Termine statt.
Termine statt.
Hingehen, schauen, was vorhanden ist und dann an alle verteilen. Die Speisung der Fünftausend macht es deutlich: Es gibt bis heute keine Alternative, um alle satt zu machen – außer Teilen. Und sie aßen und wurden alle satt. Die Bibel beschreibt in wunderbarer Weise, wie ein gutes Miteinander funktionieren könnte. Wie anders klingen die Zustände unserer Welt. Hunderttausend Menschen werden weltweit täglich durch Hunger ermordet. Tausende leben an europäischen Ländergrenzen vor neu errichteten Grenzzäunen auf der Flucht vor Kriegen und Unmenschlichkeit in Zelten, schlecht bekleidet, schlecht ernährt. Reiche Politiker und Politikerinnen diskutieren dazu noch die Kürzung der Mindestsicherung für Geflüchtete und treffen damit jene, deren Leben ohnehin schon prekär ist.
Wir erleben herausfordernde Zeiten. Wie gelingt es uns, den Ängsten und Sorgen unserer MitbürgerInnen, der steigenden Arbeitslosigkeit, der Angst um den eigenen Job, den steigenden Lebenshaltungskosten angemessen zu begegnen? Wie können wir den Herausforderungen gerecht werden, den Menschen, die zu uns fliehen, Schutz zu bieten? Allzu schnell werden plakative, vereinfachende Antworten gegeben, die zumeist gar keine „Antworten“ sind, sondern ideologische Vereinnahmungen für die eigene Weltsicht. Da sind wir alle, die Gesellschaft und die Politik und auch wir als Christen und Christinnen gefordert. Wie können wir menschenfreundliche Antworten geben?
Vielleicht kann uns die Geschichte von der Brotvermehrung dabei Mut machen. Jesus beauftragte seine Jünger nicht, die Grenzen dicht zu machen oder alle 5000 oder mehr wegzuschicken, sondern hinzugehen, einzusammeln, was da ist und es dann zu teilen. Und siehe: Es wurden alle satt und es blieb sogar noch etwas übrig. Teilen als Wunder.
Am Fronleichnamstag ehren wir den Leib Jesu in der Gestalt des Brotes. Dieses Brot ist uns Zeichen und Auftrag: „Brot wird erst zum Leben, wenn es geteilt wird“, schreibt Bert Brecht. An uns liegt es, diese Praxis Wirklichkeit werden zu lassen. Auch und gerade in der Frage der Geflüchteten. Die Güter der Erde sind für alle da. Teilen duldet keine Obergrenzen, Leben muss für alle gesichert werden.
Das steht im Zentrum der Botschaft vom Reich Gottes. Heile Zustände und Leben in Fülle für alle. Jesus heilt alle, die seine Hilfe brauchten und macht durch sein Reden und Tun das Reich Gottes sichtbar und spürbar, ja mehr noch, in seiner Zuwendung lässt er dieses Reich anbrechen für die Menschen, die sich darauf einlassen. Statt Lehrreden lebt Jesus eine neue Praxis, ein neues Tun. Wie dieses neue Handeln ausschaut, beschreibt Lukas quasi in einem Lehrstück für gelungenes Teilen.
Schick die Menschen weg, damit sie in die umliegenden Dörfer und Gehöfte gehen, dort Unterkunft finden und etwas zu essen bekommen; denn wir sind hier an einem abgelegenen Ort.
Die Frage der Verpflegung ist eine Überlebensfrage Die Jünger schlagen vor, die hungrige Menge wegzuschicken. Sie sollen sich ihre Verpflegung selbst organisieren. Dass die Menschen aber gerade hier bei Jesus sind, weil sie zu Hause nicht satt werden können, ihre normalen Lebensverhältnissen sie ungesättigt lassen, sehen die Jüngerinnen nicht. Und genau hier hakt Jesus ein.
Ein Blick zu uns: Wie sollen sich Geflüchtete bei uns ihren Lebensunterhalt sichern können, wenn sie mit nichts zu uns kommen? Sind sie nicht radikal angewiesen auf unsere Mitmenschlichkeit?
Gebt ihr ihnen zu essen
Jesus spielt den Ball den Jüngern und Jüngerinnen zurück. Sie sollen die Verantwortung übernehmen, dass die Hungrigen satt werden können. Derer gab es, und davon spricht Lukas, tausende – es waren allein schon an die fünftausend Männer. Hunger war also auch damals ein großes Problem. Hier braucht es offenbar neue Überlegungen, wie das gehen kann, dass alle zu essen bekommen können. Der herkömmliche Markt, die Marktwirtschaft der damaligen Zeit war wie man der Erzählung entnehmen kann, dazu nicht in der Lage.
Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische. Wir müssten erst weggehen und für all diese Leute Essen kaufen.
Was ist vorhanden? Was ist da? Zentrale Fragen auch für heute. Denn es ist immer etwas da, um mit dem Teilen wenigstens anzufangen. Die Jünger und Jüngerinnen begreifen den Wink Jesu nicht, sie verharren in der gesellschaftlich dominierenden Logik des Geldes, des Kaufens. Das verstellt den Blick auf neue Wege der Umverteilung. Jesus weist in eine neue Richtung, weg von gewohnten, vertrauten, üblichen Wegen. Er macht nicht das Geld oder den Markt zuständig dafür, dass die Frage des Hungers gelöst wird. Das hat schon bisher nicht geklappt.
„Gebt ihr ihnen zu essen!“ Ihr als neue Gemeinschaft.
Auch heute warten weltweit noch immer Millionen Menschen sehnsüchtig darauf, dass die Tagesration an Essen zur Verfügung steht. Hunger stillen ist also tagtägliche Herausforderung ganz konkret. Hunger kann aber auch in anderer wesentlicher Gestalt daherkommen, als Suche nach Arbeit, nach Wohnung, Kleidung, nach Beziehung und Nähe.
Leeren Wohnraum zu öffnen, Fremde einzuladen, Arbeitszeit zu verkürzen, von unserem vorhandenen Reichtum abzugeben, ein Grundeinkommen als Lebenssicherung für alle einzuführen, die Bibel fordert auch für heute immer wieder unser solidarisches Tun, ermuntert, abseits individueller Pfade unsere Kraft der Gemeinschaften zu nutzen. Wie gehen wir auf die neu ankommenden Geflüchteten zu, übernehmen wir als christliche Gemeinschaften Mitverantwortung? Geben wir zu Essen, zu Trinken, ein Dach, Kleidung? Teilen wir unser Leben miteinander, ganz konkret im Alltag?
Das Wunder der Brotvermehrung ist eine Lektion des Teilens. Darin, ob alle Menschen ihren Hunger stillen können, zeigt sich die Anwesenheit des menschenfreundlichen und lebensspendenden Gottes.
Es ist genug für alle da! Niemand wird zu kurz kommen, wenn als oberstes Prinzip gilt, das Vorhandene so zu verteilen, dass es für alle reicht, dass alle gegenseitig füreinander verantwortlich sind, aufeinander zugehen.
Sagt ihnen, sie sollen sich in Gruppen zu ungefähr fünfzig zusammensetzen.
Kleine, überschaubare Gruppen - Tischgemeinschaften braucht es als Voraussetzung, dass alle satt werden können. Das ist das Geheimnis Jesu: Einander kennen, in Berührung kommen und dadurch berührbar werden für das Leben anderer. Mit wem sitze ich zusammen, mit wem teile ich mein Brot, mein Leben, meinen Alltag? Teilen ist die Perspektive Jesu. Auch das ist ein Wink in Bezug auf Geflüchtete, Asylantinnen, Bettlerinnen, Arbeitskolleginnen. Lassen wir uns berühren, anrühren, ansprechen! Geben wir von dem, was wir eigentlich im Stillen für uns selbst bestimmt haben, denen, die es wirklich brauchen.
Jesus nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, segnete sie und brach sie. Dann gab er sie den Jüngern, damit sie diese an die Leute austeilten.
Es geht um eine neue Praxis des Miteinanders, die wir erst entwickeln, lernen müssen. Dann werden wir einander zum Segen, zum Heil, wenn wir unser Leben teilen. Das ist letztendlich der große Segen, wenn alle das kapieren und mitmachen. Wir haben nur eine Welt, die aber ganz.
Und sie aßen und wurden alle satt. Als man die übriggebliebenen Brotstücke einsammelte, waren es zwölf Körbe voll.
Wo Gemeinschaft entsteht ändert sich die Umgebung. Zwölf Körbe bleiben übrig: Fantasieren wir, was das alles sein kann: Miteinander Kochen im Flüchtlingsheim, Begegnungskaffees im Pfarrheim, Teilen der Sorgen und Hoffnungen am Arbeitsplatz, ein gestärktes Miteinander, ein besseres Aufeinander-Schauen, neue Perspektiven für unsere Lebenswelten, ein besseres Arbeitsklima, die Gewissheit, dass solidarisches Leben möglich ist, das Ende des Hungers, der Arbeitslosigkeit.
Teilen sei unsere konkrete Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit. Leben wird mehr, wenn wir es teilen.