„Vamos Mujer”
Der Konflikt
Über 50 Jahre herrschte im südamerikanischen Land Kolumbien Bürgerkrieg. Linke Guerillagruppen, paramilitärische Gruppen und die Regierung kämpften um die Vorherrschaft im Land. Drogen finanzierten den Krieg.
Der Ursprung des Konflikts liegt in der ungerechten Verteilung von Land. Land ist in Kolumbien kein Produktionsfaktor, es ist ein Machtfaktor. Eine kleine, aber mächtige Personengruppe besaß den überwiegenden Teil des verfügbaren Landes.
Aus diesem Ungleichgewicht der Macht heraus entstanden rund um 1950 politisch links gerichtete Guerillabewegungen. Die größte von ihnen war die FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia). Aus dem Einsatz für eine gerechte Verteilung des Landes entstand ein gewaltsamer Konflikt zwischen den verschiedenen politischen Strömungen.
Die kolumbianische Armee unterstützte die Entstehung von paramilitärischen Gruppen, die auf der Seite der Großgrundbesitzer standen. Die verschiedenen Akteure und Akteurinnen wurden mehr und der Konflikt somit vielschichtiger und komplexer. Frauen waren bei allen Gruppierungen zu finden. Auch auf der Seite der FARC kämpften Frauen mit.
In Kolumbien wurden 270.000 Menschen getötet, sieben Millionen Menschen verloren ihr Zuhause. Vertreibungen, Drohungen und Morde standen auf der Tagesordnung. Jeden Morgen nach dem Aufstehen lagen Tote auf der Straße. Besonders Frauen und Mädchen waren von Auseinandersetzungen betroffen, denn sexuelle Gewalt wird in militärischen Konflikten als Kriegswerkzeug eingesetzt.
Vamos Mujer
Unsere Partnerorganisation „Corporación Vamos Mujer“, mit der die Katholische Frauenbewegung seit 2008 zusammenarbeitet, setzt sich für Frauenrechte und Friedensarbeit ein. In den 1980er/90er Jahren ist es gelungen, durch eine Frauenbewegung so viel Druck aufzubauen, dass auf politischer Ebene mit der Guerillagruppe FARC Verhandlungen gestartet wurden. Die Verhandlungen endeten 2016 mit einem Waffenstillstand. Am 30. November stimmte der Kongress dem ausgehandelten Friedensvertrag zu. Der Friede in Kolumbien steht jedoch auf wackeligen Beinen. Mit der zweitgrößten Guerillabewegung wurden die Verhandlungen erst vor kurzem gestartet.
Die Frauenorganisationen, die sich landesweit zusammengeschlossen haben, wollen ihre weibliche Perspektive in die Friedensverhandlungen und deren Ausgestaltung einbringen. Die Direktorin von Vamos Mujer, Patricia Luli, sagt: „In den 50 Jahren des Krieges hat man gesehen, dass Frauen ganz unsichtbar den Frieden aufgebaut haben.“
„Vamos Mujer” heißt übersetzt „Vorwärts Frauen“. Dieses Motto zeigt sich auch in der Arbeit mit Mädchen und Frauen in der Stadt und auf dem Land.
In Medellin, einer Metropole im Nordwesten Kolumbiens, arbeiten die Mitarbeiterinnen der Organisation in Workshops mit Mädchen und Frauen aus den Armenvierteln. Durch Tanz und Theater werden die Themen Gewalt, friedvolles Leben, Liebe, Sexualität und eigene Lebenspläne erarbeitet. Die Frauen veranstalten friedliche Demonstrationen an prominenten Plätzen, und ein jährlicher Bericht zeigt das Ausmaß von Gewalt öffentlich auf. Die Überzeugung, dass es „ohne Frauenrecht keinen Frieden“ gibt, treibt die Organisation an.
Aus Hunger entsteht Krieg
Auf dem Land setzt sich unsere Partnerorganisation für die Verbesserung der natürlichen Lebensbedingungen ein. Frauen arbeiten in einer Genossenschaft zusammen, tauschen sich aus und erzeugen landwirtschaftliche Produkte. Martha Sophia ist überzeugt: „Ohne eigenes Einkommen bleibt man als Frau auf der Strecke.“ Ihr Mann unterstützt sie in ihrem Engagement, was für Männer in Kolumbien eher außergewöhnlich ist.
Martha Sophias Familie hat ein schwerer Schicksalsschlag getroffen. Ihr Sohn ist auf eine Anti-Personen-Mine getreten, dabei hat er beide Augen und ein Bein verloren. Martha Sophia verspürt deswegen keine Rachegefühle. Seitdem setzt sie sich umso mehr für ein friedvolles Zusammenleben ein. Denn Vergeben und Verzeihen auf der Seite der Opfer, das über die Oberfläche hinausgeht, setzt einen Prozess in Bewegung, aus dem Heilung und Versöhnung entstehen kann.
Als Bäuerin blickt Martha Sophia auf die Friedensarbeit und meint: „Wir machen Frieden indem wir anpflanzen. Denn aus Hunger entsteht Krieg.“
In der Fastenzeit werden viele Frauen aktiv, sie schenken Fastensuppe aus und stillen den Hunger von Menschen. Dafür bitten sie um eine Spende. Heuer fühlen sie sich besonders verbunden mit den Frauen in Kolumbien. Mit jeder Spende wird ein Beitrag zum Frieden geleistet.