Fortschreibung der Pastoralen Leitlinien für eine Seelsorge der Zukunft
Franz Gruber erklärte, eine Fortschreibung der Pastoralen Leitlinien sei notwendig geworden, weil der Zukunftsweg theologische Reflexion, Vision und Nachhaltigkeit brauche. Ein Redaktionsteam, bestehend aus Mag.a Gabriele Eder-Cakl, Dr. Franz Gruber, der die Aufgabe des theologischen Prozessbegleiters von Dr. Ansgar Kreutzer übernahm, und Michael Kraml, Leiter der diözesanen Kommunikation, wurde mit der Ausarbeitung des Textes beauftragt. Aufgabe dieses in Kurz- und Langfassung vorliegenden Schriftstückes sei es, sowohl eine Vision des Zukunftsweges vorzugeben als auch eine umfassende Situationsanalyse mit Kriterien der Umsetzung zu verbinden. Es handle sich daher um eine „Philosophie des Zukunftsweges“. Als Methode und Herangehensweise diene die bewährte Methode „Sehen – Urteilen – Handeln“, die auf Kardinal Josef Cardijn zurückgehe und auch von Papst Franziskus angewendet werde, so Gruber.
Ausgangspunkt sei „der umfassende Wandel der Gesellschaft, der auch die Kirche betrifft“, sagte Gruber. „Vieles verändert sich, wir stehen in einem Wandel und dieser umfasst auch das religiöse System.“ Diesen Wandel möchte die Katholische Kirche in Oberösterreich „wahrnehmen, annehmen und gestalten“, wie Gruber betonte. Kirche werde vor diesem Hintergrund zum Teil völlig neue Wege suchen müssen, um ihrem Leitwort gemäß „nah bei den Menschen und wirksam in der Gesellschaft“ zu sein.
Die Frage sei, was die Diözese leite, um in diesem Wandel unterwegs sein zu können. Das Redaktionsteam habe versucht, für den Text dynamische Bilder zu finden: Kirche als Netzwerk von „Oasen“, „Herbergen“, „Zelten“ oder „Berghütten“. Es gehe um eine „geistliche Grundversorgung“ von Menschen auf ihrer Suche nach dem gelingenden Leben. Pfarren, Gemeinden sollten sich als Orte der Stärkung, der Inspiration, als Quellen der erneuernden Kraft von Gottes Liebe und Barmherzigkeit verstehen, erläuterte Gruber die Grundintention.
Gruber beschrieb auch die Hoffnung, die diesen Veränderungen innewohne: „Im Wandel ist die Zukunft schon gegenwärtig, Gott ist uns in Jesus Christus im Wandel schon gegenwärtig.“ Das sei eine wichtige spirituelle Dimension des Zukunftsweges. Außerdem sei Neues schon erkennbar und die Menschen würden das Evangelium im Wandel neu entdecken. Die inhaltliche Struktur der Leitlinien sei in einem Dreischritt entstanden: Den Wandel wahrnehmen, annehmen und gestalten.
„Den Wandel wahrnehmen“ bedeute zu sehen, dass die Menschen zwar eine Grundreligiosität hätten, aber gleichzeitig eine Entkirchlichung und somit eine Transformation der „Volkskirche“ stattfinde. Wesentliche Punkte dieser Transformation seien Individualisierung, Pluralisierung und eine freie Glaubensentscheidung des bzw. der Einzelnen.
„Den Wandel annehmen“ heiße zuerst, bewusst in die Dynamik des Zweiten Vatikanischen Konzils einzusteigen, das bereits Bilder des Wandels zeichne (Kirche als „Communio“ = Gemeinschaft, als „Volk Gottes“, das durch die Zeit pilgert, und als „messianisches Volk“; Lumen gentium 4 bzw. 9). Für die Katholische Kirche in Oberösterreich bedeute Wandel, Räume existentieller Erfahrungen anzubieten, Pluralität zuzulassen sowie neue Formen institutioneller Bindungen zu entwickeln, ohne dabei das Ziel der Einheit aus den Augen zu verlieren. Damit sei beispielsweise gemeint, dass sich die Menschen zwar das „Licht im Pfarrhof“ wünschen würden für den Fall, dass sie es eines Tages brauchen sollten, auch wenn sie das Angebot der Pfarre derzeit nicht in Anspruch nehmen. Im Sinne einer „Stellvertretung“ würden diese Menschen bejahen, dass jemand – auch für sie – den christlichen Glauben bezeuge, feiere und lebendig halte. Es gehe letztlich um ein Loslassen, ohne sich aufzugeben.
Um den Wandel zu gestalten, formulierte das Redaktionsteam zehn Prinzipien, die auch als „Kriterien“ oder „Wegweiser“ für die Gestaltung bezeichnet werden könnten:
- Wahrnehmung: Umbrüche klar sehen, respektieren und konstruktiv aufgreifen.
- Haltungsänderung: Bereitschaft, sich auf neue Herausforderungen einzulassen, die Fragen, Hoffnungen und Ängste der Menschen ernstnehmen und ihnen wertschätzend begegnen.
- Elementarisierung: ChristInnen müssen fähig sein, über ihren Glauben Auskunft zu geben, kirchliche Gemeinden müssen „geistliche Tiefe und Frische“ haben.
- Öffnung: Kirche muss offen sein für alle Menschen und mutig in Öffentlichkeiten hineingehen, wo sie noch nicht ist.
- Toleranz: Kirchliche Gemeinden müssen ein Klima der Toleranz entwickeln und der Vielfalt an Lebens- und Glaubensstilen Raum geben.
- Solidarität: Die Kirche wird an ihrem solidarischen Einsatz für Arme und Bedrängte, also an ihrem Bemühen um ein menschenwürdiges Leben für alle, gemessen. Diese „Option für die Armen“ beinhaltet auch eine Option für Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung.
- Qualität: Durch geeignete Maßnahmen müssen qualitätsvolle Seelsorge, Gemeindeleitung und Begleitung sichergestellt werden, wie die Menschen sie erwarten dürfen.
- Strukturveränderungen: Kirchliche Strukturen sind kein Selbstzweck, sondern müssen die Seelsorge und Kirche von morgen im Blick haben. Dies bedeutet auch ein neues Miteinander von hauptamtlichen und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen.
- Innovation: In Zeiten des Wandels gilt es zu erkennen: Was soll bewahrt werden, was ist neu zu entwickeln? Gemeinden müssen beginnen zu experimentieren und Neues zu probieren – mit dem Mut, auch scheitern zu dürfen.
- Hoffnung: Der Auftrag des Evangeliums ist es, nicht die Welt schlechtzureden, sondern ihr Zukunft zuzusprechen. Die Freude des Christseins ist es, Hoffnung zu stiften.
Die wichtigsten Handlungsfelder der Diözese, in denen Entwicklungen vorangebracht werden sollen, wurden in acht Themenkörben untersucht und daraus Visionen und Wirkungsziele formuliert:
- Gastfreundschaft – Pilgerschaft – Spiritualität
- Option für die Armen
- Option Jugend
- Glaubensvermittlung neu
- Option für die Bildung
- Liturgie – Sakramente – Kirchenjahr
- Beziehungsmanagement Kirchenbeitrag
- Zeitgemäße Strukturen