Samstag 21. Dezember 2024

Start der „Pass Egal Bundespräsidentschaftswahl“

SOS Mitmensch startet gemeinsam mit Kooperationspartner*innen eine „Pass Egal Wahl“-Aktion gegen den Ausschluss von 1,4 Millionen Menschen von der Bundespräsidentschaftswahl.

In allen Bundesländern wird es Wahllokale geben, in denen in Österreich niedergelassene Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft bis zum 4. Oktober symbolisch ihre Stimme für die Bundespräsidentschaftskandidaten abgeben können. Erstmals beteiligen sich auch zahlreiche Schulen an der Aktion.

 

Rekordzahl an hier lebenden Menschen von Wahl ausgeschlossen

„Demokratie lebt von Beteiligung, nicht von Ausschluss. Wenn eine Rekordzahl an hier lebenden Menschen von unserer Demokratie ausgeschlossen ist, dann ist das ein Problem. Dem wollen wir mit der Pass Egal Wahl und der Forderung nach einer demokratischen Öffnung entgegentreten“, erklärt Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch. Und Pollak weiter: „Wir wollen gemeinsam mit Betroffenen zeigen, dass es etwas Positives ist, wenn sich hier lebende Menschen demokratisch einbringen.“

 

Großteil der Betroffenen schon viele Jahre in Österreich

SOS Mitmensch verweist auf aktuelle Zahlen der Statistik Austria, wonach annähernd jede fünfte in Österreich lebende Person im Wahlalter aufgrund der Staatsbürgerschaft nicht an der Bundespräsidentschaftswahl teilnehmen darf. In Graz, Linz und Innsbruck ist es jede vierte und in Wien sogar jede dritte Person. Knapp die Hälfte der Betroffenen lebt laut den Daten der Statistik Austria schon länger als 10 Jahre in Österreich, ein Drittel sogar schon länger als 15 Jahre. Auch die Anzahl der Betroffenen, die in Österreich geboren sind, wachse kontinuierlich, so SOS Mitmensch.

 

Prof. Aslan: „Würde gerne die Geschicke dieses Landes mitbestimmen“

Zu den Betroffenen zählt der Wissenschaftler Prof. Selim Aslan, über dessen Fall zahlreiche Medien berichtet haben. Er lebt seit 35 Jahren in Österreich, aber sein Staatsbürgerschaftsantrag wurde dennoch kürzlich aufgrund „zu vieler“ Forschungsaufenthalte im Ausland abgelehnt, wodurch ihm auch das Wahlrecht verwehrt ist. „Für einen politisch denkenden Menschen, dem die Belange einer Gesellschaft wichtig sind, ist es nicht einsichtig und persönlich belastend, von jeglicher Mitgestaltung ausgeschlossen zu sein“, erklärt Aslan seine Unterstützung für die „Pass Egal Wahl“ von SOS Mitmensch. „Ich persönlich fühle mich Österreich eng verbunden und würde gerne die Geschicke dieses Landes mitbestimmen dürfen“, betont Aslan.

 

Isabelle Obeya: „Will mitbestimmen, wer mich politisch repräsentiert“

Auch Isabelle Obeya konnte, obwohl sie in Österreich zur Welt gekommen und hier zur Schule gegangen ist, aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft noch an keiner Wahl teilnehmen. „Ich habe keine Stimme. Ich verstehe nicht, warum meine Stimme nicht zählen soll. Ich arbeite hier, ich habe hier meine Matura gemacht und werde dennoch nicht als Österreicherin anerkannt. Das ergibt keinen Sinn“, erklärt Obeya. Es sei frustrierend für sie, dass sie nicht wählen dürfe, so die 23-Jährige. „Ich will mitbestimmen, wer mich politisch repräsentiert und welche Entscheidungen mein Land trifft. Deshalb unterstütze ich die Wahlaktion und die Forderungen von SOS Mitmensch“, betont Obeya.

 

Affenzeller: „Mehr als 40 Schulen halten Pass Egal Wahlen ab“

SOS Mitmensch-Geschäftsführerin Gerlinde Affenzeller berichtet darüber, dass sich erstmals auch mehr als 40 Schulen in ganz Österreich an der Wahlaktion von SOS Mitmensch beteiligen und eigene „Pass Egal Wahlen“ abhalten wollen. „Die Pass Egal Wahl in Schulen gibt jungen Menschen, die ins Wahlalter kommen und nicht wählen dürfen, die Möglichkeit, eine symbolische Wahl selbst mitzuerleben. Lehrer*innen, die ihnen im Demokratieunterricht erklären müssen, warum sie sich nicht beteiligen dürfen, wird damit ein Instrumentarium für den Umgang mit dem Demokratiedefizit angeboten“, erklärt Gerlinde Affenzeller, Geschäftsführerin von SOS Mitmensch.

 

HS-Prof. Lauß: „Wahlaktion unterstützt kompetenzorientierte, kritische Bildung“

Der Politikwissenschaftler und Hochschul-Professor Georg Lauß konstatiert eine schwierige Situation für schulische Politische Bildung angesichts des steigenden Anteils an Jugendlichen ohne Wahlrecht. „Die Politische Bildung steht vor der widersprüchlichen Situation, dass die Bedeutung von demokratischen Wahlen vermittelt werden soll und muss, obwohl die Stimmen eines substanziellen Anteils von Schüler*innen in Wirklichkeit nicht abgegeben werden dürfen“, so Lauß. Das Projekt „Pass Egal Wahl in Schulen‘‘ bezeichnet Lauß als „gelungenes Beispiel für kompetenzorientierte, kritische Bildung“. „Schüler*innen können so lernen, an der Gestaltung des politischen Systems gemeinsam mit anderen mitzuwirken und die ungleichen Voraussetzungen zur politischen Beteiligung zu hinterfragen“, erklärt Lauß.

 

Aktion der gelebten Demokratie - Stimmabgabe bis 4. Oktober

SOS Mitmensch sieht die „Pass Egal Wahl“ sowohl als „Aktion der gelebten Demokratie“ als auch als Vehikel für die Forderungen nach einem besseren Zugang zum Wahlrecht und zur Staatsbürgerschaft. Bis 4. Oktober können Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft bei der „Pass Egal Wahl“ ihre Stimme für die Bundespräsidentschaftskandidaten abgeben. Auch Solidaritätsstimmen von Menschen mit österreichischem Pass sind möglich. Informationen zu allen Wahlmöglichkeiten im Rahmen der „Pass Egal Wahl“ finden sich auf der Webseite www.passegalwahl.at 

 

Quelle: Start der Pass-Egal-Bundespräsidentschaftswahl! (sosmitmensch.at)
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