Im aktuellen türkis-grünen Regierungsprogramm wird die geordnete humanitäre Aufnahme von Geflüchteten nicht einmal mehr erwähnt. Das war früher anders! Über viele Jahrzehnte hat Österreich aktiv besonders schutzbedürftigen Menschen Zuflucht geboten.
Wir wollen diese humanitäre Tradition Österreichs wiederbeleben! Die Blockadehaltung der Bundesregierung verursacht Leid und untergräbt humanitäre Werte. Besonders drastisch und beschämend wurde das erst kürzlich wieder vor Augen geführt, als sich die Regierung weigerte, bedrohte Frauenrechtsaktivistinnen aus Afghanistan aufzunehmen.
Humanitäre Aufnahme rettet Leben und schafft Perspektiven für besonders verletzliche Menschen! Österreich ist derzeit eines von nur einer Handvoll Ländern in der EU, die seit 2018 keine einzige besonders schutzbedürftige Person durch ein humanitäres Aufnahmeprogramm aufgenommen haben. Das wollen wir ändern!
SOS Mitmensch fordert die Umsetzung folgender vier Maßnahmen:
Wie funktionieren humanitäre Aufnahmeprogramme?
Kurzfristige Aufnahmeaktionen in akuten Krisensituationen
Kurzfristig umgesetzte Aufnahmeaktionen in akuten Kriegs- und Krisensituationen erfolgen meist in Absprache mehrerer aufnahmebereiter Länder, um gemeinsam Mittel und Wege für die Rettung von Menschen bereitzustellen. An der Evakuierung und Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Menschen aus Afghanistan haben sich beispielsweise bisher zumindest 22 Länder beteiligt und so zehntausenden Menschen Schutz geboten. Österreich hat sich bislang nicht beteiligt.
Resettlement-Programme
Bei der humanitären Aufnahme mittels eines Resettlement-Programms übernimmt im Regelfall das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR) eine Schlüsselrolle. Das UNHCR führt in den Erstaufnahmeländern sowohl das Verfahren zur Anerkennung des Flüchtlingsstatus durch als auch die Auswahl jener Geflüchteten, die besonders schutzbedürftig sind und daher einen dringenden Resettlement-Bedarf haben. Dafür hat das UNHCR sogenannte „Vulnerabilitätskriterien“ zur Feststellung der Verletzlichkeit und Schutzbedürftigkeit von Personen festgelegt.
Um für ein humanitäres Resettlement-Aufnahmeprogramm in Frage zu kommen, muss eine Person zumindest eines der folgenden Kriterien erfüllen:
In Ausnahmefällen können auch Personen, die vom UNHCR keinen Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen haben, für einen Resettlement-Platz vorgeschlagen werden. Das ist dann der Fall, wenn:
Der konkrete Ablauf von Resettlement lässt sich anhand der drei erfolgreichen humanitären Aufnahmeprogramme für syrische Geflüchtete in Österreich (HAP I, II, III) zwischen 2013 und 2018 gut nachvollziehen:
Grafik: (C) ÖRK
Relocation-Programme
Relocation ist ein Instrument der EU-Kommission zur Umsiedelung schutzbedürftiger Menschen innerhalb der EU. Die EU-Kommission spricht in diesem Zusammenhang von innereuropäischer „Lastenteilung“ („burden-sharing“). Ein Beispiel ist das als Reaktion auf die gestiegene Anzahl an Schutzsuchenden 2015 eingesetzte Programm zur Umsiedelung schutzbedürftiger Menschen aus Italien und Griechenland.
Das 2018 abgeschlossene Programm funktionierte folgendermaßen:
Ursprüngliches Ziel des Relocation-Programms war es, 160.000 Menschen aus Griechenland und Italien umzusiedeln. Letztendlich wurden zwischen den Jahren 2015 und 2017 nur rund 34.500 Menschen auf 25 EU-Mitgliedsstaaten verteilt.