Mittwoch 18. Dezember 2024

Bericht der Gesellschaftspolitischen Tagung

GPT, Puchberg, Geschichte, Wiederholung

Bericht über die Gesellschaftspolitische Tagung im Bildungshaus Schloß Puchberg vom 26. März 2017

Parolen, Politik und Propaganda erinnern heute an unselige Regime der 1930er- und 40er-Jahre. Besteht die Gefahr, dass autoritäre Regierungsformen groß werden in Europa und Menschenrechte mit Füßen treten? Wohin führen diese Tendenzen, und was können wir dem entgegenstellen?

 

Dr.in Brigitte Kepplinger von der Johannes Kepler Universität Linz zeigte anhand eines historischen Aufrisses, dass die Problemzonen und Kritikpunkte des Parlamentarismus heute ähnliche sind, wie in den 1920er Jahren:

  • Obstruktion, d.h. Dinge werden verschleppt, gestört oder verhindert und die Demokratie verliert Ansehen. Kritik ist wichtig, ein Verächtlich-machen und Behindern aber sehr gefährlich.
  • Vorwurf der „Parteienherrschaft“
  • Vorwurf der „Führerauslese“ – dass nicht die Besten, sondern die Parteifunktionäre in Führungspositionen gelangen
  • Nur eine direkte Demokratie sei eine wahre Demokratie

 

Im Kontext der wirtschaftlichen Krise der 1930er Jahre steigt die Akzeptanz für autoritäre Lösungen. Ein ähnliches Phänomen ist auch heute zu beobachten. Auch wenn die Not derzeit geringer ist, lassen heutige gesellschaftliche Verhältnisse Menschen nach einfachen, vorgegebenen Lösungen suchen.

 

Nach 1945 war einer Mehrheit klar, dass es keinen Krieg und Faschismus mehr geben soll, und deshalb wurden Gegenstrategien entwickelt: die Stabilisierung der Wirtschaft, eine Einhegung des Finanzkapitalismus, Vollbeschäftigung, hohes Wirtschaftswachstum und soziale Sicherheit. Auch die Erklärung von Philadelphia und das Abkommen von Bretton Woods (jeweils 1944), sowie die Gründung der Vereinten Nationen (1945) und die Erklärung der Menschenrechte (1948) waren Maßnahmen zur Stabilisierung. Auch die Europäische Union als Friedensprojekt sollte ihres dazu beitragen.

 

Die 70-er Jahre brachten jedoch eine Trendumkehr und vieles, was nach dem Zweiten Weltkrieg für eine Stabilisierung gemacht wurde, wurde bekämpft: 1973 kam es zur Abkehr von Bretton Woods, und als ökonomische Gegenoffensive wurde der Neoliberalismus propagiert. Viele bekannte Ökonomen wettern gegen den Parlamentarismus, was typisch ist für die Zeit des Aufstiegs des Neoliberalismus.

 

Auf die Systemkrise 2007/2008, in der die Arbeitslosigkeit gestiegen ist, viele KleinanlegerInnen in den Ruin getrieben wurden und es zur Finanzkrise kam, war die Renaissance des Nationalismus eine klare politische Konsequenz. Und so haben wir heute wieder ein radikales In-Frage-stellen des Parlamentarismus (z.B. Roland Düringer) und ein steigendes Sympathisieren mit autoritären Lösungen. Ein Erstarken rechtspopulistischer Parteien und Bewegungen lässt eine Parallele zu den 1920-er Jahren erkennen.

Ein Unterschied ist, dass sie sich heute nationale Narrative der Geschichte bedienen können, um sie für ihre Zwecke zu verwenden. So wird die Erinnerungskultur an den Nationalsozialismus für eine Renationalisierung missbraucht. Auch wenn inhaltliche Parallelen gezogen werden können, haben sich doch die Methoden weiterentwickelt. Die sozialen Medien nehmen eine zentrale Rolle ein, dort wird zum einen die eigene Meinung gefestigt, weil man sich oftmals in eine sogenannten Blase aufhält, und zum anderen ist eine Verbreitung schnell und in großem Maße möglich. Twitter wird von vielen PolitikerInnen als „Methode direkter Demokratie“ verstanden und damit gerechtfertigt, dass man die „Lügenpresse“ bekämpfen muss.

 

Wird uns die Politik/ das System zu wenig erklärt? Frau Kepplinger meint, es sei einerseits natürlich die Aufgabe der Politik, Erklärungen zu geben, aber andererseits eine Demokratie mündige StaatsbürgerInnen brauche, die sich einbringen, aktiv einfordern und sich beteiligen. Als Voraussetzung für solche aktive und mündige BürgerInnen sieht sie vermehrte politische Bildung.

 

Nach dem historischen Teil am Vormittag wurde am Nachmittag in drei Gruppen konkreter gearbeitet.

Dr.in Kepplinger legt in ihrem Workshop dar, wie wichtig es neben der politischen Bildung ist, eine demokratische Haltung zu leben und einzuüben. Bereits im Kindesalter können demokratische Prinzipien und Prozesse eingeübt werden. Die Grundprinzipien der Demokratie - Wahl und Entscheidung - gehören bereits im Kleinen aufgezeigt und gelebt (Bsp. SchulsprecherInnen, Familienkonferenzen). Eine zentrale Frage ist, wie man Populisten mit demokratischen Mitteln stoppen kann.

 

Im Workshop „Wie ist kreativer Widerstand möglich“ mit Dr. Robert Eiter wurden viele konkrete Möglichkeiten aufgezeigt, wie man populistischen Tendenzen entgegentreten kann. Die Ideen reichen vom Besuch eines Zivilcouragetrainings, um Strategien zu lernen und auszuprobieren, schreiben von Leserbriefen und Postings, über Straßenaktionen und Vernetzung, um Rückhalt und Informationen zu bekommen, hin zu Austausch mit ExpertInnen.

 

Herr Mag. Feierl-Giedenbacher beschäftigte sich in seinem Workshop mit der Rolle neuer Medien im politischen Diskurs. Wichtig sei, dass man sich Medienkompetenz erarbeitet, auch wenn man selbst in den sozialen Medien nicht aktiv ist, aber als politisch interessierter Mensch darf man den Anschluss nicht verlieren. Weiters empfiehlt er, sich mit anderen zu solidarisieren und gegenseitig zu unterstützen, damit man in den Weiten des Internets nicht allein und verloren ist. Und zu guter Letzt rät Herr Feierl-Giedenbacher dazu, so manchen Postings mit Humor zu begegnen, um Spannungen aufzulösen und mit anderen Mitteln zu überraschen.

 

Mag.a Michaela Wagner

Mag.a Angelika Gumpenberger-Eckerstorfer

 

Was kann ich gegen Hass im Netz tun?

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Ergebnis Diskussionen

 

GPT, Puchberg, Wiederholt sich die Geschichte
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