Der Dom ist mein Arbeitsplatz
Ich stehe vor dieser mächtigen Säule neben diesem liebevoll geschnitzten Chorgestühl. Hier kann ich den Raum in seiner Größe wahrnehmen, erspüren.
Die mächtigen Säulen, die Halt geben. Säulen, das wünsche ich mir auch für mein Leben und für meinen Glauben. Hier ist der Ort zum Staunen, um das Große wirken zu lassen. Ein Raum der Luft hat zu atmen, der Freiheit schenkt. Hier ist auch ein Platz der Stille, um hinzuhören.
Mein großer Vorteil ist: am Morgen und auch am Abend gehört der Dom eine Zeit lang mir alleine. Für dieses Geschenk bin ich unendlich dankbar.
Der Dom ist mein Arbeitsplatz, hier arbeite ich nun seit mehr als zwei Jahren als Mesnerin.
Mit dem Spruch: „Wohin Gott dich gesät hat sollst du glühen“ habe ich hier meinen Dienst begonnen.
Ich glühe für die Klarheit des Baues, für die mächtigen Säulen, die dieses wunderschöne Gewölbe tragen – wie viele Ziegeln mögen wohl da oben aneinandergefügt sein, frag ich mich immer wieder.
Ich glühe für die wunderschönen Pflastersteine, auf denen ich gehe, um die tägliche Arbeit zu verrichten, und wenn meine Füße anfangen zu schmerzen, liegt es wohl daran, dass die Wege weit sind.
Ich glühe für die Sonnenstrahlen, die durch die einzigartigen Fenster leuchten und die mich mit Freude erfüllen.
Ich glühe für die Musik in ihrer Vielfalt, gewaltig und schön.
Ich glühe für die Gottesdienste, an denen ich teilhaben darf, für die tiefgehenden Predigten, die ich an Wochenenden auch vier Mal höre.
Ich glühe für die liebgewonnenen Menschen, die hier ein- und ausgehen – und auch für besondere Begegnungen am Weg.
Besonders beeindruckend ist, wenn hier große religiöse Feste gefeiert werden und der Dom voll ist. Ich denke auch an die lange Nacht der Kirchen, die hier mit einer ökumenischen Feier beginnt. Hier finden auch Konzerte statt, so werden auch jene angesprochen, die sonst nicht hierherkommen würden.
Natürlich gibt es auch Zeiten, in denen es mir schwer fällt aufzublicken. Ich erlebe hier auch Zeiten der Dunkelheit, der Kälte und der Einsamkeit.
Voriges Jahr wurde der Altarraum neu gestaltet. Der Altar rückte in die Mitte. Auch die Beleuchtung wurde erneuert, besondere Orte werden gezielt betont und der gesamte Innenraum ist nun viel heller. Auch die Heizung wurde umgestellt, aber an der Raumtemperatur kann natürlich nichts geändert werden – da gefriert im Winter schon mal das Weihwasser.
Beim Umbau dabei zu sein, war eine tolle Erfahrung. Restauratoren über die Schulter zu schauen und da und dort zu helfen, hat großen Spaß gemacht. Meine Kolleginnen und ich kennen nun auch die sensiblen Stellen der Orgelpfeifen. Beim Reinigen kamen wir dann vielen Details ganz nah, und seither haben viele Einzelheiten an Bedeutung gewonnen.
Es ist ein Geschenk hier sein zu dürfen, mit dem Schlüssel, der in der Früh die Türen öffnet und am Abend schließt.