Auch Österreich hat ein unübersehbares und strukturelles Problem mit Korruption, und das bereits seit Jahrzehnten. Doch wie genau sehen die Folgen für unsere Menschenrechte aus und was können wir alle tun, um Korruption zu verhindern und unsere Rechte besser zu schützen? Der folgende Text liefert dir einen umfassenden Überblick zum Thema Korruption und möchte dich ermuntern, selbst einen ersten und den zugleich wichtigsten Schritt gegen Korruption zu setzen.
Die allgemeine Definition von Korruption lautet: “Korruption ist der Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“ (Definition von Transparency International). Das Wort „Korruption“ stammt vom lateinischen „corrumpere“, was mit„verderben“ aber auch mit „bestechen“ übersetzt werden kann. In der medialen Berichterstattung sowie in der öffentlichen Debatte wird am häufigsten politische Korruption thematisiert sowie Korruption in der Wirtschaft. Weiter gefasst kann Korruption überall dort stattfinden, wo Menschen ihnen übertragene Macht, Befugnisse oder Finanzmittel zum eigenen Vorteil verwenden können, anstatt zu ihrem intendierten Zweck. Das erfasst alle gesellschaftlichen Bereiche und kann etwa in der öffentlichen Verwaltung der Fall sein, in einem Verein sowie in jeglichen privaten und öffentlichen Institutionen.
Das Anbieten, Einfordern oder Versprechen eines Vorteils gilt als aktive Form der Korruption, während die Annahme eines solchen Vorteils (Bestechlichkeit) passive Korruption genannt wird.
Korruption kann in vielen verschiedenen Formen auftreten, zum Beispiel in Form von Bestechung, Wahlbetrug, durch die Umleitung öffentlicher Ressourcen, durch unrechtmäßige Bereicherung und Nepotismus (die so genannte “Freunderlwirtschaft”).
Zu den strafrechtlichen Korruptionstatbeständen zählen in Österreich etwa Missbrauch der Amtsgewalt (§ 302 StGB). Für Missbrauch der Amtsgewalt kann verurteilt werden, wer wissentlich Amtsgewalt missbraucht, zum Beispiel bei Amtshandlungen wie der Herstellung eines „Parkpickerls“ oder der bescheidmäßigen Verlängerung der Sperrstunde eines Lokals.
Häufige Delikte im Bereich der Wirtschaft sind Bilanzfälschung, Insiderhandel, Untreue und Geldwäsche.
Korruption im Justizsystem liegt vor, wenn beispielsweise Polizeibeamt*innen, Richter*innen oder Staatsanwält*innen Bestechungsgelder annehmen oder selbst fordern, um im Gegenzug eine Veränderung des Laufes eines Justizprozesses zu erwirken. Beispiele dafür sind das Erbitten oder Annehmen von Bestechungsgeldern, um Anklagen fallen zu lassen, Ermittlungen zu beeinträchtigen oder zu verhindern, Verdächtige freizulassen oder Personen wegen falscher Anschuldigungen zu verurteilen oder festzunehmen. In vielen solchen Fällen können wohlhabende Personen oder Mitglieder bestimmter politischer Parteien oder einflussreicher Gruppen innerhalb der Gesellschaft Straftaten unbestraft begehen und das Strafjustizsystem in menschenrechtswidriger Weise missbrauchen.
Korruption verletzt Menschenrechte und ist ein Problem für alle Menschen. Korruption kann per se eine Menschenrechtsverletzung sein, insofern sie natürliche Ressourcen ausbeutet, sodass Menschen nicht mehr über ihre natürlichen Ressourcen wie Trinkwasser oder Nahrung verfügen können. Und Korruption kann durch ihre diskriminierenden Auswirkungen indirekt zu einer Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen führen, was die folgenden Beispiele veranschaulichen:
Umleitung öffentlicher Ressourcen schadet besonders sozialen Menschenrechten
Dass Korruption direkt oder indirekt zu schweren Menschenrechtsverletzungen führen kann, zeigt sich besonders deutlich bei der Gewährleistung von sozialen Menschenrechten. Wenn Politiker*innen oder Beamt*innen öffentliche Ressourcen für Bildung und Gesundheitsfürsorge zur persönlichen Bereicherung oder aufgrund von Bestechung zur Bereicherung anderer umleiten, kann das zu Verletzungen des Rechts auf Gesundheit und Bildung führen. Im Allgemeinen führen veruntreute Gelder zu einem Mangel an öffentlichen Mitteln, die sonst für Zwecke wie Bildung und Gesundheit zur Verfügung stehen würden. Kurz gesagt: Wenn Politiker*innen Steuergeld veruntreuen, fehlen die Mittel für unser Gesundheitssystem oder unsere Schulen. Deshalb wirkt sich Korruption stärker auf Menschen in Armut aus. Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan formulierte den Zusammenhang von Armut und Korruption wie folgt: „Korruption schadet den Armen unverhältnismäßig, indem sie Mittel für die Entwicklung umleitet, die Fähigkeit einer Regierung untergräbt, grundlegende Dienstleistungen bereitzustellen, Ungleichheit und Ungerechtigkeit nährt und ausländische Investitionen und Hilfe verhindert“. Länder mit wenig Menschenrechtsschutz sind Brutstätten für korrupte Praktiken.
Untergrabung der Rechtstaatlichkeit
Systemische Korruption in einem Land oder einer Institution kann die Rechtsstaatlichkeit untergraben und den Rahmen für den Schutz der Menschenrechte schwächen. Da Rechtsstaatlichkeit für den Schutz und die Verwirklichung der Menschenrechte unerlässlich ist, kann deren Schwächung oder gar Untergrabung wiederum zu zahlreichen und teilweise systemischen Menschenrechtsverletzungen führen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Exekutive, also die Bundesregierung und/oder eine Regierungspartei, durch systematische korrupte Handlungen versucht, auf die Legislative und die Justiz Einfluss zu nehmen bzw. diese zu schwächen, und es keine Gesetze gibt, um diese Handlungen zu sanktionieren und zu verhindern. Rechtsstaatlichkeit sorgt dafür, dass in einer Gesellschaft die gleichen Regeln für alle Menschen gelten. Systemische Korruption läuft diesem Grundsatz zuwider und hat dadurch weitreichende Folgen für die Rechte, Freiheiten und Chancen aller Menschen in einer Gesellschaft. Korruption bedroht zum Beispiel unser aller Recht auf ein faires Verfahren, auf wirksamen Rechtsschutz, auf politische Partizipation und auf den Zugang zu Informationen.