Benefizsuppenessen im Linzer Landhaus 2020
Die Aktion Familienfasttag ist die entwicklungspolitische Aktion der Katholischen Frauenbewegung (kfb). Sie setzt sich seit über 60 Jahren in rund 100 Projekten in Ländern des Südens für Zugang zu Bildung, Sicherung der Lebensgrundlagen und Wahrung der Menschenwürde ein. Hier in Oberösterreich engagiert sie sich für ein solidarisches Miteinander und Füreinander der Menschen. Das Motto der Aktion Familienfasttag: „teilen spendet zukunft“. 45.000 kfb-Frauen laden alljährlich zum Suppenessen für einen guten Zweck ein. 2020 organisieren Frauen in Oberösterreich rund um den Familienfasttag – den zweiten Freitag in der Fastenzeit – rund 230 Suppenessen in Pfarren und gestalten etwa 300 Gottesdienste und organisieren Haussammlungen zugunsten der Aktion Familienfasttag.
Bereits zum 19. Mal fand heuer das traditionelle Benefizsuppenessen im Linzer Landhaus statt, bei dem über Projekte und Anliegen der Aktion Familienfasttag informiert wird. Diesmal stand beim „Blick über den Suppentellerrand“ die Projektarbeit der Katholischen Frauenbewegung in Nordostindien im Mittelpunkt. Mag.a Michaela Leppen, Abteilungsleiterin der Katholischen Frauenbewegung in Oberösterreich (kfb oö), führte durch das Programm. Musikalisch gestaltet wurde es mit indischer klassischer Musik: Rina Chandra bezauberte mit den Klängen ihrer Bansuri-Flöte, Haider Khan mit seinem Tabla-Spiel.
Paula Wintereder, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung in OÖ.
Foto: © Diözese Linz, Kraml
kfb-Vorsitzende Wintereder: Gestaltungsmöglichkeiten und Handlungsspielraum für Frauen schaffen
Paula Wintereder, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung in OÖ, zur Aktion Familienfasttag: „Als Katholische Frauenbewegung unterstützen wir jährlich rund 100 Projekte in Asien, Afrika und Lateinamerika, die die Ermächtigung von Frauen zum Ziel haben. In diesem Jahr steht die Situation der indigenen Bevölkerung im Nordosten Indiens im Mittelpunkt.“ Wintereder erinnerte an die tragende Rolle von Frauen: Sie seien enormen Mehrfahrbelastungen ausgesetzt und in der Lage, zu großen Veränderungen beizutragen. Wintereder verglich die kfb mit einem Korb, „der viele Früchte fassen kann: viele Interessen, viele Leidenschaften, so manche Glaubensfragen und verschiedene Auffassungen – es kommt viel gelebtes Engagement in diesem Korb zusammen“. Auch auf dem Plakat der diesjährigen Aktion Familienfasttag sei eine Frau mit einem Korb voller Gartenfrüchte zu sehen. Wintereder: „Marium Soren, die Frau auf dem Plakat, ist ‚Korb-Trägerin“ in ihrem Lebensort in Nordostindien. Kaum zu glauben, dass es inmitten der Wüste von tausenden Kohleminen so ein Lächeln geben kann. Dieses hoffnungsvolle Lächeln ist möglich, weil sich Marium Soren Gestaltungsmöglichkeiten und Handlungsspielraum angeeignet hat. Sie klärt die Bevölkerung über die Auswirkungen des Bergbaus auf und aktiviert die Dorfgemeinschaft. Dies ist durch die Unterstützung der Katholischen Frauenbewegung möglich.“
Die kfb setze sich für eine gerechtere Welt ein, und dieses Engagement beschränke sich nicht auf die Länder des globalen Südens, so Wintereder: „Veränderungen bei uns sind heute dringender notwendig als je zuvor.“ Wintereder nannte drei Themen, die der kfb ein besonderes Anliegen sind: der achtsame Umgang mit der Schöpfung und den endlichen Ressourcen, der Einsatz gegen die Überlastung und finanzielle Schlechterstellung von Frauen sowie das Engagement für die verstärkte Teilhabe von Frauen in der Gesellschaft und für Geschlechtergerechtigkeit.
Klare Worte fand die kfb-Vorsitzende zur Situation der Frauen in der Kirche: „Frauen in tragenden Rollen sind wir auch in der Katholischen Kirche in Oberösterreich. Frauen gestalten engagiert das kirchliche Leben mit. Viel ist möglich, und mit Freude nehmen wir diese Aufgaben wahr. Doch es verlässt uns manches Mal auch der Mut, wenn wir in der Kirche nur zweite Wahl sind. Kann es wirklich sein, dass wir in dieser Zeit auf die hinteren Plätze verwiesen werden?“ Vielen Frauen sei es nicht mehr möglich, auf eine Veränderung zu warten, so Wintereder. Sie rief dennoch dazu auf, sich von Marium Soren in Indien etwas abzuschauen: „Wir halten die Hoffnung trotz widriger Umstände aufrecht und zeigen unsere Widerstandskraft! Wir sind bereit, in unserer Kirche mitzugestalten und weiterhin Verantwortung zu übernehmen – trotz allem!“
Wintereder dankte Landeshauptmann Thomas Stelzer für die Gastfreundschaft und dem Land OÖ sowie allen SpenderInnen für die großzügige Unterstützung der Aktion Familienfasttag.
Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer.
Foto: © Diözese Linz, Kraml
Landeshauptmann Stelzer: „Ohne gleichberechtigte Frauen gibt es keine Zukunft in der Welternährung“
Landeshauptmann Mag. Thomas Stelzer dankte in seinem Grußwort der Katholischen Frauenbewegung in OÖ für ihr Engagement bei der Aktion Familienfasttag und für die Organisation und Kooperation beim Benefizsuppenessen. Stelzer wörtlich: „Mit Ihrem Einsatz unterstützen Sie Frauen wirkungsvoll in den Partnerländern, denn: Stark sind die Frauen auch anderswo – aber leider auch stark benachteiligt: Sie haben weniger Zugang zu Ausbildung, kein Recht auf Landbesitz, bekommen schwerer Kredite und häufig keine Möglichkeit, Saatgut, Düngemittel, moderne Technik oder Beratung einzukaufen. Das muss sich ändern! Denn uns muss klar sein: Ohne gleichberechtigte Frauen gibt es keine Zukunft in der Welternährung.“ Der Landeshauptmann wies darauf hin, dass auch die Zahl der Hungernden nach Jahren des Rückgangs wieder ansteige und dass Hunger vor allem weiblich sei: Bei 60 Prozent aller Hungernden handle es sich um Frauen und Mädchen. Dies verdeutliche, dass das globale Ernährungssystem gerechter, produktiver und nachhaltiger werden müsse. Stelzer: „Unser Ziel muss sein, uns nicht als erste, zweite oder dritte Welt zu sehen, sondern als eine Welt. Diese eine Welt steht für Zusammenarbeit durch Teilen, für das Weitergeben von Know-how, also für all das, was an großen Herausforderungen in der Entwicklungszusammenarbeit vor uns liegt.“
Ajitha George (r.) ist Generalsekretärin von BIRSA (Bindrai Institute for Research, Study and Action), einer der Partnerorganisationen der kfb im Bundesstaat Jarkhand in Nordostindien.
Foto: © Eva Wallensteiner
Landwirtschaftliches Projekt zur Ermächtigung von Frauen in Nordostindien
Ajitha George ist Generalsekretärin von BIRSA (Bindrai Institute for Research, Study and Action), einer der Partnerorganisationen der kfb im Bundesstaat Jarkhand in Nordostindien. Sie stellte, wie in den Wochen zuvor in etlichen oö. Pfarren, beim Benefizsuppenessen die Situation der Frauen in ihrer Heimat und das heurige Modellprojekt vor. Der Bundesstaat Jarkhand in Nordostindien wurde schon unter der britischen Kolonialherrschaft als die Schatzkammer Indiens bezeichnet und bis heute reich an Kohle, Erz und anderen Rohstoffen. Die Nachkommen der indigenen Bevölkerung (Adivasi) in Indien leben quasi unsichtbar am Rand der indischen Gesellschaft, zum Beispiel im Bundesstaat Jarkhand. Genau hier prallen Welten aufeinander, denn die Herrschenden in Indien sehen genauso wie die Bergbauunternehmen die Adivasi (= die ersten BewohnerInnen) als Hindernis auf dem Weg des nationalen Fortschritts. Doch dieser Fortschritt bedeutet für die indigene Bevölkerung den Verlust von Land und die Zerstörung ihrer Lebensgrundlage, damit auch ihrer Kultur, die eng an die Natur gebunden ist und somit verlieren sie auch ihre Struktur des Zusammenlebens.
In der prekären Situation des Raubbaus an der Umwelt sind Frauen zusätzlich von Ausgrenzung und Diskriminierung betroffen. Sie sind außerdem für die Ernährung der Familie hauptverantwortlich. Diese Mehrfachbelastungen führen zu stressbedingten Krankheiten. Hinzu kommt, dass die Gegend vom staatlichen Gesundheitssystem schlecht versorgt ist.
Als Schlüssel zur Verbesserung der Lebenssituation haben zwei Partnerorganisationen der kfb, BIRSA und CASS, die Landwirtschaft entdeckt. Viele Familien verfügen über kleine Küchengärten, die zur Versorgung der Familie herangezogen werden. Durch die Wiederbelebung von lokal angepassten Methoden, angereichert mit neuem Wissen, entstehen ökologische Landwirtschaften. Für die indigene Bevölkerung ist es möglich, auf kleinstrukturierten Flächen, durch Fortbildungen, Modellgärten und dem Austausch von Saatgut ihre ursprüngliche Verbundenheit zur Natur zu leben. Als Antwort auf die Wasserknappheit, die durch den Raubbau verursacht wurde, wurden nach traditioneller Methode Staudämme gebaut, die ausreichend Wasser aufstauen, um die Bewässerung der Felder und somit die Versorgung der Menschen zu garantieren.
Projekte der kfb stärken Frauen in Nordostindien.
Foto: © Eva Wallensteiner
Auch traditionelle Heilpraktiken und pflanzliche Medikamente werden wiederbelebt. Die Projektpartnerinnen setzen sich auch für eine „echte Heilung“ ein und nehmen die Überwindung von krankmachenden Strukturen wie Ausbeutung, Ausgrenzung und Unterdrückung (von Frauen) in Angriff. Darum ist ein ganz wesentlicher Ansatz die Bestärkung der Frauen. Frauengruppen erweisen sich hier als ein Erfolgsrezept. In einem Raum, wo Frauen untereinander ihre Sorgen und Probleme besprechen können, entstehen Lösungen für die ganze Gemeinschaft.
Das Projekt in Nordostindien steht stellvertretend für die rund 100 Projekte, die die kfb oö mit der Aktion Familienfasttag unterstützen. Die gesammelten Spenden kommen allen Projekten zugute.
Gesprächsrunde beim Benefizsuppenessen im Landhaus. V. l.: Mag.a Michaela Leppen, Abteilungsleiterin der Katholischen Frauenbewegung, Mag.a Judith Moser-Hofstadler, Biobäuerin, Journalistin und politische Aktivistin und Bischof Dr. Manfred Scheuer.
Foto: © Diözese Linz, Kraml
Bischof Scheuer: „Bereitschaft zum Teilen stärken“
In einer Gesprächsrunde mit Bischof Dr. Manfred Scheuer und Mag.a Judith Moser-Hofstadler, Biobäuerin, Journalistin und politische Aktivistin bei der Österreichischen Berg- und KleinbäuerInnen Vereinigung „Via Campesina Austria“ – ÖBV, ging es auch um den Beitrag, den Kirche in einer globalisierten Welt einbringen kann. Bischof Scheuer betonte dabei die Wichtigkeit von konkreten Erfahrungen und eines spürbaren Vis-à-vis. „Das ich durch die Digitalisierung in einer Sekunde rund um den Globus kann, das macht mich noch nicht global, da habe ich noch keine Beziehung. Es braucht aber konkrete Erfahrungen, Aktionen der Solidarität, des Teilens und Erfahrungen des Lernens. Kirche ist nicht einfach eine Institution, sondern sind die konkreten Menschen, die Beziehungsgeflechte.“ Bischof Manfred Scheuer wünscht sich, dass durch einen Blick mit Wertschätzung und Anerkennung auch die Bereitschaft zum Teilen gestärkt wird.
Gaumenfreuden aus Haibach für die Gäste des Benefizsuppenessens
Schmackhaftes aus dem Suppentopf wurde zum heurigen Benefizsuppenessen aus Bischof Scheuers Heimat beigesteuert: Monika Dornetshuber, Geschäftsführerin und Küchenchefin in der „Hoamat“ in Haibach ob der Donau, kredenzte den Gästen eine Fenchel-Karotten-Suppe und eine pikante Krautsuppe. Das dazupassende Fastenbier wurde auch heuer wieder vom Stift Schlägl beigesteuert. Die Spenden kamen der Aktion Familienfasttag zugute.
Aktion Familienfasttag: Bewusstsein schaffen, Lebensbedingungen verbessern
Die Aktion Familienfasttag der Katholischen Frauenbewegung wird seit 1958 alljährlich österreichweit durchgeführt. Eigentlicher „Familienfasttag“ ist der zweite Freitag in der vorösterlichen Fastenzeit. Tatsächlicher Aktionszeitraum ist aber die gesamte Fastenzeit, in der unter dem Motto „teilen spendet zukunft“ ausgewählte Projekte der Aktion Familienfasttag der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Dabei wird zu solidarischem Teilen – ideell und finanziell – aufgerufen.
Die Aktion Familienfasttag als entwicklungspolitische Organisation möchte dazu beitragen, die Lebensbedingungen von benachteiligten Frauen im Globalen Süden zu verbessern. Gleichzeitig wird das Bewusstsein für Entwicklungszusammenarbeit in Österreich geschärft. Dies geschieht auf unterschiedlichen Ebenen: über Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, Projektförderung und Projektarbeit, mit anwaltschaftlichem Engagement und Spendensammeln.
Die Aktion Familienfasttag der Katholischen Frauenbewegung tritt für eine gerechte Verteilung der Güter in dieser Welt ein, trägt zur Wahrung von Menschenrechten und Menschenwürde bei und stärkt die weltweite Solidarität unter Frauen. Als einen Akt der Solidarität versteht sie den persönlichen Verzicht in Form des „Fastens“.
Die rund 100 Projekte, in denen sich die Aktion Familienfasttag gemeinsam mit Projektpartnerinnen und Betroffenen in Asien, Lateinamerika und Afrika engagiert, erstrecken sich auf die Bereiche Bildung, Gesundheit, Menschenrechte, gesicherte Lebensgrundlage, Sozialprogramme, Vernetzung und Interessenvertretung. Frauen erfahren in diesen Projekten, dass sie Rechte haben und diese auch durchsetzen können: Rechte auf Bildung, auf Gesundheit, auf ein Leben ohne Gewalt, auf faire Arbeitsbedingungen.
Unterstützen kann man die Projekte der Aktion Familienfasttag auf vielfältige Weise: beim Suppenessen in zahlreichen katholischen Pfarren in Oberösterreich, durch Spenden bei den Gottesdiensten und online unter www.teilen.at.
Das Spendenkonto der Aktion Familienfasttag:
Erste Bank, IBAN: AT83 2011 1800 8086 0000, BIC: GIBAATWWXXX
Die Aktion Familienfasttag trägt das Österreichische Spendengütesiegel. Spenden sind steuerlich absetzbar.