Arbeitslose Menschen in der Armutsfalle

421.000 Menschen waren Ende Dezember 2022 in Österreich arbeitslos und mussten mit dem Arbeitslosengeld, das nur 55% des letzten Einkommens beträgt, auskommen. Knapp über 1.000 Euro sind das durchschnittlich, das ist weit unter der Armutsgrenze. Dieser Durchschnittswert verdeckt aber viele menschliche Schicksale.
Finanzielle Armut
Besonders Niedrigverdiener:innen wie Frauen, jüngere Arbeitslose, gering Qualifizierte und Migrant:innen sind besonders betroffen. Die Armutsgefährdung ist bei arbeitslosen Menschen 3- bis 4-mal höher als bei Beschäftigten. Unerwartete Ausgaben sind für über 75% der Betroffenen existenzbedrohend, besagt eine Studie von Sozialwissenschafter Emmerich Tálos.
Wir erleben alle, dass durch die weltweiten Krisen unser Leben immer teurer wird. Bei arbeitslosen Menschen wirken sich die Teuerung und ihre Folgen noch dramatischer aus. Viele Mieten wurden mehrmals im Jahr erhöht. Die Zahl der Delogierungen steigt rasant an. Auch die Energiekosten sind 2- bis 3-mal so hoch geworden und sind für viele unbezahlbar. Den Betroffenen bleibt nichts anderes übrig als sich Geld auszuborgen, das Konto zu überziehen oder das Bezahlen der Rechnungen aufzuschieben.
In der Armutsfalle sitzen arbeitslose Menschen nicht allein: Noch dramatischer trifft es über 400.000 Kinder, die in Armut aufwachsen und Ausgrenzung erleben, weil sie zum Beispiel nicht an Schulveranstaltungen und Freizeitaktivitäten teilnehmen können.
Soziale Armut
Längere Arbeitslosigkeit verursacht enormen Stress, der sich massiv auf die seelische Gesundheit auswirkt. Keine Arbeit zu haben heißt auch einen Teil der eigenen Identität zu verlieren. Denn mit der finanziellen Armut geht auch die soziale Armut einher. Oft nehmen die Betroffenen kaum mehr am gesellschaftlichen Leben teil. Hinzu kommen Schamgefühl und Hoffnungslosigkeit. Familie und Freunden von den Problemen durch die Arbeitslosigkeit zu erzählen, stellt aber eine große Hürde dar und ist für die Betroffenen sehr beschämend. Dauert die Arbeitslosigkeit länger, ist es trotz der vielen offenen Stellen fast unmöglich, eine Chance zu bekommen.
Bedürfnisorientierte Arbeitsmarktpolitik
Im Interesse der Betroffenen und der Unternehmen braucht es zukunftsweisende Unterstützungsprogramme, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. Die Politik ist gefordert sich den Grundproblemen von langzeitarbeitslosen Menschen zu widmen. Denn diejenigen, die bis jetzt noch keine Arbeit gefunden haben, brauchen intensivere Unterstützung und Begleitung. Es braucht Angebote von Seiten des AMS, die eine stufenweise (Re-)Integration in die Arbeitswelt ermöglichen. Wichtig ist auch Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen während der ersten Beschäftigungsmonate professionell zu begleiten, um frühzeitig mögliche Schwierigkeiten zu erkennen und so ein eventuelles Scheitern zu verhindern.
Die Mitarbeiter:innen der Bischöflichen Arbeitslosenstiftung setzen dies in ihrer tagtäglichen Arbeit um. So bekommen Betroffene wieder Hoffnung und Mut für ein gutes und selbstbestimmtes Leben.
Unterstützung ganz konkret
Christina Hochhauser, Referentin, berichtet aus der Beratung in der Bischöfliche Arbeitslosenstiftung.
Herr C. kann aufgrund schmerzhafter Rückenprobleme nur einen Arbeitsplatz annehmen, wo er abwechselnd im Sitzen und im Stehen arbeiten kann. Herr C. wird als arbeitsunwillig eingestuft, weil er drei Stellenangebote nicht angenommen hat, die seiner Gesundheit enorm geschadet hätten. Sein Arbeitslosengeld wird gesperrt. Freunde unterstützen ihn finanziell, damit er seine Miete und Fixkosten bezahlen kann. Aber wie lange noch?
Die Angst, das Leben nicht mehr finanzieren zu können, ist groß und belastet ihn psychisch schwer. Seine Hoffnung, ein eigenständiges Leben führen zu können, gibt er aber (noch) nicht auf. Aus gesundheitlichen Gründen traut er sich aber keine Vollanstellung zu, da seine Angst, die Arbeit und die geforderte Leistung nicht zu schaffen, zu groß ist. Wenn Herr C. nicht schnell Arbeit findet, wird er bald seine Wohnung verlieren. Er sagt: „Meine Probleme sind so groß. Ich weiß nicht, wie ich es da herausschaffen soll.“ In unserer Beratung arbeiten wir gemeinsam an den Problemen und begleiten ihn bei seinen nächsten Schritten in eine positive Zukunft.
Der Textauszug stammt aus der Zeitschrift info 137 | März 2023.