Pfarrstrukturreform: Fünf Pionierpfarren für Herbst stehen fest
Zur Erinnerung: Das Umsetzungskonzept der Pfarrstrukturreform sieht 40 „Pfarren“ vor, die aus mehreren Pfarrteilgemeinden (kurz „Pfarrgemeinden“) mit ihren historischen lokalen Rechtsträgern „Pfarrkirche“ und „Pfarrpfründe bestehen. Damit soll sowohl die Zusammengehörigkeit innerhalb des pastoralen Raumes einer Pfarre bewusst gemacht als auch die konkrete Beheimatung und Verantwortung in einer konkreten Gemeinschaft vor Ort zum Ausdruck gebracht werden. Die Pfarrgemeinden werden daher zwar eine weitgehende Selbstständigkeit (auch finanzieller Art) für ihren Bereich bewahren können, zugleich profitieren sie vom größeren Ganzen der Pfarre und der Zusammenarbeit der Seelsorgeverantwortlichen. Zu diesem Beziehungsnetz gehören auch alle vorhandenen pastoralen Orte, speziell jene der kategorialen Pastoral, wie zum Beispiel im Krankenhaus, in Bildungs- oder Jugendzentren und in der Betriebsseelsorge. Innovative Projekte und pastorale Initiativen sollen fixer Bestandteil des gemeinsamen Pfarrlebens sein. Geleitet werden die Pfarren von jeweils einem Pfarrer in Zusammenarbeit mit zwei Vorständen für pastorale und wirtschaftliche Angelegenheiten. Wesentlich bleibt dabei weiterhin die Mithilfe und Leitungsverantwortung in unterschiedlichen Aufgabenbereichen von Priestern, Ständigen Diakonen sowie haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor Ort in den Pfarrgemeinden bzw. im pastoralen Handlungsraum der Pfarre. Erreichbarkeit, Seelsorge, Glaubenszeugnis und sozialer Einsatz sollen durch eine bessere Koordination und Aufgabenbeschreibung langfristig für alle Pfarrteilgemeinden sichergestellt werden.
Ziel der neuen Struktur ist es vor allem, einen unterstützenden Rahmen für eine inhaltliche, an der Botschaft Jesu orientierte Neuausrichtung der Christinnen und Christen zu schaffen, damit Kirche im Sinne des Evangeliums auch weiterhin nah bei den Menschen und wirksam in der Gesellschaft ist. Bischof Manfred Scheuer im Diözesanblatt vom Mai 2021: „Kirchliche Strukturen sollen gute Rahmenbedingungen schaffen, damit Kirche als offene und positive Kraft in unserer Gesellschaft erlebbar ist.“
Die Dekanate hatten sich im Vorfeld als Pionierpfarren bewerben können. Insgesamt wurden Gespräche mit mehr als zehn Dekanaten geführt. Wer im Herbst starten kann, wurde am 25. Juni 2021 vom Bischöflichen Konsistorium festgelegt. „Bei der Auswahl wurde darauf geachtet, dass die Pionierpfarren die Vielfalt unserer Diözese abbilden: Pfarren in der Stadt sollen genauso vertreten sein wie Pfarren im ländlichen Raum, regionalen Besonderheiten soll ebenso Rechnung getragen werden wie der Verschiedenheit pastoraler Orte“, so Martin Schachinger, Leiter der Stabsstelle Pfarrstruktur, über die Auswahlkriterien.
Nun stehen die Vorreiter fest – Pionierpfarren für Herbst 2021 sind folgende Dekanate:
• Dekanat Braunau
mit den Pfarren Braunau-Maria Königin, Braunau-Ranshofen, Braunau St.-Franziskus, Braunau-St. Stephan, Burgkirchen, Gilgenberg, Handenberg, Mauerkirchen, Mining, Neukirchen an der Enknach, Schwand im Innkreis, St. Georgen am Fillmannsbach, St. Peter am Hart, Überackern
• Dekanat Eferding
mit den Pfarren Alkoven, Aschach an der Donau, Eferding, Haibach ob der Donau, Hartkirchen, Maria Scharten, Prambachkirchen, Schönering, St. Marienkirchen an der Polsenz, Stroheim
• Dekanat Linz-Nord
mit den Pfarren Linz-Christkönig, Linz-Heiliger Geist, Linz-St. Leopold, Linz-St. Magdalena, Linz-St. Markus, Linz-Stadtpfarre Urfahr, Linz-Pöstlingberg – Lichtenberg
• Dekanat Schärding
mit den Pfarren Brunnenthal, Esternberg, Freinberg bei Schärding, Münzkirchen, Schardenberg, Schärding, St. Florian am Inn, St. Marienkirchen bei Schärding, St. Roman, Suben, Vichtenstein, Wernstein
• Dekanat Weyer
mit den Pfarren Gaflenz, Großraming, Kleinreifling, Laussa, Losenstein, Maria Neustift, Reichraming, Ternberg, Weyer
Zweijähriger begleiteter Übergangsprozess
Wie kann man sich nun den Weg dieser Pionierpfarren vorstellen? Dazu Martin Schachinger: „Die fünf Pionierpfarren starten im Herbst in einen zweijährigen begleiteten Übergangsprozess. Im ersten Jahr geht es im Wesentlichen darum, dass die Pfarrteilgemeinden innerhalb einer Pfarre Kirche weit denken, ein Wir-Gefühl entwickeln und als pastoraler Raum zusammenwachsen. In jeder der Pfarren wird ein gemeinsames Pastoralkonzept erarbeitet, in dem Ziele und Schwerpunkte für das künftige seelsorgliche Handeln festgelegt werden. Gleichzeitig soll der Pfarrvorstand, bestehend aus dem Pfarrer sowie einem Pastoral- und einem Verwaltungsvorstand, besetzt werden. Diese arbeiten mit den vorhandenen Priestern, Diakonen, SeelsorgerInnen und Ehrenamtlichen zusammen. Außerdem werden Mitglieder für die Seelsorgeteams in den Pfarrteilgemeinden und für den Pfarrlichen Pastoralrat gesucht. Ein Jahr später, im Herbst 2022, werden die Pionierpfarren rechtlich als neue Pfarren errichtet und – unterstützt durch Begleitprozesse – in der neuen Struktur zu arbeiten beginnen. Diesen Umstellungsprozess sollen in fünf bis sechs Jahren alle Dekanate bzw. Pfarren durchlaufen haben.“
Als große Herausforderung sieht Schachinger die gute Verschränkung der Abläufe und die Ausbildungsprozesse für haupt- und ehrenamtliche MitarbeiterInnen. Die Pionierpfarren werden auf dem neuen Weg von diözesanen Fachleuten bei der inhaltlichen Schwerpunktsetzung und strukturellen Umgestaltung begleitet. Schachinger ist zuversichtlich, dass die Umsetzung gut gelingen wird: „Corona hat uns gezeigt, dass man Veränderungen positiv gestalten kann. Ich bin überzeugt, dass auch die diözesanen MitarbeiterInnen in den Pfarren die Chancen erkennen und mittragen, die dieses neue Modell für eine zeitgemäße Pastoral beinhaltet.“
Karte mit neuen Dekanatsgrenzen fast komplett
Bei den Überlegungen zu einer Reform der Pfarrstruktur wurde viel über die territoriale Gliederung der Diözese nachgedacht und diskutiert. Unabhängig von der Entscheidung über eine Umsetzung der Pfarrstrukturreform war der Wunsch laut geworden, in manchen Bereichen die Dekanatseinteilung besser an die kirchlichen Verantwortungsbereiche und den Lebens- und Erfahrungsraum der Menschen anzupassen. Auf diese Weise soll insbesondere die Zusammenarbeit der Pfarren erleichtert werden. Ebenfalls am 25. Juni 2021 wurden im Bischöflichen Konsistorium für fast alle Dekanate die neuen Dekanatsgrenzen beschlossen, deren Einsetzung im Herbst erfolgen soll. Bei den noch ausständigen Dekanaten soll eine Entscheidung ehestmöglich getroffen werden.
Langer Weg bis zur Umsetzung
Ein Blick zurück: Bischof Manfred Scheuer hatte am 1. Februar 2021 die diözesanen MitarbeiterInnen und die Medien darüber informiert, dass er sich für eine Umsetzung des Zukunftsweges entschieden hat. Ein Jahr davor, am 25. Jänner 2020, hatte im Bildungshaus Schloss Puchberg das 4. Diözesanforum im Rahmen des Zukunftsweges stattgefunden. Im Zentrum der Diskussionen: das neue Strukturmodell und somit eine Reform der Territorialpastoral. 94,5 Prozent der Delegierten hatten damals Bischof Manfred Scheuer eine Umsetzung des Modells auf Basis des Handbuchs empfohlen. Dieser Empfehlung war ein mehrjähriger partizipativer Prozess vorausgegangen, der im November 2017 begonnen hatte und der sowohl inhaltliche als auch strukturelle Reformen der Pastoral umfasst.
Vor der endgültigen Entscheidung von Bischof Scheuer hatten Generalvikar Severin Lederhilger und Ordinariatskanzler Christoph Lauermann daran gearbeitet, das Strukturmodell im Rahmen des Kirchenrechts zu formulieren und rechtlich zu präzisieren – in Rücksprache mit internationalen Experten, deren Gutachten bestätigten, dass das Modell dem geltenden Kirchenrecht entspricht.
Die Gesetzestexte wurden bei den diözesanen Räten im März 2021 von Generalvikar Lederhilger präsentiert und erklärt. Am 4. Mai wurden sie von Diözesanbischof Manfred Scheuer unterzeichnet und erlangten durch die Veröffentlichung im Linzer Diözesanblatt Rechtsgültigkeit. Die Gesetzestexte bilden – gemeinsam mit dem Handbuch – die Grundlage für eine schrittweise Umsetzung der Strukturreform in der Seelsorge, die im Herbst 2021 mit „Pionierpfarren“ beginnt und in fünf bis sechs Jahren abgeschlossen sein soll. Die Umsetzung wird durch die Stabsstelle Pfarrstruktur unter der Leitung von Martin Schachinger koordiniert.
Nachtrag November 2021: Hier finden Sie die Infos zu den finalen Entscheidungen!