Samstag 21. Dezember 2024

Humanitäre Aufnahme wieder einführen!

Österreich hat in den vergangenen Jahren alle Programme zur humanitären Aufnahme besonders schutzbedürftiger Menschen gestoppt.

Im aktuellen türkis-grünen Regierungsprogramm wird die geordnete humanitäre Aufnahme von Geflüchteten nicht einmal mehr erwähnt. Das war früher anders! Über viele Jahrzehnte hat Österreich aktiv besonders schutzbedürftigen Menschen Zuflucht geboten.

 

Wir wollen diese humanitäre Tradition Österreichs wiederbeleben! Die Blockadehaltung der Bundesregierung verursacht Leid und untergräbt humanitäre Werte. Besonders drastisch und beschämend wurde das erst kürzlich wieder vor Augen geführt, als sich die Regierung weigerte, bedrohte Frauenrechtsaktivistinnen aus Afghanistan aufzunehmen.

 

Humanitäre Aufnahme rettet Leben und schafft Perspektiven für besonders verletzliche Menschen! Österreich ist derzeit eines von nur einer Handvoll Ländern in der EU, die seit 2018 keine einzige besonders schutzbedürftige Person durch ein humanitäres Aufnahmeprogramm aufgenommen haben. Das wollen wir ändern!

 

SOS Mitmensch fordert die Umsetzung folgender vier Maßnahmen:

  • die Wiedereinführung der humanitären Aufnahme in Österreich,
  • über das Aufnahmeprogramm sollen gemäß dem Vorschlag der Fachkommission Fluchtursachen jährlich 4.450 besonders schutzbedürftige Menschen geordnet aufgenommen werden (0,05 Prozent der Bevölkerung),
  • Willkommenspatenschaften: Aufgenommene sollen rasch mit Menschen in Kontakt kommen, die sie beim Ankommen in Österreich unterstützen,
  • aktuell: die rasche Einrichtung eines humanitären Aufnahmeprogramms für besonders verletzliche und schutzbedürftige Personen aus Afghanistan.

 

Wie funktionieren humanitäre Aufnahmeprogramme?

Kurzfristige Aufnahmeaktionen in akuten Krisensituationen

Kurzfristig umgesetzte Aufnahmeaktionen in akuten Kriegs- und Krisensituationen erfolgen meist in Absprache mehrerer aufnahmebereiter Länder, um gemeinsam Mittel und Wege für die Rettung von Menschen bereitzustellen. An der Evakuierung und Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Menschen aus Afghanistan haben sich beispielsweise bisher zumindest 22 Länder beteiligt und so zehntausenden Menschen Schutz geboten. Österreich hat sich bislang nicht beteiligt.

 

Resettlement-Programme

Bei der humanitären Aufnahme mittels eines Resettlement-Programms übernimmt im Regelfall das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) eine Schlüsselrolle. Das UNHCR führt in den Erstaufnahmeländern sowohl das Verfahren zur Anerkennung des Flüchtlingsstatus durch als auch die Auswahl jener Geflüchteten, die besonders schutzbedürftig sind und daher einen dringenden Resettlement-Bedarf haben. Dafür hat das UNHCR sogenannte „Vulnerabilitätskriterien“ zur Feststellung der Verletzlichkeit und Schutzbedürftigkeit von Personen festgelegt.

 

Um für ein humanitäres Resettlement-Aufnahmeprogramm in Frage zu kommen, muss eine Person zumindest eines der folgenden Kriterien erfüllen:

  • besondere rechtliche und physische Schutzbedürfnisse;
  • Folter- oder Gewalterfahrungen;
  • besonderer medizinischer Behandlungsbedarf;
  • Frauen und Mädchen, die besonderen Risiken ausgesetzt sind;
  • familiäre Bindungen im Resettlement-Aufnahmestaat;
  • Kinder und Jugendliche alleine auf der Flucht;
  • andere Gründe, aufgrund derer keine Perspektive auf eine Eingliederung im derzeitigen Aufenthaltsstaat besteht.

In Ausnahmefällen können auch Personen, die vom UNHCR keinen Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen haben, für einen Resettlement-Platz vorgeschlagen werden. Das ist dann der Fall, wenn:

  • sie staatenlos sind und Resettlement für sie die einzige dauerhafte Lösung bietet oder
  • enge und besonders schutzbedürftige Familienmitglieder nur durch Resettlement mit ihren als Flüchtling anerkannten Angehörigen zusammengeführt werden können.

Der konkrete Ablauf von Resettlement lässt sich anhand der drei erfolgreichen humanitären Aufnahmeprogramme für syrische Geflüchtete in Österreich (HAP I, II, III) zwischen 2013 und 2018 gut nachvollziehen:

  • Nach einem Vorschlag des UNHCR wählte das österreichische Innenministerium besonders schutzbedürftige Syrer*innen in der Türkei, Libanon und Jordanien für die Aufnahme in Österreich aus.
  • Die Internationale Organisation für Migration (IOM) beurteilte den allgemeinen Gesundheitszustandes der Menschen und deren Flugtauglichkeit und übernahm Orientierungstrainings mit praktischen Informationen zum Aufnahmeland Österreich sowie die generelle Organisation der Reise.
  • Nach der Ankunft in Wien-Schwechat wurden die Geflüchteten zuerst nach Traiskirchen gebracht.
  • Innerhalb weniger Tage erhielten sie dort einen Asylstatus und kamen in aufnahmebereite Gemeinden in Österreich.
  • Die „ARGE Resettlement“ (bestehend aus Caritas, Diakonie und Rotes Kreuz) organisierte schon vor der Ankunft der Menschen Wohnungen, die diese gleich beziehen konnten. Danach erfolgte eine Integrationsunterstützung im Rahmen von bedarfsgerechter intensiver Erstbetreuung, psychologische Stabilisierung, Sprachqualifizierung sowie Beratung vor allem zu Bildung, Arbeit und Wohnen.
  • Zusätzliche 650 Personen, die nicht nur aus Syrien, sondern z.B. auch aus dem Irak stammten, profitierten von einer erweiterten Familienzusammenführung im Rahmen der HAPs, wodurch insgesamt 1.900 Menschen über die drei humanitären Aufnahmeprogramme nach Österreich kamen.

 

Grafik: (C) ÖRK

 

Relocation-Programme

Relocation ist ein Instrument der EU-Kommission zur Umsiedelung schutzbedürftiger Menschen innerhalb der EU. Die EU-Kommission spricht in diesem Zusammenhang von innereuropäischer „Lastenteilung“ („burden-sharing“). Ein Beispiel ist das als Reaktion auf die gestiegene Anzahl an Schutzsuchenden 2015 eingesetzte Programm zur Umsiedelung schutzbedürftiger Menschen aus Italien und Griechenland.

 

Das 2018 abgeschlossene Programm funktionierte folgendermaßen:

  • In Griechenland und Italien informierten das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO), UNHCR und die lokalen Asylbehörden Asylsuchende über die Voraussetzungen und die praktische Umsetzung des Relocation-Programms (Registrierung, etc.).
  • Anhand von Kriterien wie familiäre und kulturelle Bindung oder Sprachkenntnisse wurde festgelegt, in welche Länder die registrierten Personen umgesiedelt werden sollten.
  • Die Internationale Organisation für Migration übernahm die Beurteilung des allgemeinen Gesundheitszustandes der Betroffenen, die Organisation der Reise sowie Orientierungstrainings mit praktischen Informationen zu den jeweiligen Aufnahmeländern.
  • Nur Menschen aus Ländern mit einer durchschnittlichen Asylanerkennungsquote von 75 Prozent kamen für das Relocation-Programm in Frage. Das waren 2015 vor allem Menschen aus Syrien, dem Irak und Eritrea.

Ursprüngliches Ziel des Relocation-Programms war es, 160.000 Menschen aus Griechenland und Italien umzusiedeln. Letztendlich wurden zwischen den Jahren 2015 und 2017 nur rund 34.500 Menschen auf 25 EU-Mitgliedsstaaten verteilt.

 

Quelle: https://www.humanitaere-aufnahme.at/
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