So bunt wie die Menschheit
Ich habe mir die Kapellenkranzfenster ausgesucht, weil ich bei einem Rundgang durch den Dom magisch angezogen wurde von der Helligkeit, von der Freude, der Wonne, dass so viel Licht in die Kirche strömt.
Zugleich faszinierte mich die Klarheit.
Ich assoziiere die kleinen Rechtecke mit den Menschen. Die feinen Unterschiede in den Farben und doch so gleich, oder aber die Buntheit, wie sich ein jeder präsentiert.
Für mich ist das Projekt Domfrauen auch deshalb interessant, weil ich im Dom gefirmt wurde, also Erinnerungen an meine Kindheit wach wurden.
Zum anderen habe ich mit meiner Familie in der Stadt gewohnt und bin mit den Kindern dort zur Messe gegangen.
Da die Fenster im 2.Weltkrieg zerstört wurden, hat man Martin Hartmann den Auftrag erteilt, diese zu gestalten. Durch die Gestaltungsarbeit am Computer erlangte er hohe Präzision. Am 29. September 1994 hat Hartmann die Fenster präsentiert. 1995 konnten diese eingeweiht werden.
Karl Martin Hartmann ist 1948 in Wiesbaden geboren. Er absolvierte in Mainz als Erststudium Biologie, das Nebenfach Physik schloss er 1974 ab.
Nach dem Zweitstudium an der Hochschule für bildende Kunst in Frankfurt machte er die Kunst zu seinem Beruf. Martin Hartmann ist seit 1985 als freischaffender Künstler in Wiesbaden erfolgreich tätig.
Hartmann hat bei seinem ersten Besuch im Linzer Dom eine gewisse Kälte empfunden, die der Dom ausstrahlt. Er wollte daher Wärme und Heiterkeit in den Dom bringen, was ihm meiner Meinung nach voll und ganz gelungen ist.
Er wählt für die Licht und Farbeffekte warme Farben wie gelb, orangegelb, orange, orangerot. Dazu setzte er die Komplementärfarben blau und grün ein, also kalte Farben. Interessanterweise wirken die hellen Farben am Tag sehr aktiv, während am Abend die dunklen Farben große Aktivität entwickeln.
Auch die Zahlensymbolik im Christentum hat er miteinbezogen. In den Maßwerken der Fenster ist einmal ein Siebeneck und einmal ein Neuneck eingeschrieben.
Bei genauerer Betrachtung entdeckt man, dass er Walzblei manchmal als Quadrat und manchmal als Kreuz eingesetzt hat. Die Sockelzone zeigt, dass er auch Physiker war. Sie nehmen Bezug zur Elementarteilchentheorie.