Gottesdienstvorschlag
Einleitung
Im heutigen Evangelium sagt Jesus von sich: Ich bin die Tür. Durch welche Türen sind Sie heute bereits gegangen? Hat Ihnen heute schon jemand bereitwillig die Tür geöffnet?
Arbeitssuchende Menschen klopfen an viele Türen – oftmals vergeblich. Ihre Lebensrealität wollen wir heute rund um den Tag der Arbeitslosen (30. April) und dem Tag der Arbeit (1. Mai) in den Blick nehmen.
Öffnen wir uns für die Gegenwart Gottes und beten wir im Kyrie:
Kyrie – Variante 1:
Jesus Christus, du schenkst jedem Menschen Aufmerksamkeit und Ansehen.
Du bist die Tür zu einem Leben in Fülle. Herr erbarme dich.
Du bist auch dann bei uns, wenn alle Türen wie verschlossen erscheinen,
wenn wir zweifeln und wenn es uns schwerfällt, an deine Liebe zu glauben.
Christus erbarme dich.
Du öffnest uns Türen zum Leben und öffnest dich für uns. Herr erbarme dich.
Kyrie – Variante 2:
Jesus Christus, arbeitssuchende Menschen stehen vor verschlossenen Türen. Arbeitslosigkeit verursacht tiefes Leid, das oft nicht gesehen wird. Herr erbarme dich.
Jesus Christus, die Kluft zwischen Arbeitenden und Arbeitslosen ist wie eine zugeschlagene Tür, scheint oft unüberwindbar und wird stillschweigend toleriert. Christus erbarme dich.
Jesus Christus, wir erleben ein Festhalten an wenig hilfreichen Mechanismen und zu wenig Mut, neue Türen zu öffnen und befreiende Wege zu gehen. Herr erbarme dich.
Predigt - Wenn Türen verschlossen bleiben: Arbeitslosigkeit führt zu Armut
Vor einigen Jahren erhielt ich einen Bildkalender. Auf jedem der 12 Kalenderblätter ist eine andere Tür abgebildet: bunt, individuell, reich verziert, einfach und abgenützt, aus Holz, aus Eisen, geschlossen, geöffnet. Ich stellte mir die Frage: Was ist wohl hinter diesen Türen?
Türen können abgrenzen, sichern und andere ausschließen. Ich kann einem anderen Menschen die Tür vor der Nase zuschlagen und er oder sie ist draußen, für jetzt oder für immer, tatsächlich oder im übertragenen Sinn. Oder ich kann eine Tür öffnen, gastfreundlich sein, zuhören, jemanden willkommen heißen, ihm oder ihr eine Chance geben und mich auf die konkrete Lebenssituation einlassen.
Tagtäglich gehen wir ganz selbstverständlich durch viele verschiedene Türen, ohne zu überlegen. Es gibt Türen, an die wir mit bestimmten Erwartungen anklopfen und etwas erhoffen, von dem wir nicht wissen, ob es eintrifft. Es gibt wohl auch Türen, an die wir voll Angst klopfen, weil vielleicht vieles in unserem Leben davon abhängt, was hinter dieser Tür geschieht. Es gibt Türen, die gehen von selbst auf und es gibt Türen, die bleiben verschlossen.
Wenn Türen verschlossen bleiben, so ist damit auch Ablehnung und der Abbruch von Kontakt und Beziehung verbunden. Eine Erfahrung, mit der arbeitssuchende Menschen vielfach konfrontiert sind.
Viele offene Stellen und gleichzeitig viele arbeitslose Menschen – wie ist das möglich?
Nach wie vor gibt es zahlreiche arbeitslose Menschen, die aufgrund ihres Alters, gesundheitlicher Probleme, mangelnder oder nicht nachgefragter Qualifikation kaum Chancen auf eine der offenen Stellen haben. Arbeitslose Menschen trauen sich nach zahlreichen Absagen nichts mehr zu, Betriebe suchen aber belastbare Arbeitskräfte. Für Alleinerziehende mit kleinen Kindern ist die Arbeitssuche auch mit der Frage der Kinderbetreuung verbunden. Die Bischöfliche Arbeitslosenstiftung begleitet arbeitslose Menschen bei ihrer persönlichen Stabilisierung, bei der Stärkung ihres Selbstwertes und auf dem Weg in die Arbeitswelt.
Arbeit und Selbstwert
Dass wir einen guten Teil unseres Selbstwertgefühls aus Leistung und Arbeit beziehen, ist tief in uns verankert. Was wir können, das zeichnet uns aus, das hebt uns von anderen ab. Bezahlte Arbeit, unbezahlte Arbeit oder eben keine Arbeit: das ist ein wesentlicher Teil unserer Lebensrealität.
Den Wert und die Würde des Arbeitens betont Papst Franziskus wenn er sagt:
„Arbeiten erlaubt dem Menschen sich selbst zu verwirklichen, soziale Freundschaften zu pflegen und die Welt zu verbessern. Wir leben in einer Epoche, die - trotz der technologischen Fortschritte (…) - die Erwartungen teilweise enttäuscht hat, was Gerechtigkeit in der Arbeitswelt betrifft. Dabei gehört Arbeit entscheidend zum Kitt einer Gesellschaft, erst recht in einer Demokratie.“ 1
Wenn Menschen ihre Arbeit verlieren, werden viele Türen zugeschlagen, geht vieles zu Bruch: Nicht gebraucht zu werden, nicht gefragt zu sein und nicht beachtet zu werden, ist eine der schlimmsten und schmerzlichsten Erfahrungen. Keine Arbeit zu haben, heißt auch, einen Teil der eigenen Identität zu verlieren. Dazu kommt, dass arbeitslose Menschen in die Armutsfalle schlittern. Finanzielle und soziale Armut hängen eng zusammen.
Arbeitslose Menschen in der Armutsfalle
Sieht man sich an, wie wenig Geld arbeitslose Menschen im Monat zur Verfügung haben, zeigt sich, dass fast alle Betroffenen an der Armutsgrenze leben. Die Folge ist eine chronische Notsituation, die kaum zu bewältigen ist. Die Lösung wäre ein existenzsicherndes Arbeitslosengeld, das auch arbeitslose Menschen an der Gesellschaft teilhaben lässt und ihnen ein Auskommen sichert. Längere Arbeitslosigkeit verursacht Stress, der sich auf die seelische Gesundheit auswirkt. Betroffene brauchen besondere Unterstützungsprogramme, die sich an ihren Bedürfnissen orientieren. Hier setzt die Bischöfliche Arbeitslosenstiftung an.
Bischöfliche Arbeitslosenstiftung - Unterstützung ganz konkret
Herr C. kann aufgrund schmerzhafter Rückenprobleme nur einen Arbeitsplatz annehmen, wo er abwechselnd im Sitzen und im Stehen arbeiten kann. Herr C. wird als arbeitsunwillig eingestuft, weil er drei Stellenangebote nicht angenommen hat, die seiner Gesundheit enorm geschadet hätten. Sein Arbeitslosengeld wird gesperrt. Freunde unterstützen ihn finanziell, damit er seine Miete und Fixkosten bezahlen kann. Aber wie lange noch?
Die Angst, das Leben nicht mehr finanzieren zu können, ist groß und belastet ihn psychisch schwer. Seine Hoffnung, ein eigenständiges Leben führen zu können, gibt er aber (noch) nicht auf. Aus gesundheitlichen Gründen traut er sich aber keine Vollanstellung zu, da seine Angst, die Arbeit und die geforderte Leistung nicht zu schaffen, zu groß ist. Wenn Herr C. nicht schnell Arbeit findet, wird er bald seine Wohnung verlieren. Er sagt: „Meine Probleme sind so groß. Ich weiß nicht, wie ich es da herausschaffen soll.“ 2
Mitarbeiter:innen der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung arbeiten in der Beratung gemeinsam mit Herrn C. an den Problemen und begleiten ihn bei seinen nächsten Schritten, sie öffnen somit Türen.
Türöffner sein
Türöffner sind Menschen, die es schaffen eine heikle, schwierige Situation so zu gestalten, dass Menschen - trotz aller Belastungen - wieder an eine positive Zukunft glauben können. Sie schaffen Räume, wo herausfordernde Themen besprochen und bearbeitet werden. Sie sind eine wichtige Stütze für die Betroffenen.
Jesus sagt: „Ich bin die Tür.“
Im heutigen Evangelium verwendet Jesus das bekannte Bildwort vom Hirten und präzisiert es, wenn er sagt: „Ich bin die Tür.“
Das drückt aus: Jesus lässt sich auf die Menschen ein, er heißt sie willkommen, wie mühselig und beladen sie auch sind, er öffnet sich für sie - vorbehaltlos und ohne vorschnell zu urteilen.
Jesu Art auf Menschen zu zugehen, sie als Gottes geliebte Kinder anzunehmen, verleiht Würde und Ansehen. So wie Jesus das Reich Gottes verkündet, sind auch wir Christinnen und Christen aufgerufen, uns für ein menschenwürdiges Leben einzusetzen. Das bedeutet Rahmenbedingungen und Gegebenheiten nicht einfach hinzunehmen sondern nach Veränderungsmöglichkeiten zu suchen.
Jesus selbst ist es, der uns dabei bestärkt und die Tür zum Glauben an das Reich Gottes öffnet, weil er uns zutraut, dass wir seine Botschafterinnen und Botschafter sind. Damit alle Menschen – arbeitende und derzeit arbeitssuchende – das Leben haben und es in Fülle haben.
Fürbitten
Gott, wir leben in einer Zeit des Umbruchs, in der vieles neu gestaltet wird. Unsere Sorgen und Bitten bringen wir voll Vertrauen zu dir:
Für alle arbeitsuchenden Menschen in unserem Land und in unserer Gemeinde:
dass sich auch für sie Türen öffnen.
Für alle, die arbeiten möchten, aber aufgrund psychischer Belastungen und gesundheitlicher Einschränkungen keine passende Arbeit finden:
dass sie in ihrer schwierigen Situation nicht aufgeben.
Für alle Arbeitssuchenden, die nach zahlreichen Absagen das Vertrauen ins Leben verloren haben und die an der Armutsgrenze leben: dass sie Unterstützung finden.
Für alle Menschen, die sich vorschnell ein Urteil über Arbeitslose bilden: dass sie die konkrete Situation von Arbeitssuchenden wahrnehmen und sich davon berühren lassen.
Für die Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft: dass sie in der Gestaltung der Rahmenbedingungen auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen und jeder Mensch eine Chance auf eine Arbeit und ein Leben in Würde hat.
Für alle, die sich für Gerechtigkeit in der Welt einsetzen: dass sie in ihren Anstrengungen nicht müde werden.
Barmherziger Gott, als Christinnen und Christen sind wir aufgerufen die Welt mitzugestalten. Sei uns nahe durch deinen Sohn Jesus Christus. Darum bitten wir heute und in Zeit und Ewigkeit. Amen.
(Schluss)Gebet
Gott, du hast uns gerufen, die Welt mitzugestalten.
Schenke uns tatkräftige Hände, die Türen öffnen für Menschen in Not.
Schenke uns einen wachen Verstand, um aufzustehen gegen Ungerechtigkeiten nah und fern.
Schenke uns hellhörige Ohren, die wahrnehmen, was in der Welt geschieht.
Gott, schenke uns ein achtsames Herz, das deine Botschaft weiterträgt.
Darum bitten wir dich durch deinen Sohn Jesus Christus heute und in Zeit und Ewigkeit. Amen
Meditationstext (nach der Kommunion): Ich bin die Tür
an die Tür zum Leben klopfen
auf geöffnete Ohren hoffen
auf Wertschätzung warten
mit Geduld ausharren
an der Tür zum Leben ankommen
sich einbringen, wahrgenommen werden
mit meinen Fähigkeiten mitgestalten
selber zur Tür werden
einladend sein
Verständnis zeigen
Zukunft ermöglichen
Ich bin die Tür - ich bin das Brot
Ich bin der Weg - ich bin das Leben
Jesus, in unserer Mitte
Segen
Gott segne dich, dass sich jeden Tag für dich eine Tür öffnet:
dass das Leid von gestern, und die Angst vor morgen, ihre Schrecken verlieren.
Gott segne dich, dass du durch Türen gehst:
dass du Begegnung erlebst, Wertschätzung erfährst, deine Talente erkannt werden
und du jedem Morgen mit Vertrauen entgegensiehst.
Gott segne dich, dass du ankommst an der Tür zum Leben:
dass dir aus gelungenen Erfahrungen Freude und Kraft für die Zukunft erwachsen
und sich deine Sehnsucht erfüllt.
© Texte von Monika Weilguni, leitende Seelsorgerin Pfarre Linz-St. Konrad
1) Papst Franziskus bei einer Audienz für Gewerkschafter am 19. Dezember 2022 (abgerufen am 29. März 2023), https://www.vaticannews.va/de/papst/news/2022-12/papst-franziskus-arbeit-gewerkschaft-wuerde-ausbeutung-cgil.html
2) Christina Hochhauser, Referentin, berichtet aus der Beratung in der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung in: info Nr. 137, März 2023.