Gewalt gegen die Gottesgebärerin
Ob die Darstellung einer Geburt ein Tabubruch ist, darüber können wir diskutieren. Eines wird allerdings in dem Kunstobjekt „crowning“ von Esther Strauß sichtbar: die unglaubliche Dynamik einer Geburt und somit die weibliche Kraft. Jede und jeder, der schon einmal bei einer Geburt dabei war, weiß wovon ich spreche.
Nun, es ist nicht irgendeine Frau, die bei diesem „heiligen“ Akt der Menschwerdung dargestellt wird. Es handelt sich um Maria, die Heilige Mutter Gottes, die viele von uns auf unterschiedliche Weise als stärkende Frau erleben. In unserer Kirchengeschichte musste sie vielen Bildern gerecht werden. Vor allem männlich patriarchalen, die sich offensichtlich mit einer unnahbaren, asexuellen, überhöhten Jungfrau Maria wohler fühl(t)en.
Viele Frauen und Männer wenden sich von der Kirche ab, weil sie mit derart überhöhten und leeren Worthülsen wenig bis gar nichts mehr anfangen können. Nun haben wir eine sehr menschliche, intime, ja eine Maria, die sich ganz öffnet, um die Geburt unseres Erlösers zu ermöglichen.
Allerdings ohne Kopf.
(Eröffnet sich dadurch erst recht wieder ein Raum, indem jede Frau ihren Kopf daraufsetzen kann und somit jede Frau zur Gottesgebärerin wird? Sind wir nicht alle Töchter und Söhne Gottes?)
Stellvertretend für viele Frauen in unserer Kirche möchte ich mich hinter dieses mutige Kunstprojekt von Esther Strauß und Theresa Limberger stellen und dem Projektteam von „DonnaStage“ der Diözese Linz meinen Dank aussprechen für die Möglichkeit, Frauenbilder und Geschlechterrollen in unserer Gesellschaft und Kirche zu diskutieren.
Dafür war die Kunst immer schon ein anerkanntes Mittel.
Ich setze mich für eine offene Kirche ein, in der verschiedene Meinungen ihren Platz finden und durchaus auch kontrovers diskutiert werden dürfen. Für derartige Gewaltausbrüche, wie der Täter, die Täterin im Mariendom sie gezeigt hat, fehlt mir jedoch jedes Verständnis.
Margit Schmidinger
Vorsitzende der kfb oö
Links zum Weiterlesen:
Skulptur Crowning im Kunstraum des Mariendoms zerstört
KirchenZeitung_Dialogangebot trotz Zerstörung
KirchenZeitung_Kommentar des Chefredakteurs