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Wie mit Muslimen umgehen?
Spätestens seit dem viele muslimische Flüchtlinge unter uns sind, stellt sich die Frage: Wie mit diesen Andersgläubigen umgehen? Gerade weil diese Thematik unter uns oft heftige Emotionen auslöst, kann es sinnvoll sein, das auch unter dem Blickwinkel des Glaubens einmal anzuschauen.
Durch Terrorakte, durch langjährige Kriege in Afghanistan, im Irak, in Syrien werden Ängste, Unsicherheiten und Aggressionen auch unter uns gefördert.
Für manche ist der Islam zum Feind Nummer 1 geworden.
Ja, geschichtlich gesehen: Kriege mit Muslimen gibt es schon seit den Kreuzzügen vor 900 Jahren.
Um als Christen Anstöße zu einem menschenwürdigen Umgang zu bekommen, lade ich ein, uns heute das Lebenszeugnis des Franz von Assisi, dessen Fest wir diese Woche feiern, unter diesem Aspekt anzuschauen.
Franz von Assisi und die Muslime
Franz lebte zur Zeit der Kreuzzüge gegen die Muslime. Damals waren das Misstrauen, die Angst und der Hass zwischen christlicher und muslimischer Welt mindestens so groß wie heute. In Europa wusste man praktisch nichts von der islamischen Kultur und Religion, auch unter Gebildeten und Päpsten. Immer wieder benutzten Päpste das Versprechen des ewigen Lebens für diejenigen, die an den „heiligen Kriegen“ teilnahmen.
Als junger Mann aus reichem Haus war auch Franz von Assisi auf dem Weg, um sich als Ritter auszuzeichnen. Doch in einer Vision hörte er: „Wem willst du dienen? Dem Diener oder dem Meister?“ „Natürlich dem Meister“ antwortete Franziskus. „Dann kehre um!“ Franz gehorcht seiner inneren Stimme, verschenkt seine kostbare Ritterausrüstung und kehrt zur Verwunderung der Stadt und zum Ärger des Vaters zurück. Darauf folgte Franziskus Kuss des Aussätzigen. Das Zugehen auf Arme hat ihn ab jetzt mit innerer Freude erfüllt. Dabei wurde er immer mehr von einem tiefen Geist der Liebe und des Mitleids für alle erfüllt, selbst für die verhassten Muslime.
Mit dem Slogan: „Der Islam wurde durch das Schwert geboren, er wird durch das Schwert verbreitet, jetzt ist der Augenblick gekommen, ihn durch das Schwert zu zerstören“, hat man damals für einen Kreuzzug geworben. Das widersprach dem Gewissen von Franz. Während die Christenheit von der Ideologie des Heiligen Krieges erfüllt war, hat er öfters versucht den Papst und die Kreuzritter von ihrem tödlichen Programm abzuhalten. Deshalb kam er ins Kreuzritterlager nach Ägypten.
„Wenn ich es ihnen sage, halten sie mich für einen Narren; wenn ich schweige, plagt mich mein Gewissen.“ (Franz zu seiner Warnung an die Kreuzritter)
Dort aber wurde er ausgelacht. Der Sultan war zu der Zeit bereit, Jerusalem freizugeben unter der Bedingung, dass die Kreuzfahrer sich aus dem ägyptischen Gebiet zurückziehen. Denn für die Christen war das Hauptziel nicht mehr die Eroberung des heiligen Grabes, sondern die Zerstörung der militärischen Macht der Muslime. Also zogen die Christen in die Schlacht und mussten sich nach einer Niederlage zurückziehen. Dann erst wurde Franziskus autorisiert das Militärlager des Sultans, des Feindes und Antichristen, aufzusuchen.
Franziskus waffenlos vor dem Sultan, dem Feind und Antichristen
Franziskus marschierte waffenlos ohne jeden Schutz, auch ohne Geld mit nur einem, ebenfalls barfüßigen Bruder ins feindliche Lager. Die Freundlichkeit, mit der der Sultan Franziskus empfing, statt ihn gefangen zu setzen oder gar zu töten, überraschte alle Zeitgenossen. Franz stellte sich als von Gott – nicht von Menschen – Gesandter vor und Sultan Melek al–Kamil hörte achtungsvoll sein Zeugnis an. Wie sich die Begegnung genau abgespielt hat, wissen wir nicht. Aber Franz war von den angeblichen Feinden so beeindruckt, dass er danach ihre Schriften sammelte. Er dürfte von ihrem Gott gehört haben, dem Einen und Einzigen; dem Gott Abrahams, Moses und Jesu, dessen wichtigste Eigenschaft die Barmherzigkeit ist. Er erlebte ihr fünfmaliges tägliches Gebet und ihre Großzügigkeit gegenüber den Armen. Er lernte die muslimischen Feinde als gläubige, betende, vom Frieden erfüllte Menschen kennen. Franziskus hat danach in seine 1. Regel ein eigenes Kapitel über die Mission unter den Muslimen verfasst. Wörtlich hieß es darin: „Die Brüder sollen weder Unruhe stiften noch Streit beginnen, sondern aus Liebe zu Gott jeder menschlichen Kreatur fügsam sein und sich öffentlich als Christen bekennen ... Die erste Periode, die selbst tausend Jahre dauern könnte, besteht darin, das Evangelium durch das Beispiel und das Leben zu verkünden.“
Franziskussegen und die 99 schönsten Namen Gottes aus dem Islam
Diese positive Sicht wurde aus der Regel gestrichen und viele Prediger meinten durch Beschimpfung des Propheten Mohammed und durch Verachtung des Korans die Muslime für das Evangelium zu öffnen. Als Papst Honorius III. wieder zu einem Kreuzzug gegen den Sultan aufrief, zog sich Franz deprimiert mit seinen engsten Vertrauten auf den Berg La Verna zum Beten und Fasten zurück. Dabei erlebte er eine Vision des gekreuzigten Christus und wurde mit den Wundmalen Christi gezeichnet. Mit dem bekannten Segen – bisher dem Bruder Leo zugeschrieben – soll er nach franziskanischen, neuen Studien mit sehr großer Wahrscheinlichkeit seine tiefe Verbundenheit mit dem Islam und seine Freundschaft insbesondere mit dem ägyptischen Sultan zum Ausdruck gebracht haben. Dafür spricht, dass Franziskus auf die Rückseite des Segens die 99 schönsten Namen Gottes und damit den islamischen Rosenkranz aufnimmt: „Du bist die Liebe, Du bist die Weisheit, Du bist die Demut, Du bist die Geduld, Du bist die Schönheit, Du bist der Schutz, Du bist die Milde, Du bist die Ruhe, Du bist die Freude und das Frohlocken, Du bist unsere Hoffnung, Du bist die Gerechtigkeit ...
Was könnte uns das Zeugnis des Franziskus für ein würdiges Umgehen mit Muslimen heute sagen?
Ein Erstes: In voller Rüstung kann ich ganz schwer jemandem begegnen, da strahle ich Angst und Schrecken aus. Wie Franziskus sind auch wir eingeladen, intensiv auf unsere innere Stimme zu hören und es wagen, zu unseren Unsicherheiten zu stehen. So können wir vielleicht auf einen Muslimen zugehen, ihn sogar anreden. Das gelingt umso eher, je mehr wir ihn/sie als Sohn/Tochter Gottes sehen wie wir es sind. Glauben heißt da vertrauen, dass Gottes Geist in uns allen wirken kann. Auffallend ist, dass Menschen, die mit Muslimen in Kontakt sind, vor ihnen weniger Angst haben, als solche, die sie nur von Medien kennen.
Ein Zweites: Franziskus hatte keine Schwarz-Weiß-Sicht. Er hat wahrgenommen, wie intensiv viele Muslime beten oder sich um Arme kümmern. Er hat umgekehrt auch mit Schrecken erlebt, wie grausam christliche Ritter Muslime behandelt haben. Auch heute dürfen wir Muslime allgemein nicht als Fundamentalisten oder Gewaltbefürworter sehen.
Auch wir Christen wollen nicht als Fundamentalisten und Kriegstreiber gesehen werden, auch wenn es viele christliche Fundamentalisten und Kriegsbefürworter gibt. Nur so können wir beitragen, Feindbilder abzubauen.
Ein Letztes:
Franziskus hat gerade in schwierigen Zeiten viel gebetet oft auch in großer Verzweiflung. Auch wir sind herausgefordert für uns und auch für friedliche Beziehungen zu Muslimen zu beten, wenn es geht auch mit ihnen.
Deshalb erbitten wir jetzt für uns und für die Muslime unter uns den Segen, den Franziskus damals wahrscheinlich für den Sultan erbeten hat:
Der Herr segne und behüte dich.
Er zeige dir sein Angesicht
Und erbarme sich deiner.
Er wende dir sein Antlitz zu
Und schenke dir den Frieden.