Mittwoch 18. Dezember 2024

Arbeit spaltet?! – Wie gelingt Solidarität in der aktuellen Arbeitswelt?

Das Forum mensch&arbeit und die Gesellschaftspolitische Tagung des Sozialreferats standen im Zeichen der Solidarität.

Gerechte Verteilung von Familien- und Pflegearbeit zwischen Männern und Frauen? Menschen mit Arbeitsvertrag gegen Menschen ohne Arbeitserlaubnis? Entweder Solidarität mit ÖsterreicherInnen oder internationale Solidarität? Die Spaltung innerhalb unserer Gesellschaft und insbesondere unserer Arbeitswelt wird aktuell durch politische und wirtschaftliche Interessen und VertreterInnen noch weiter verstärkt und vorangetrieben. Doch wie genau kommt es zu dieser Spaltung und was können wir als Zivilgesellschaft und als ArbeitnehmerInnen konkret dagegen tun? Wie lässt sich die Vision einer solidarischen Gesellschaft verwirklichen?
 
Mit diesen Fragen beschäftigten sich am Samstag, 23.03.2019, die ca. 50 TeilnehmerInnen des Forums mensch & arbeit und der Gesellschaftspolitischen Tagung des Sozialreferats der Diözese Linz, gemeinsam mit den vier ReferentInnen, Sandra Stern (Büro für Selbstorganisierung), Bernhard Leubolt (ksoe-Katholische Sozialakademie), Florian Preisig (Arbeiterkammer Salzburg) und Dieter Alexander Behr (Universität Wien). JedeR der ReferentInnen brachte sein Wissen in einem speziellen Bereich ein, der von dieser Tendenz der Spaltung betroffen ist. Im Rahmen von Vorträgen und Workshops wurde eine gemeinsame Analyse gemacht und konkrete Lösungsansätze erarbeitet.

Wie (un-)solidarisch sind wir?

Sandra Stern schilderte eindrücklich die Missstände in der aktuellen Asyl- und Arbeitsmarktpolitik. Trotz der Vielfalt unterschiedlicher Aufenthaltstitel (30), berechtigen nur 5 dazu sich in Österreich auf eine offene Stelle bewerben zu dürfen. Viele Inhalte in der Arbeits- und Asyldebatte werden populistisch und falsch interpretiert und verbreitet, wodurch eine Spaltung der Gesellschaft herbeigeführt wird.

Die Auswirkungen der Digitalisierung wurde von Bernhard Leubolt näher beleuchtet. Dabei spielen Individualisierung, Entgrenzung und Beschleunigung eine wesentliche Rolle. Privat- und Arbeitsleben werden immer mehr vermischt und der Druck permanent erreichbar zu sein steigt. Auf der anderen Seite stehen all jene, die mit diesem schnelllebigen Trend nicht mithalten können oder wollen.

Frauen sind noch immer häufiger in schlechtbezahlten Jobs tätig. Florian Preisig betonte die historische Komponente und wies darauf hin, dass Berufe oft erst dann schlecht bezahlt und weniger angesehen werden, wenn diese von Frauen ausgeübt werden. Zudem leisten Frauen noch immer den Großteil der unbezahlten Arbeit und arbeiten öfters Teilzeit. Die Folgen sind Altersarmut und Abhängigkeit.

Dieter Alexander Behr benennt als Hauptgrund für die Spaltung auf internationaler Ebene die „Imperiale Lebensweise“ eines kleinen Teils der Weltbevölkerung, der sehr wohlhabend ist und auf Kosten des ärmeren Teils der Weltbevölkerung lebt. Der von Ulrich Brand geprägte Begriff weist auf die Ausbeutung des globalen Südens hin, die aufgrund der verschwenderischen Lebensweise der BewohnerInnen, insbesondere des globalen Nordens stattfindet. Als eines der dringlichsten nennt er die Klimakrise, unter der jene am meisten leiden, die am wenigsten dazu beigetragen haben.

Wie können wir solidarisch sein und werden?

Was bedeutet es also solidarisch zu sein und welche konkreten Maßnahmen und Aktionen können gesetzt und durchgeführt werden? Als internationaler Aktivist weist Dieter Alexander Behr vor allem auf die innere Haltung hin, die im Kampf mit jenen die weniger begünstigt sind wesentlich ist: Eine der Solidarität und des Mutes. Zu lernen Konflikte auszuhalten, auszutragen und für seine eigenen Wertvorstellungen einzustehen, auch wenn der aktuelle gesellschaftliche Trend dem entgegensteht. Behr erzählte auch Geschichten des Erfolgs, in denen internationale Gewerkschaften durch Boykott die Wiedereinstellung von ArbeitnehmerInnen und eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen erreicht haben. Positive Geschichten der Solidarität zu erzählen, ist ein wesentlicher Punkt, der von vielen TeilnehmerInnen befürwortet wurde. Diese Geschichten braucht es, um eine positive Zukunftsvision zu entwickeln, die motivierend und bestärkend wirkt.

Die Vision einer solidarischen Gesellschaft, kann nach Sandra Stern nur dann verwirklicht werden, wenn wir unser Augenmerk wieder verstärkt auf unsere Mitmenschen und auf unsere Beziehungen legen. Wie gehen wir miteinander um und was brauchen die Menschen in meiner Umgebung, um ein gerechtes, erfülltes Leben zu führen? Dabei sollte natürlich auch der internationale Aspekt berücksichtigt werden, denn Solidarität macht nicht an nationalen Grenzen halt.

Ob beim Thema Digitalisierung, Gender, Internationale Solidarität oder prekäre Arbeitsverhältnisse, die Conclusio war dieselbe: Es braucht Druck von unten, Menschen, die positive Geschichten erzählen und leben, die Beziehungen pflegen und den Mut Solidarität als Wert zu verteidigen, auch wenn mit Gegenwind zu rechnen ist.
 
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