Hast du gefragt?
Hast du auch wirklich gefragt? Hast du wirklich nachgefragt? Nicht nur die leichten Fragen, nicht nur: "Wie war das damals?" Wo dann die glücklichen Heimkehrergeschichten kommen.
Nein. Die schwierigen Fragen. Die, deren Antwort du fürchtest?
Ich weiß es noch genau. Es war diesen Frühling, ein weißer Zettel mit einer langen Liste. Mit den denkmalwürdigen Objekten in Gusen. Es ist Mai, es ist warm und ein Name bleibt hängen: Kastenhofer Oberbruch. Ich sehe den Namen und frage nach, frage Martha Gammer. Ja, sagt sie, ja. Und sie erzählt mir mit festem Blick und eindringlicher Stimme.
Wenn man am letzten Bauernhaus vorbei geht, den Feldweg hinauf, am Schuppen entlang, sich nach Süden wendet, stehen zur rechten Hand, direkt neben dem Weg, meine Bienenstöcke. Geht man durch die fortfliegenden Bienen hindurch, folgt dem Weg, steht man nach wenigen Metern am Oberrand eines Steinbruches. Unter einem liegen nun das Industriegelände, die Häuser von Gusen und weiter weg die Donauauen. Bahnt man sich dann den Weg nach Norden durchs hohe Gras oder den nassen Schnee gelangt man an eine Engstelle. Zu beiden Seiten türmt sich der Granit empor. Einem Tor aus Stein gleich, des Eingang zum kreisrunden Steinbruch, der vor einem liegt wie eine Arena des Todes. Ringsum hoher, steiler Granit.
Hier wurden die KZ-Insassen heraufgetrieben, hier wurden sie zu Tode gefoltert. Am Weg hinaus, hinunter zum Lager, wurden ihnen dann die Schädel zertrümmert. Am Weg. Dort wo meine Bienen stehen. Genau dort ist der Boden blutgetränkt und er bleibt blutgetränkt.
Ich wollte es nicht wissen. Ich wollte es nicht wahrhaben. Ich habe nicht gefragt.
Es ist ein guter Platz, Urwald, weil da Steinbrüche waren, weil hier das KZ war. Die Bienen profitieren davon. Sie bringen mir viel Honig. Ich profitiere davon, und ich wohne hier erst seit zweieinhalb Jahren hier.
Fragt die Fragen, deren Antwort ihr fürchtet.
Rechnet damit, dass Antworten kommen, die euch nicht gefallen.
Die schwer sind. Die euch zum Nachdenken bringen. Die euer Denken ändern. Und eurer Handeln.
Wer wirklich zuhört,
Wer wirklich begreifen will, muss bereit sein, sich zu irren, um Neues verstehen zu können.
Ich will's begreifen, immer noch.
Warum? Warum das Ganze?
Und da helfen die Fakten nicht. Sie sind wichtig und notwendig. Sie sind der Start und der Angelpunkt, der Anker. Ohne sie geht es nicht.
Aber Begreifen ist Gefühlssache.
Es geht um die Ohnmacht.
Um die Hilflosigkeit
Um Angst und Wut
Um die Unmenschlichkeit, die doch ach so menschlich ist.
Um die der Nazis damals und um die jetzt in uns selbst.
Wenn Nazis Menschen töten in dem Ausmaß, mit dem Hass - kann ich es dann auch?
Rechnet damit, dass Antworten kommen, die euch nicht gefallen.
Die schwer sind. Die euch zum Nachdenken bringen. Die euer Denken ändern. Und eurer Handeln.
Wer wirklich zuhört,
Wer wirklich begreifen will, muss bereit sein, sich zu irren, um Neues verstehen zu können.
Ich will's begreifen, immer noch.
Warum? Warum das Ganze?
Und da helfen die Fakten nicht. Sie sind wichtig und notwendig. Sie sind der Start und der Angelpunkt, der Anker. Ohne sie geht es nicht.
Aber Begreifen ist Gefühlssache.
Es geht um die Ohnmacht.
Um die Hilflosigkeit
Um Angst und Wut
Um die Unmenschlichkeit, die doch ach so menschlich ist.
Um die der Nazis damals und um die jetzt in uns selbst.
Wenn Nazis Menschen töten in dem Ausmaß, mit dem Hass - kann ich es dann auch?
Hast du gefragt? Hast du wirklich zugehört? Mit festem Blick und der Bereitsschaft, dich zu irren und zu lernen?
Elisabeth Stütz, geb. 1987 in Freistadt, wohnhaft in St.Georgen / Gusen, begeisterte Imkerin.