Politiker:innengespräche zum Tag der Arbeitslosen
Am 26. 04. 2023 kamen Klubobfrau Sabine Engleitner-Neu, SPÖ, Klubobmann Felix Eypeltauer, NEOS, Landtagsabgeordnete Ulrike Schwarz und Landtagsabgeordnete Ines Vukajlović, Grüne, unserer Einladung zu einem Gespräch in kleiner Runde nach. In den Räumlichkeiten der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung wurden die Themen und Forderungen der Aktionsgemeinschaft zum Tag der Arbeitslosen besprochen, die auch am Aktionstag selber - 28.04. von 11 bis 16 Uhr - am Martin-Luther-Platz, Linz zentral sein werden.
Die Forderungen der Aktionsgemeinschaft
Jugendliche
Nach wie vor finden zahlreiche junge Menschen nach der Pflichtschule keinen Lehrplatz, obwohl viele Lehrstellen unbesetzt sind. Die Erfordernisse oder Vorstellungen der Betriebe passen oft nicht mit dem zusammen, was lehrstellensuchende junge Menschen mitbringen. Besonders oft werden Bewerbungen von Jugendlichen mit Migrationshintergrund nicht berücksichtigt. Der Eindruck, nicht gebraucht zu werden, hat in diesem Lebensalter langanhaltende negative Folgen, etwa für das Selbstbewusstsein und erschwert es sehr, die Motivation aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus sind Erfahrungen des Ausgegrenzt-Seins eine Hypothek für unsere Gesellschaft und für die Beteiligung an der Demokratie.
Die Corona-Krise hat erhebliche Folgen für die psychische Gesundheit, insbesondere für ausgrenzungsgefährdete Jugendliche. Persönliche Engpässe oder belastende familiäre Situationen erzeugen vielschichtige Problemlagen, welche allein kaum zu bewältigen sind.
Es braucht daher auch mehr Betreuungsplätze mit professioneller und auch psychotherapeutischer Unterstützung für den Einstieg in die Arbeitswelt. Um allen Jugendlichen eine Chance auf einen für sie passenden Berufseinstieg zu geben, braucht es den Ausbau des überbetrieblichen Ausbildungsangebotes samt anschließender Arbeitsplatzperspektive (Beschäftigungsgarantie).
Um die Diskriminierung von lehrstellensuchenden jungen Menschen in Ausbildungs- und Orientierungskursen abzuschaffen, muss auch ihnen der Anspruch auf das günstige Jugendticket-Netz gewährt werden.
Langzeitarbeitslose Menschen
Eine der wichtigsten und größten Herausforderungen für die Arbeitsmarktpolitik ist der Kampf gegen Langzeitarbeitslosigkeit. Auch in Zeiten von Arbeitskräftemangel in vielen Branchen ist es notwendig, Menschen, die von langer Arbeitslosigkeit betroffen sind, bestmöglich zu unterstützen. Aktuell sind knapp über 390.000 Menschen ohne Arbeit, das ist eine erschreckende Zahl. In vielen Fällen ist Qualifikation der Schlüssel zurück auf den Arbeitsmarkt.
Wir brauchen viel mehr Geld für Arbeitsmarktpolitik. Geld, das in eine aktive Arbeitsmarktpolitik fließt, ist sinnvoll angelegt. Projekte wie die Umweltstiftung, Pflegestiftungen oder Initiativen, um Langzeitarbeitslose und Menschen mit Beeinträchtigungen in den Arbeitsmarkt zu integrieren, könnten gestärkt und intensiviert werden.
Es braucht eine individuelle passgenaue Unterstützung. Arbeitsuchende, die sich beruflich neu orientieren müssen bzw. wollen, brauchen eine wertschätzende, persönliche und auf die Lebensumstände abgestimmte Beratung. Für eine solche vertrauensvolle Beziehung brauchen die AMS-Mitarbeiter:innen genug Zeit, um sich mit den Bedürfnissen, Kompetenzen und Einschränkungen der Betroffenen intensiv auseinanderzusetzen zu können. Menschen sind motiviert, veränderungswillig und mutig, wenn sie Perspektiven bekommen.
Frauen mit Kindern
Wenn Kinderbetreuungsplätze fehlen, sind es meist Frauen, die die Arbeit unbezahlt zu Hause übernehmen. Das ist der Hauptgrund für die hohe Teilzeitquote bei Frauen, die wiederum zu einem besonders niedrigen Arbeitslosengeld und in weiterer Folge zu Altersarmut führt.
Die Teilzeitquote bei Frauen muss verringert werden, aber mit den richtigen Maßnahmen. Die Kinderbetreuung soll so organisiert werden können, dass sie sowohl mit Ausbildungen als auch mit Berufstätigkeit vereinbar ist. Und, es braucht dazu entsprechende Ausbildungsmodelle, beispielsweise für den Pflegebereich, die zur Kinderbetreuung passen.
Für die Vereinbarkeit von Familie, Ausbildung und Beruf ist - auch in den Landgemeinden - eine flächendeckende, leistbare, bestenfalls kostenlose Kinderbetreuung notwendig. Um das zu ermöglichen, braucht es noch deutlich mehr Maßnahmen, um die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter:innen in den Kinderbetreuungseinrichtungen zu verbessern und den Beruf dadurch attraktiver zu machen. Denn nur mit ausreichend Personal kann auch ein entsprechender Ausbau stattfinden.
Totalsperren des Arbeitslosengeldes abschaffen
Sperren des Arbeitslosengeldes durch das AMS, weil von arbeitslosen Menschen eine als zumutbar eingeschätzte Stelle nicht angenommen wurde, haben in letzter Zeit stark zugenommen. Dabei wird das Arbeitslosengeld für 6 oder 8 Wochen völlig gestrichen. Im Vergleich mit einer Geldstrafe bei einer strafrechtlichen Verurteilung entspricht dies einer unbedingten Strafe von 42 bzw. 56 Tagsätzen.
Das ist eine existenzbedrohende und menschenunwürdige Bestrafung, die bewirkt, dass der Druck auf die arbeitssuchenden Menschen enorm steigt und der Versicherungsschutz aufgeweicht wird.
Daher sind die Sanktionen mit einer völligen Sperre des Bezuges abzuschaffen. Mehr qualifizieren statt sanktionieren muss das Motto in der Betreuung arbeitsloser Menschen sein.
Armut verhindern
Das Arbeitslosengeld ersetzt arbeitslosen Menschen 55 Prozent ihres früheren Nettoeinkommens. Das bedeutet gerade für Menschen, die zuvor nur ein geringes Einkommen bezogen haben, dass sie in die Armut abrutschen. Dazu kommen die aktuellen Teuerungen bei den Lebenserhaltungskosten. Der durchschnittliche AMS-Bezug in Oberösterreich liegt deutlich unter der Armutsgefährdungsschwelle. 57 Prozent der Menschen, die ein Jahr und mehr arbeitslos waren, sind armutsgefährdet.
In vielen Fällen ist das Einkommen während einer Arbeitslosigkeit nicht armutsfest, was bedeutet, dass Menschen plötzlich nicht mehr in der Lage sind, ihre Fixkosten zu decken. Der dadurch entstehende psychische Druck und die Existenzangst lähmen. Die Menschen sind damit beschäftigt, sich zu überlegen, wie sie nun über die Runden kommen sollen. Die Energie, die eigentlich in die Suche nach einem neuen Arbeitsplatz fließen könnte, ist dafür gebunden, Lösungen für Miete, Lebensmitteleinkauf etc. zu finden.
Eine stabile Einkommenssituation, die Sicherheit gibt, alles zum Leben Notwendige bezahlen zu können, ist oft die Voraussetzung dafür, dass Menschen überhaupt erst aktiv werden können und sich beruflich (neu) orientieren können. Daher fordern wir eine Anhebung der Nettoersatzrate auf 70% sowie eine Teuerungsanpassung bei bereits laufenden Leistungen.