realität werden zu lassen, auch wenn man keine besondere Funktion innerhalb der liturgischen Traditionen hat. (Gemeinschaft christlichen Lebens, 20.2.2022)
- Unterstreichen möchte ich die Anregung des verstärkten Dialogs mit Gruppen und Menschen, die sich nicht pfarrlich engagieren, aber auf anderer Weise im christlichen Sinn hervorragend tätig sind: sozial engagiert, für Randgruppen, die ihre Stimme gegen Ungerechtigkeiten erheben, in Tierschutz- oder Umweltschutzorganisationen. Die Kirche könnte ihnen eine Stimme geben und Infrastruktur, wenn sie dies wollen. Ein erster Schritt ist das ausdrückliche und offizielle positive Wahrnehmen und Wertschätzen dieses verschiedenen Engagements. (Rossol, 27.11.2021)
- Wir fordern, dass die Bestellung der Ortsordinarien auf Grund eines demokratischen Prozesses geschehen muss. (Priester-Theologenkreis, Gruber, 4.2.2022)
- Ich bin dafür dankbar, dass ich es so gut "erleben" darf, immer wieder gemeinsam mit anderen an den biblischen Zusagen, an der "Jesus-Botschaft" wachsen darf. (Köppl, 7.2.2022)
- Wir brauchen dringend ein neues Kirchenbild: Kirche sind wir alle - alle die wir an unseren Gott glauben, der auf Erden präsent geworden ist durch Jesus Christus. (Mayer, 27.2.2022)
Um die Kirche in ihrer sakramentalen Struktur aufrecht zu erhalten, ist es notwendig, dass das sakramentale Amt für Frauen und Männer neu gedacht wird oder theologisch qualifizierte Laien zur Sakramentenspendung, zum Beispiel Trauungsassistenz, Krankensalbung beauftragt werden.
- Die Berufsgemeinschaft der Krankenhausseelsorger*innen ersuchen die Leitung der römisch-katholischen Kirche um die Beauftragung/Missio für die in Kliniken und Pflegeeinrichtungen tätigen Pastoralassistent*innen und Diakone zur Spendung des Sakramentes der Krankensalbung in der Begleitung von Gläubigen und Nach-Gott-suchenden Personen. Mit diesem erweiterten Sendeauftrag würde die aktuell bestehende große pastorale Not bereinigt, dem berechtigten Wunsch/der Sehnsucht katholischer Menschen nach einem Sakrament in ihrer Krankheit nicht entsprechen zu können. Denn immer öfter kann dieses Sakrament einfach deswegen nicht gespendet werden, weil kein Priester (mehr) zur Verfügung steht. Die Seelsorger*innen in Krankenhäusern und Altenheimen nutzen alle ihnen zur Verfügung stehenden liturgischen Möglichkeiten zur Begleitung, „um mit den Patient*innen und deren Angehörigen den Glauben zu feiern und ihnen Gottes Segen und Zusage zuzusprechen“. Dennoch sollte als konkrete Antwort auf die angesprochene pastorale Not durch den Sendeauftrag von hauptamtlich im Dienste der Kirche Tätigen zur Spendung der Krankensalbung die gewachsene Praxis an gottesdienstlich rituellen Formen erweitert und vervollständigt werden. (Berufsgemeinschaft KHSeelsorge der Diözese Linz, 01.12.2021)
- Bitte um Zulassung von theologisch qualifizierten Seelsorger*innen zur Trauungsassistenz. (erweitertes Konsistorium der Diözese Linz, 13.10.2021)
Im Schwindel der Zeit
"Stürzen wir uns in den Schwindel der Zeit.
Lassen wir uns fallen, nur um immer und immer wieder aufzustehen.
Gehen wir seitwärts im Regen.
Singen wir persönliche Lieder.
Durchleben wir einen Sturm aus Bewegung
und Tönen auf dem Weg
zu immer neuen Punkten des Aufbruches."
(Ismael Ivo in: Vorwort Programmheft ImPulsTanz Wien 2021)
„Das tägliche Gebet am Morgen oder Abend ist für mich enorm wichtig. Ich würde mit dem Druck der Verantwortung sonst nicht umgehen können.“ Ein oberösterreichischer Wirtschaftstreibender beschrieb, dass er dadurch seine Endlichkeit annehmen könne und es für ihn wichtig sei, seine Anliegen in die Hände Gottes zu legen.
Kontingenzerfahrungen sind oft Gotteserfahrungen, die Türen zum Glauben und Gebet öffnen.
Im synodalen Weg der Katholischen Kirche in Oberösterreich „Kirche weit denken“ wurden neue Pastorale Leitlinien formuliert. Darin enthalten ist eine Analyse der Gesellschaft und Kirche in der Welt heute:
„Verlieren Institutionen an Bedeutung, dann werden individuelle Begegnungen, persönliche Erfahrungen und die Strahlkraft glaubwürdiger Menschen wichtiger. Die Herausforderung für die Kirche besteht angesichts des Traditionsabbruchs darin, Räume zu schaffen, in denen existentielle Erfahrungen gemacht werden. Räume, in denen sich persönlich Begegnungen mit Tiefgang ereignen, in denen große Fragen des Lebens aufbrechen, in denen die Worte, Gesten und Symbole des Glaubens als hilfreich und heilsam für die persönliche Lebenssituation erlebt werden.“ (Pastorale Leitlinien, 17)
Die Kirchenbeziehung kann nicht mehr nur an der Mitfeier des sonntäglichen Gottesdienstes gemessen werden. Menschen haben am Sonntagvormittag mitunter etwas anderes zu tun, als in die Kirche zu gehen und am Montag kann es sein, dass sie eine Kerze in einer Kirche anzünden oder ihr Kind zur Taufe anmelden. Die Pastoraltheologie spricht davon, dass Menschen heute religiös und säkular zugleich sein können.
„Gerade für die Kirche in der individualisierenden Gesellschaft ist es entscheidend, die institutionelle Einheit und die berechtigte Vielfalt ihrer Mitglieder, in der diese in unterschiedlichen Formen ihren Glauben leben und ihr Leben gestalten, zu bewahren. Kirche weit denken bedeutet, Raum zu geben für unterschiedliche Glaubens- und Lebensstile, die nicht miteinander konkurrieren, sondern einander bereichern.“ (Pastorale Leitlinien, 21)
Die Menschen in Oberösterreich bewegt diese indifferente Situation der Kirche in der heutigen Gesellschaft sehr. Sind die Zugänge zu jungen Menschen, ist die Glaubensweitergabe, die Qualität der Seelsorge, die Sprache der Liturgie heute richtig? Sie möchten die Zulassung von Verheirateten zum Priesteramt.
- Wo sind wir ansteckend im Glauben? Wie erreichen wir die Menschen heute? Können wir vermitteln, dass die Taufe der Beginn eines Weges ist? (Priesterrat, 23.3.2022)
- Das Erscheinungsbild der kirchlichen Würdenträger (Vatikan) in den Medien ist verheerend. Der imperiale Purpur ist geradezu lächerlich, verstaubt und Zeichen einer längst vergangenen Zeit und steht diametral zum Auftrag des Dienens. (Kain, 6.2.2022)
- Junge Familien können oft schwer andocken. (Forum Laienapostolat, 18.1.2022)
- Wir brauchen eine Sprache, die alle verstehen können, um die Botschaft zu verkünden. (Gemeinschaft Christlichen Lebens, 20.2.2022)
- Wenn die Menschen und Gemeinschaften aus der Eucharistie heraus leben können sollen, … muss Eucharistie auch in offenerer, moderner, niederschwelliger Art gefeiert werden können. (Kapplmüller, 7.2.2022)
- Gegen eine Kirche der Langeweile: Der Wunsch nach moderner bzw. kindgerechter Musik, nach Räumen, die Gemeinschaft und spirituelle Erfahrungen ermöglichen und nach einer für sie verständlichen Sprache und Feierform ist stark. (Hermann, 02.03.2022)
- Beim absehbaren, rapiden Abnehmen (zölibatärer) Priester ist nicht leicht verstehbar zu machen, dass man nicht unter anderem versucht, geeignete verheiratete Priester vorzusehen. Zumal das Zeugnis der heiligen Schrift die Praxis der alten Kirche, der Ostkirchen (sehr wohl auch der Rom unierten), die unter Benedikt XVI. erteilten Dispensen an zu katholischen Kirche konvertierte Priester, solche ja durchaus vorsehen. (Beilner, 20.12.2021)
Darüber hinaus wird die Bedeutung des Schutzes der Erde und die „Sorge um das gemeinsame Haus“ für die Christ*innen in vielen Stellungnahmen besonders betont.
Die Diözese Linz hat eigene Umweltleitlinien verfasst und bemüht sich, diese in allen Bereichen umzusetzen. https://www.dioezese-linz.at/oekologie
- Ich möchte in der Kirche nicht nur zum Vater im Himmel beten, sondern auch zur Mutter in der Erde, die uns alle geboren hat, die uns nährt mit ihren Früchten, uns atmen lässt durch die Luft, uns wärmt durch das Feuer, unseren Durst stillt durch das Wasser. Damit verbunden ist der Wunsch nach einem aktiven Schutz der Kirche von Mutter Erde; das sollte eine der Hauptaufgaben der Kirche sein! Es gibt ja Rechte der Tiere und Rechte der Pflanzen, nun auch ein Recht der Mutter Erde auf ihren Schutz. („Frauen-raum“ Pfarre St. Markus, 27.2.2022)
Das ökumenische Klima wird unter anderem dank Einrichtungen wie dem „Forum der christlichen Kirchen“ und der guten Zusammenarbeit in verschiedenen Seelsorgebereichen (Beispiel Festivalseelsorge, Krankenhausseelsorge...) als recht positiv und freundschaftlich, geschwisterlich wahrgenommen.
- Auf der einen Seite lässt sich bei vielen jungen Christ*innen von einer gewissen Postkonfessionalität sprechen – konfessionelle Zugehörigkeit spielt kaum mehr eine Rolle, andererseits lassen sich bei manchen jungen Menschen auch scharfe konfessionelle Trennungen erkennen. (Ökumenebericht, Bruckner, 1.3.2022)
Vieles passiert mit den verschiedenen Religionen im Land in guter Abstimmung, sei es im sozialen Bereich oder auch die Zusammenarbeit und Abstimmung in der Pandemiezeit. Im Herbst 2021 wurde ein multireligiöses Coronagedenken gemeinsam getragen, in der Hilfe für Geflüchtete und bei einem Gedenkort für Menschen, die auf der Flucht verstorben sind, wird zusammengearbeitet.
The Call of the Holy Spirit
Wo wurde der Ruf des Hl. Geistes erkannt?
- Wir haben oft gefragt, wer liegt wohl heute in dem Tuch, wie in der Apostelgeschichte 11 bei Petrus geschildert ist, wo Gott dreimal sagt: Nimm es! Es wurden genannt: Jugendliche, Frauen, Friedensarbeit, Einsatz für Gerechtigkeit, Seelsorge im digitalen Raum, verständlich in der Spur Jesu gehen, Sakramente – Katechese, Segensangebote, …
- Die unverzweckte Haltung des „Liebe enthüllen, den Menschen den nächsten Schritt im Leben ermöglichen und das mit einer Sprache der Liebe“ wollen wir wirklich in der Diözese leben.
- Die Werke der Barmherzigkeit von Bischof Wanke sind für die meisten verständlich und damit können sie etwas für ihren christlichen Alltag anfangen.
- Dass die Früchte des christlichen Lebens und der Glaubensweitergabe nicht nur an der Zahl der Gottesdienstbesucher*innen zu messen ist, sondern es so viele Anknüpfungspunkte an Glaube und Kirche heute gibt, dass es eine Freude ist: Die offenen Kirchenräume, Pilgern, Friedensgebete, Sinnfragen, Telefonseelsorge, Stationengottesdienste, Gartenzaungespräche, einfach als Seelsorger*in und Christ*in da sein, …
- Dass die Geschlechtergerechtigkeit und die Gleichberechtigung der Frauen auf ALLEN Ebenen der Kirche vorrangige Zeichen der Zeit sind, die in der Kirche jetzt einer Änderung bedürfen. (im Sinne von: GS 4)
- Dass es unser Profil in der Diözese Linz ist, dass Ehrenamtliche und Hauptamtliche, Laien und Kleriker zusammenarbeiten und dass wir das weiterhin so gut pflegen wollen und müssen.
- Dass die Kirche in Oberösterreich nicht den Menschen die Sakramente vorenthält, weil wenige oder sehr alte Priester da sind. Deshalb ist notwendig, dass das sakramentale Amt neu gedacht wird und die Ortskirche selbständig Frauen und Männer zur Weihe zulassen oder Beauftragungen zur Sakramentenspendung aussprechen kann.
- Dass missionarisches, soziales Handeln und der Einsatz für die Umwelt eigentlich ganz eng zusammengehören und ein sehr vorrangiger Auftrag an jede Christ*in heute ist und gute strukturelle Verankerungen braucht, damit es nicht von der Beliebigkeit einzelner Personen abhängt.
- Dass alle Religionen heute eine wichtige Aufgabe und Auftrag zur Bewusstseinsarbeit und zur Bildung haben: Der gemeinsame Einsatz für Frieden, Zusammenhalt und Gerechtigkeit.
Im Zukunftsweg hat sich die Diözese Linz auf die Schwerpunkte Spiritualität, Solidarität und Qualität verständigt und verpflichtet:
- Wir pflegen unsere Glaubensquellen und entdecken sie neu! Aus diesem Grund ist es auch Auftrag, die Menschen in den Ortskirchen zu unterstützen, die geistlichen Wurzeln zu nähren.
- Wir richten unser seelsorgliches und kirchliches Handeln an den Menschen und ihren Bedürfnissen aus und setzen konkrete Schritte der Solidarität.
- Wir feiern, handeln und leben als Gemeinschaft gut miteinander. Wir orientieren uns beim Aufbau der pastoralen Räume und der Weiterentwicklung der diözesanen Ämter und Einrichtungen und in der Administration von Personal und Ressourcen an festgesetzten Kriterien der Qualität, Partizipation und Innovation.
(Inhaltliche Ausrichtung. Den Wandel gestalten, https://www.dioezese-linz.at/zukunftsweg/downloads)