aufstehen – einstehen – widerstehen
aufstehen – einstehen – widerstehen
beistehen – hinter jemand stehen
Unrecht wahrnehmen und für Gerechtigkeit aufstehen und einstehen – das verkörpert für mich Franz Jägerstätter. Sein Gewissen als Christ und Katholik brachte ihn dazu, dem nationalsozialistischen Regime zu widerstehen, indem er den Kriegsdienst verweigerte.
Beistehen und hinter jemand stehen – das verkörpert für mich seine Frau Franziska, die ihren Franz in seiner einsamen Entscheidung unterstützte und ermutigte.
Franz Jägerstätter, geboren 1907, war ein Innviertler Bauer und Mesner. Verheiratet und Vater von drei Töchtern, verweigerte er schon 1938 den Nationalsozialisten seine Zustimmung. 1941 musste er als Soldat in die Wehrmacht einrücken. Es wurde ihm zu dieser Zeit noch deutlicher klar, dass es um ein Unrechtsregime ging, und in diesem Krieg um einen Angriffskrieg, wie er am Beispiel Russlands schreibt: „Kämpfte man bloß gegen den Bolschewismus, so dürften doch diese anderen Sachen wie Erze, Ölquellen oder ein guter Getreideboden gar nicht so stark in Frage kommen?“
Als Landwirt kommt er zwischenzeitlich wieder heim ins Innviertel und entschließt sich – auf dem Hintergrund der biblischen Gewaltlosigkeit und der Seligpreisung für die Friedensstifter – künftig den Dienst mit der Waffe zu verweigern. Er will – im vollen Bewusstsein der Konsequenzen – für seine Entscheidung einstehen. Alle raten ihm dringend ab, selbst der Bischof, den er in seiner Gewissensnot kontaktiert. Seine Frau Franziska hofft zwar auch auf einen Ausweg, aber sie steht zu ihm und hinter ihm: „Wenn ich nicht zu ihm gehalten hätte, hätte er gar niemanden gehabt.“
Am 1. März 1943 erklärt er seine Wehrdienstverweigerung aufgrund seiner religiösen Einstellung. Besser die Hände gefesselt, als der Wille, ist er überzeugt. Er könne nicht gleichzeitig Nationalsozialist und Katholik sein, und es gebe Dinge, wo man Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen. Franz Jägerstätter wird in Linz im heutigen Ursulinenhof inhaftiert, nach Berlin überstellt und wegen Wehrkraftzersetzung am 6. Juli 1943 hingerichtet.
Asche aus seiner Urne erinnert hier in dieser Stele an ihn; und in nächster Nähe das Foto seiner Frau Franziska. Sie führte die Landwirtschaft weiter, sorgte allein für die drei Töchter und hatte es schwer in ihrer Umgebung. Lange wurde ihr eine Rente aus der Opferfürsorge verweigert. Sie hielt auch Jahrzehnte nach dem Tod ihres geliebten Mannes die Erinnerung an ihn und seine Gewissensentscheidung wach.
Viele haben sich für das Zeugnis seines Lebens eingesetzt, ich nenne nur seine Biografin Dr. Erna Putz und den Postulator der Seligsprechung, Bischof Manfred Scheuer. Bei der Seligsprechung 2007 übergab noch Franziska Jägerstätter die Urne ihres Mannes. Ich durfte in der großen Feiergemeinde dabeisein.
„Du rufst mich im Dunkel dieser Zeit, … Doch der Weg zu den Quellen führt gegen den Strom“, heißt es im Jägerstätterlied (Gotteslob 968). Auch im Taufgedächtnis sind wir aufgerufen, dem Bösen zu „widersagen“ … heutig ausgedrückt: „ich widerspreche, ich widerstehe.“
Es braucht auch heute Menschen, die Unrecht wahrnehmen und ernstnehmen. Die für Gerechtigkeit aufstehen – einstehen – widerstehen.
Und Menschen, die beistehen und hinter ihnen stehen, Zeugnis geben von den Zeugen.[1]
Wo bin ich, wo sind wir als Christinnen und Christen, als heutige Gesellschaft, gefragt?
[1] Das „Gedächtnisbuch Oberösterreich“ am Eingang der Jägerstätterkapelle erinnert an Opfer und Widerständige des Nationalsozialismus. In einem der ersten Beiträge geht es um die „fremdvölkischen Kinderheime“. Darüber habe ich ein Buch verfasst: „Vielleicht hätte ich eine Familie. Vielleicht hat jemand um mich geweint. Das „fremdvölkische Kinderheim“ in Spital am Pyhrn 1943-1945.“ Studienverlag Wien 2022.