Benefizsuppenessen im Linzer Landhaus 2019
Die Aktion Familienfasttag ist die entwicklungspolitische Aktion der Katholischen Frauenbewegung (kfb). Sie setzt sich seit über 60 Jahren in rund 100 Projekten in Ländern des Südens für Zugang zu Bildung, Sicherung der Lebensgrundlagen und Wahrung der Menschenwürde ein. Hier in Oberösterreich engagiert sie sich für ein solidarisches Miteinander und Füreinander der Menschen. Das Motto der Aktion Familienfasttag: „teilen spendet zukunft“. 46.000 kfb-Frauen laden alljährlich zum Suppenessen für einen guten Zweck ein. 2019 organisieren Frauen in Oberösterreich rund um den Familienfasttag – den zweiten Freitag in der Fastenzeit – rund 250 Suppenessen in Pfarren und gestalten etwa 300 Gottesdienste zugunsten der Aktion Familienfasttag.
Bereits zum 18. Mal fand heuer das traditionelle Benefizsuppenessen im Linzer Landhaus statt, bei dem über Projekte und Anliegen der Aktion Familienfasttag informiert wird. Diesmal stand beim „Blick über den Suppentellerrand“ die Projektarbeit der Katholischen Frauenbewegung in Tansania im Mittelpunkt. Mag.a Michaela Leppen, Abteilungsleiterin der Katholischen Frauenbewegung in Oberösterreich (kfb oö), führte durch das Programm. Musikalisch gestaltet wurde es mit mitreißenden afrikanischen Rhythmen, zu denen Mitglieder der Ost-Afrikanischen Gemeinschaft in Österreich beeindruckende Tänze darboten.
Landeshauptmann Stelzer: „Menschen in den entwickelten Ländern haben keinen Exklusivanspruch auf Sicherheit, Wohlstand und Frieden“
Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer dankte in seinem Grußwort der Katholischen Frauenbewegung in OÖ für die Organisation und erneute Kooperation beim Benefizsuppenessen, „bei dem der Steinerne Saal des Landhauses einmal im Jahr zum Speisesaal wird“, wie Stelzer launig meinte. Er bezeichnete das Benefizsuppenessen, das heuer zum 18. Mal stattfand, als „wichtige unterstützende Aktion und Zeichen, das wir gemeinsam setzen“. Das Projekt in Tansania, das bei der Veranstaltung vorgestellt wurde, stehe nicht nur symbolhaft für die vielen Projekte, die die Katholische Frauenbewegung unterstütze, sondern auch dafür, wie Entwicklungszusammenarbeit in einem zeitgemäßen Sinn gestaltet werden könne, so der Landeshauptmann. „Das Projekt unterstützt Frauen dabei, ihre Zukunft aus eigener Kraft zu gestalten und unsere Welt ein Stück gerechter zu machen. Es ist ein Projekt gegen die Abholzung der Wälder und für Energiegewinnung und damit auch ein Projekt für den Klimaschutz, dem wir uns verpflichtet fühlen“, würdigte Stelzer die Arbeit der kfb und ihrer Partnerorganisation WODSTA. Dem Recht, das eigene Leben facettenreich zu gestalten, wie es in Österreich möglich sei, müsse auch anderswo zum Durchbruch verholfen werden, so der Landeshauptmann. Stelzer wörtlich: „Wir sagen so oft, wie klein doch die Welt geworden ist und wie sehr wir zusammenrücken – und meinen damit die technische Entwicklung. Wenn Menschen verschiedener Kontinente tatsächlich einander näherkommen und wirklich in einer Welt leben würden, wäre das ein guter Schritt.“ Menschen in den sogenannten entwickelten Ländern hätten keinen Exklusivanspruch auf Sicherheit, Wohlstand und Frieden, sondern hätten auch dafür Sorge zu tragen, dass Menschen in den Ländern des Südens Zugang dazu erhielten, forderte Stelzer. In der Entwicklungszusammenarbeit sei auch in Afrika bereits vieles erreicht worden, etwa eine gestiegene Lebenserwartung, mehr Zugang zu sauberem Wasser und mehr Kinder, die die Schule besuchten. Es bleibe aber weiterhin viel zu tun, und dafür brauche es die Entwicklungszusammenarbeit – „die international und national organisierte, aber auch das private, ehrenamtliche Engagement“, so Stelzer. Der Landeshauptmann dankte den drei Ordensgemeinschaften, die an diesem Tag für eine bessere Welt aufgekocht hatten, sowie der Katholischen Frauenbewegung für ihr Engagement bei der Aktion Familienfasttag und den vielen Suppenessen in den oberösterreichischen Pfarren, bei denen auch wichtige Bewusstseinsbildung betrieben werde, wie Stelzer meinte. Der Landeshauptmann sagte zu, die beim Benefizsuppenessen eingehenden Spenden zu verdoppeln.
kfb-Vorsitzende Wintereder: „Gemeinsam für eine Zukunft aus eigener Kraft“
Paula Wintereder, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung in OÖ, zur Aktion Familienfasttag: „Als Katholische Frauenbewegung unterstützen wir Frauen in Asien, Afrika und Lateinamerika, damit sie eine selbstbestimmte Zukunft haben.“ Im Zentrum der heurigen Aktion stehe ein „energiereiches“ Projekt in Tansania, bei dem Frauen bei der Entwicklung von Energie sparenden Technologien im Haushalt gefördert werden. So lernen sie, Energiesparöfen selbst herzustellen und mit ihnen rauchfreier zu kochen. „Catching fire – Feuer fangen, für das Feuer zuständig sein: Frauen entzünden in Tansania ein Feuer, das wärmt und gut versorgt, aber auch ein Feuer der Begeisterung“, so Wintereder. Die Katholische Frauenbewegung brenne dafür, Frauen zu stärken und ein gutes Leben für alle zu ermöglichen. Mit den ProjektpartnerInnen vor Ort bestehe eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Damit das Feuer nicht ausgehe und einen Wandel bewirken könne, müsse es immer wieder neu angefacht werden. Die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung in OÖ wörtlich: „Wandel geschieht, wenn möglichst viele Menschen mutig umdenken und die Wurzel der Krisen wie Rücksichtslosigkeit, Wachstumsstreben und Kapitalismus benennen. Wandel geschieht, wenn Menschen beherzt aussteigen aus dem Abgrenzen und Ausgrenzen und stattdessen mithelfen, dass Flucht- und Migrationsgründe wegfallen, indem Entwicklungszusammenarbeit gelebt wird. Wandel geschieht, wenn wir es uns auch etwas kosten lassen. Wir wissen, wir leben auf Kosten des Südens. Ohne ernsthafte Umverteilung wird es nicht gehen – das gilt es endlich zu verstehen!“ Wintereders Appell: „Ermöglichen wir den Frauen in Tansania eine Zukunft aus eigener Kraft!“
Wintereder dankte Landeshauptmann Thomas Stelzer für die Gastfreundschaft und dem Land OÖ sowie allen SpenderInnen für die großzügige Unterstützung der Aktion Familienfasttag.
„Energiereiches Projekt“ zur Ermächtigung von Frauen in Tansania
Anneliese Schütz, Organisationsreferentin für den Familienfasttag der Katholischen Frauenbewegung in OÖ, stellte das heurige Modellprojekt in Tansania vor, das in Zusammenarbeit mit der Partnerorganisation WODSTA (Women Development for Science and Technology Association) umgesetzt wird. Tansania ist etwa 11-mal so groß wie Österreich und hat 60 Millionen EinwohnerInnen, von denen etwa 70 Prozent auf dem Land leben. Tansania leidet unter unzureichender Stromversorgung und fortschreitender Abholzung. Elektrischer Strom ist begrenzt und teuer. Die Frauen kochen hauptsächlich am offenen Feuer mit Holz. Die Folge: Die enorme Rauchentwicklung in den Küchen bzw. Häusern schadet der Gesundheit, die Abholzung der nahen Wälder ist besorgniserregend – und hat gravierende Auswirkungen auf Wasserressourcen und Biodiversität. In dieser Situation fördert WODSTA Frauen bei der Entwicklung von Energie sparenden Technologien im Haushalt. „Die Energiesparöfen, die die Frauen entwickelt haben und in Eigenregie aus lokal vorhandenen Materalien herstellen, kommen mit einem Bruchteil des bisher notwendigen Feuerholzes für das Kochen in der Familie aus: Das Holz, das die Frauen früher für eine Woche gebraucht haben, reicht mit den neuen Öfen für einen Monat. Auch in Großküchen, etwa in Schulen, braucht es in eigens entwickelten großen Energiesparöfen weit weniger Holz als bisher. Angesichts des deutlich spürbaren Klimawandels in Tansania ist diese Praxis ökologisch mehrfach von Bedeutung“, schildert Schütz.
Rund 180 Frauen in sechs Dörfern im Umkreis Stadt Arusha im Norden von Tansania haben bisher bei WODSTA ein Gruppentraining im Ofenbau absolviert. Die Frauen leisten damit nicht nur einen Beitrag für die Umwelt, sie sparen auch Geld, das sie anderweitig investieren können – etwa in die Landwirtschaft, die Aufzucht von Baumsetzlingen und den Verkauf der erwirtschafteten Produkte. „Teilweise haben sich die Frauen als Ofenbauerinnen selbstständig gemacht und erzielen ein Einkommen aus dem Verkauf von Öfen und ökologischen Heizbriketts, die sie aus Papier- und Stoffresten herstellen“, berichtet Schütz, die das Projekt im Sommer 2018 selbst besucht hat.
WODSTA verhilft Frauen damit auch zu ökonomischer Unabhängigkeit, was wiederum ihre soziale Stellung in den Dorfgemeinschaften hebt. Ihr Wissen als Expertinnen in Energie- und Umweltfragen geben sie an andere weiter und tragen so entscheidend zu Veränderungen bei. Schütz: „Die Frauen treten in der Öffentlichkeit selbstbewusst auf, halten Vorträge und treten auch in den Dialog mit EntscheidungsträgerInnen. Die Ermächtigung der Frauen ist daher weltweit gesehen der Dreh- und Angelpunkt, mit dem sich auch das Umfeld nachhaltig ändert. Die Förderung von Frauen hat Auswirkungen auf das familiäre Zusammenleben, auf das Zusammenleben von Männern und Frauen. Und: Die Ermächtigung von Frauen wirkt sich positiv auf die Gesellschaft und die staatlichen Strukturen aus. Genau diese Veränderungen sehen wir nach gut sechs Jahren Zusammenarbeit mit unseren ProjektpartnerInnen in Tansania.“
Das Projekt in Tansania steht stellvertretend für die rund 100 Projekte, die die kfb oö mit der Aktion Familienfasttag unterstützen. Die gesammelten Spenden kommen allen Projekten zugute.
Bischof Scheuer: „Uns verbindet viel mehr mit den Menschen in fernen Gesellschaften, als es oft den Anschein hat“
Bischof Dr. Manfred Scheuer erinnerte sich am Beginn seiner Ansprache an seine Versuche in der Kindheit, Feuer zu machen: „Es hat geraucht, wenn mir zugetraut bzw. zugemutet wurde, Feuer zu machen. Der Erfolg war endenwollend …“ Anders als zur Zeit der eigenen Eltern oder Großeltern begegne man heute der Herausforderung, ohne Strom zu kochen, nur noch in Ausnahmesituationen, etwa beim Campen oder bei einem längeren Stromausfall. Energie sei zur Selbstverständlichkeit geworden und die Frage, wie man dazu komme, stelle sich nicht mehr, sehr wohl aber Fragen wie: Welche Energie, welchen Strom will ich in meinem Haushalt haben? Welcher Stromanbieter ist der günstigste? Ist Atomstrom dabei? Will ich reinen Ökostrom? Bischof Scheuer: „Das Bewusstsein dafür, dass es Unterschiede in der Energie gibt, ist sicherlich in unserer Gesellschaft gewachsen. Diese Bewusstseinsbildung steht im Mittelpunkt des Projektes WODSTA, das wir heute kennen gelernt haben. Die Frauen in Tansania, für die es noch keine Selbstverständlichkeit ist, Energie zu haben – sie sind der Schlüssel dafür, um hier saubere und weniger gesundheitsschädliche Energieformen zu fördern. Sie sind der Motor für ein Know-how, das das Bedürfnis nach rasch verfügbarer Energie mit einem verantworteten Umgang mit der Natur im Zuge der Energiegewinnung verbindet.“
Ihn beeindrucke, dass mit der Bewusstseinsbildung von Frauen und mit dem damit verbundenen Wissen die soziale Stellung der Frau in traditionell patriarchalen Gesellschaften Aufwind bekomme, so der Bischof. Gleichzeitig verbinde sich mit dem Projekt ein globales Anliegen: „Der sorgsame Umgang mit der Schöpfung, unserem gemeinsamen Haus, muss an allen Orten dieser Welt im Kleinen begonnen und gelernt werden.“ Der Akt der Solidarität, der mit den Spenden zum Fastensuppensonntag gesetzt werde, sei auch „ein Bekenntnis dazu, dass uns viel mehr mit den Menschen in fernen Gesellschaften verbindet, als es oft den Anschein hat: Energiegewinnung, Bildung, ökologisches Bewusstsein, Besserstellung von Frauen – diese Herausforderungen finden wir hier wie dort“, betonte Scheuer. Der Diözesanbischof dankte der kfb für ihr Engagement und dem Land Oberösterreich für die Gastfreundschaft.
„Schmackhafte“ Unterstützung durch oberösterreichische Orden
Zum Benefizsuppenessen im Linzer Landhaus haben heuer drei oberösterreichische Ordensgemeinschaften aufgekocht: Schwester Maria Schlackl SDS von den Salvatorianerinnen bereitete für die Gäste eine Gemüsesuppe zu, der Regionalobere der Marianisten vom Greisinghof Pater Hans Eidenberger SM kredenzte eine Topinambursuppe mit Leinöl („Die Suppe schmeckt nach Greisinghof“) und Generaloberin Schwester M. Barbara Lehner von den Elisabethinen Linz rundete die Suppen-Vielfalt durch eine Linsensuppe mit Gemüsestreifen ab. Schwester Maria Schlackl, die die Idee zu den „Ordens-Suppen“ hatte: „Das Schönste ist, wenn sich Suppentöpfe in Spendentöpfe verwandeln!“
Das dazupassende Fastenbier wurde auch heuer wieder vom Stift Schlägl beigesteuert. Die oberösterreichische Biobäckerei „brotsüchtig“ stellte das Brot zur Suppe zur Verfügung. Die Spenden kamen der Aktion Familienfasttag zugute.