Pressegespräch zum Tag der Arbeitslosen
Traditionell wird am 30. April der „Tag der Arbeitslosen“ begangen. Dabei machen Organisationen, die mit arbeitslosen Menschen und für sie arbeiten, auf deren Anliegen und Forderungen aufmerksam. Ziel dieses Aktionstags: für die Situation arbeitsloser Menschen zu sensibilisieren und so deren Diskriminierung und Stigmatisierung entgegenzuwirken.
Die Bischöfliche Arbeitslosenstiftung der Diözese Linz, die 1987 von Bischof Maximilian Aichern gegründet wurde, ist Anlaufstelle für Hilfesuchende. Am 25. April 2023 lud Geschäftsführer Christian Winkler zum Pressegespräch mit Bischof Manfred Scheuer, Andreas Stangl, ÖGB-Landesvorsitzender und Teilnehmenden aus dem Jugendprojekt JU-CAN.
Das Projekt JU-CAN der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung unterstützt Jugendliche im Alter von 16 bis 24 Jahren, die langzeitarbeitslos oder von Langzeitarbeitslosigkeit bedroht sind und deren Einstiegschancen in die Arbeitswelt gering sind. Die ganzheitliche Betreuung umfasst Arbeitstraining in der Küche und im Service, Bewerbungstraining und Coaching. Die Stärkung des Selbstvertrauens sowie die Förderung sozialer Kompetenzen stehen im Mittelpunkt, um mit den Teilnehmer:innen eine realistische berufliche Perspektive zu entwickeln.
Bischof Scheuer: „Gute Arbeit wesentlich für Selbstverwirklichung von Menschen“
Bischof Manfred Scheuer: „In den letzten Wochen und Monaten war sehr häufig die Rede davon, wie Arbeitszeit zu gestalten ist, welche Bedeutung Arbeit für Einzelne, aber auch für die gesamte Gesellschaft hat. Arbeitslosigkeit ist eine Belastung für Menschen, ihre Beziehungen und auch, was die Gesundheitsfrage anlangt. Insofern ist gute Arbeit wesentlich für Selbstverwirklichung von Menschen, wichtig für soziale Freundschaften, aber auch dafür, Gesellschaft zu gestalten und – im guten Sinn – die Welt auch zu verbessern. Arbeit gehört ganz entscheidend zum Kitt einer Gesellschaft dazu – gerade auch in einer Demokratie. Mit der Arbeit ist trotz aller Belastungen und Anstrengungen eine Wertschätzung verbunden. Wir beziehen das Selbstbewusstsein und -wertgefühl – nicht allein – aber doch auch aus der Arbeit. Auch die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft wird durch Arbeit mitbestimmt. Entsprechend schwierig ist die Situation derer, die arbeitslos sind und sich schwertun, adäquate Arbeitsstellen zu finden.“
Was gesellschaftlich oft fehle, sei die Hochschätzung des anderen, ein grundsätzliches Wohlwollen für ihn oder sie und seine:ihre Anliegen und die Achtung seiner:ihrer Person, erläuterte der Bischof weiter. „Wir wissen aus Erfahrung: Solch grundsätzliches Wohlwollen wirkt Wunder, kann beleben und ein Weckruf sein, um Fähigkeiten zu entfalten. Gerade junge Menschen brauchen Lebensmut und Lebensfreude, Selbstwissen, Selbstachtung und Selbstvertrauen. Junge Menschen müssen wissen, wer sie sind, was sie wollen, was sie können, wenn sie im Leben einen guten Weg gehen möchten. ,Du kannst etwas! Wir brauchen dich! Du gehörst dazu!‘“, bekräftigte Scheuer. „Hier im Projekt JU-CAN der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung wird auf junge Menschen geschaut, die schwierige Lebenssituationen zu meistern haben – im familiären und sonstigen privaten Umfeld. Nicht wenige leiden unter psychischen Erkrankungen. Diese jungen Menschen in ihrer Würde zu stärken ist ein vordringliches Anliegen von JU-CAN“, erklärte Scheuer.
Zwar sei gemäß Andreas Stangl, Vorsitzender des ÖGB Oberösterreich, die Situation am Arbeitsmarkt „hervorragend. Dennoch gibt es Menschen, die keine Arbeit finden. Was auf den ersten Blick paradox erscheint, liegt aber in den meisten Fällen nicht an mangelnder Motivation, zu arbeiten. Jährlich gibt es 558.138 Arbeitsaufnahmen in unselbständige Beschäftigung aus der Arbeitslosigkeit. Von Arbeitsunwilligkeit kann angesichts dieser Zahlen keine Rede sein. Vielmehr sind es strukturelle Probleme, die arbeitslosen Menschen zu schaffen machen. (…) Im Bereich der jungen Menschen haben wir ein großes Potential. Ein Blick in die Arbeitslosenstatistik eröffnet, dass 450 Jugendliche ihren Wunschberuf nicht erlernen können. Zusätzlich sind über 4.500 junge Menschen bis zu einem Alter von 24 Jahren jährlich von Arbeitslosigkeit betroffen. Es muss unser Ziel sein, Ausbildungsabbrüche zu verhindern. Großer Handlungsbedarf besteht in jenen Lehrberufen, in denen fast die Hälfte der Lehrlinge die Ausbildung nicht positiv zu Ende bringen“, so Stangl.
Neue Perspektiven durch JU-CAN
Das Projekt JU-CAN leistet hier wertvolle Hilfestellung: Die Jugendlichen Nico Haider und Isabella Freilinger schildern ihre Erfahrungen: „Wir haben die Möglichkeit, dass wir bei der Arbeitssuche unterstützt werden. Gemeinsam mit den Trainer:innen schreiben wir Bewerbungen, besuchen Workshops und absolvieren Einzelgespräche“, erzählen die beiden. Neben den Workshops wird auch gemeinsam gekocht, was insbesondere Nico sehr schätzt. Er sieht sich in Zukunft in einem „kreativen Beruf“ und möchte als Musiker selbstständig werden. Isabella wünscht sich eine Ausbildung als Lackiertechnikerin oder Gerichtsmedizinerin. Zudem hat sie vor Kurzem als Einrichtungsberaterin geschnuppert – die positiven Rückmeldungen hätten sie in ihrer Berufsfindung gestärkt, erzählt die Jugendliche. Darüber hinaus lerne man durch den Austausch mit den Trainer:innen und anderen Jugendlichen viel voneinander, sind sich die beiden Projektteilnehmer:innen einig.