Tag der Arbeitslosen 2024
Der etwas andere Stadtrundgang führt zu zehn Stationen quer durch die Linzer Innenstadt. Diese wurden in einem Workshop im Vorfeld gemeinsam mit Betroffenen erarbeitet. Die Betroffenen zeigen Plätze, die sie selbst als wichtig und symbolträchtig erachten. Sie berichten über ihre Wünsche, ihre Sehnsüchte, ihre Würde und über ihre eigenen Expertisen, Lebenserfahrungen und Anliegen. Die Teilnehmer:innen am Stadtrundgang bekommen Einblick in die Lebenswelten arbeitsloser Menschen und erfahren dabei, wie es den Betroffenen geht, wenn sie Orte aufsuchen, die für sie wichtig sind, für andere Menschen aber wenig bzw. keine Bedeutung haben.
Austroguide Brigitte Schwarzlmüller-Binder führte uns durch die Linzer Innenstadt. Insgesamt nahmen 30 Teilnehmer:innen am Stadtrundgang teil. Mit dabei waren von Arbeitslosigkeit betroffene Menschen, Bischof Manfred Scheuer und Mitarbeiter:innen und Ehrenamtliche aus sozialen Organisationen. Martin Füreder und Monika Weilguni, beide im designierten Pastoralvorstand des Dekanates Linz-Mitte, waren sehr interessiert an den persönlichen Situationen der Betroffenen in ihrem Dekanat.
Eindrücke vom Stadtrundgang „Von Arbeitslosigkeit betroffen – kleine und große Geschichten in der Stadt Linz“ mit persönlichen Statements der Betroffenen
Station 1: Altes Rathaus
Der Stadtrundgang startete im Alten Rathaus beim Stadtplan. Die Teilnehmer:innen bekamen dadurch einen guten Überblick über die zehn Stationen. Vzbgm.in Karin Hörzing sprach Grußworte. Brigitte Schwarzlmüller-Binder, Austroguide, führte durch den Stadtrundgang.
2. Station: Taubenmarkt
„Ich meide Verkehrsknotenpunkte wie zum Beispiel den Hauptbahnhof. Ich fühle mich unwohl auf Plätzen, wo die Leute hetzen. Ich bin langsam, ich bin nicht so schnell. Wenn ich an einem solchen Ort bin, habe ich das Gefühl, dass ich störe. Manchmal werde ich angerempelt.“
3. Station: Ursulinenkirche
„Ich war, bis Corona gekommen ist ein erfolgreicher Selbständiger. Dann ist mein Unternehmen den Bach runter gegangen, und seitdem kämpfte ich mit psychischen Problemen. Auf Facebook habe ich lange Zeit „meine Fassade aufrechterhalten“. Aber dann entsprichst du auf einmal diesem Bild nicht mehr. Online ist dein altes Ich noch da, aber du bist eigentlich völlig kaputt. Was tut man da? Ich habe mir nicht zu helfen gewusst und habe all meine Social-Media-Accounts gelöscht.“
4. Station: Bank
„Ich kann es nicht mehr hören, dass die Höhe des Arbeitslosengeldes ungerecht ist. Es wird berechnet vom letzten Einkommen, eh nur 55%! Die Leute müssen sich da immer einmischen, dass es zu hoch ist. Über kein Gehalt von Berufsgruppen wird diese Diskussion geführt, aber über meinen Lohn, das Arbeitslosengeld, schon.
Wurde über Ihr Gehalt schon einmal diskutiert, ob es zu hoch ist und ungerecht?“
5. Station: Martin-Luther-Platz FÜR UNS
„Ich arbeite in einem Verein ehrenamtlich mit. Wir unterstützen geflüchtete Menschen. Am Montag helfe ich mit bei der Spendenannahme und am Freitag bei der Spendenausgabe und jetzt darf ich eine Männergruppe organisieren. Ich freue mich, dass ich mich im Verein einbringen kann. Die Anerkennung, die ich dort bekomme, tut so gut.“
6. Station: Volkshilfeshop Hessenplatz
„My home is my castle! Zu Hause, da fühl ich mich sicher. Da habe ich meine Mauer um mich. Wenn ich die Wohnungstüre hinter mir schließen kann, fühle ich mich wieder wohl!“
Ein Wiedereinstieg in die Arbeitswelt bringt nicht nur finanzielle Stabilität, sondern auch eine neue Perspektive und Hoffnung:
„Für mich war es eine große Chance hier wieder arbeiten zu dürfen. Seit langem wusste ich wieder einmal, wofür ich der Früh aufstehe. Auch finanziell war es besser, weil es auch Sonderzahlungen gibt. Am schönsten jedoch ist, dass ich seit ein paar Wochen nun in einem Betrieb aufgenommen wurde und dort ziemlich sicher bleiben kann!“
7. Station: Tierhandlung
„Tiere haben die schöneren ‚Seelen‘. Sie verurteilen einen nicht, und sie freuen sich, wenn ich wieder da bin. Mit einem Buch und meiner Katze zu Hause in meiner Wohnung, das ist für mich das Paradies.“
8. Station: Gesundheitseinrichtung
„Ich schäme mich immer, wenn ich ins Krankenhaus oder zum Arzt gehen muss. Im System scheint mein Dienstgeber auf. Und bei einer Untersuchung hat die Krankenschwester laut zu mir gesagt: Was dein Dienstgeber ist noch immer das AMS? Das haben alle Leute im Warteraum gehört.“
9. Station: Restaurantmeile
„Eine Familienfeier – das ist eine Quälerei. Man wird immer gefragt: Hast du schon eine Arbeit gefunden? Was tust du denn so mit deiner vielen freien Zeit?“
10. Station: Menschenrechtsbrunnen
Den Stadtrundgang beendeten wir beim Menschenrechtsbrunnen.
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
Artikel 23 Recht auf Arbeit, gleichen Lohn
- Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.
- Jeder, ohne Unterschied,hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
- Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.
- Jeder hat das Recht, zum Schutze seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.
Am 13. Juni und am 24. Juni 2024, jeweils um 15.30 Uhr wiederholen wir den Stadtrundgang. Da die Teilnehmer:innenanzahl begrenzt ist, bitten wir um Ihre Anmeldung an barbara.mitterndorfer-ehrenfellner@dioezese-linz.at.
Presseerklärung zum Tag der Arbeitslosen 2024 der KAB Österreich
Aktionsgemeinschaft "Tag der Arbeitslosen OÖ"
Alternative, Grüne und Unabhängige Gewerkschafter:innen, Bischöfliche Arbeitslosenstiftung, Caritas OÖ, Katholische Arbeitnehmer:innen Bewegung OÖ, Katholische Jugend OÖ, migrare, Österreichischer Gewerkschaftsbund, Solidarwerkstatt, Sozialplattform OÖ, Verein für Sozial- und Gemeinwesenprojekte, Verein arbeitslos. Selbstermächtigt, Volkshilfe OÖ.