Termine statt.
Termine statt.
„Immer soll die Sonne scheinen.
Immer soll der Himmel blau sein.
Immer soll Mutter da sein.
Und immer auch ich.“ 1
Liebe Gottesdienstgemeinde,
Vielleicht kennt die ein oder der andere diese Zeilen, die im deutschsprachigen Raum vor allem durch das 1983 veröffentlichte Kinderlied „Der Friedensmaler“ von Frederik Vahle bekannt geworden sind. Die Zeilen sind jedoch um einiges älter. Sie gehen auf ein Kind in Moskau zurück, das 1928 – vor fast 100 Jahren – ein Bild gemalt hat und in russischer Sprache darauf geschrieben hat: „Immer soll die Sonne scheinen.“ Dieses Kind verlor im Krieg seinen Vater und drückte mit dem Bild seine Sehnsucht nach Frieden aus. Und die Worte, die es schrieb, gingen in vielen Sprachen um die Welt, wurden zu einem Symbol der Friedensbewegung der 60er Jahre und haben bis heute nichts an Bedeutung verloren. Es ist durchaus vorstellbar, dass jetzt, zu dieser Zeit, Menschen in der Ukraine oder in Russland sie singen und damit ihren Wunsch und ihre Hoffnung auf Frieden ausdrücken.2 Dabei wäre es doch sogar verständlich, wenn man in so einer Situation, in der das eigene Leben und das der geliebten Menschen so ungewiss ist, manchmal die Hoffnung zu verlieren droht.
Ähnlich ist es möglicherweise auch den Menschen des Volkes Israel gegangen. Die heutige Lesung aus dem Buch Jesaja führt uns zurück in die Zeit nach dem babylonischen Exil, als die Menschen ab dem Jahr 538 v. Chr. aus der Verbannung nach Jerusalem zurückkehrten. Es galt bei der Rückkehr nicht nur den Tempel wieder aufzubauen, sondern vor allem auch das gesellschaftliche und religiöse Leben wieder neu zu ordnen. Was sagt das über den Gott, an den die Menschen glaubten, aus, dass sie vertrieben wurden, dass sie so viele schwere Zeiten durchleben mussten und müssen? Die Propheten dieser Zeit waren gefordert.
Sie mahnten, trösteten und spendeten Hoffnung. In diesem Kontext ist die Lesung zu verstehen.
„Siehe, wie einen Strom leite ich den Frieden zu ihr […]“
„Wie einen Mann, den seine Mutter tröstet, so tröste ich euch;“
JHWH macht in dieser Zeit der Ungewissheit und der Verlorenheit die Zusage, dass er den Menschen Frieden und Trost bringt. Und der Prophet, der die Zeilen verfasst hat, geht noch weiter. Die Menschen sollen sich für Jerusalem freuen, sie sollen sich für die Menschen freuen, denn Gott ist bei ihnen. Er ist bei ihnen in dieser schwierigen Phase. Wie eine Mutter tröstet und umsorgt er sein Volk und er sagt ihnen Zeiten der Freude, der Freiheit und des Lebens voraus. Diese Zusage gab und gibt Gott den Menschen immer wieder. Gott ist es, der ALLEN Menschen Trost, Frieden und Freiheit schenkt. Diese Zusage entfacht auch in schweren Zeiten Funken der Hoffnung und sie gilt auch uns in der heutigen Zeit.
Ebenso steht im heutigen Evangelium eine Friedensbotschaft im Zentrum. Jesus sendet Jüngerinnen und Jünger aus. Das erste, das sie tun sollen, wenn sie in ein Haus geladen werden, ist dem Haus Frieden zuzusagen. Jesus sendet sie los, ohne Geld, ohne Vorräte und ohne Schuhe, vertrauend darauf, dass Menschen die friedlich unterwegs sind, die anderen Frieden zusagen, ebenso Frieden und damit einhergehend Gastfreundschaft empfangen. Es ist heutzutage beinahe unvorstellbar, sich so sorglos auf den Weg zu machen und bewusst Selbstlosigkeit und Armut zu wählen. Denn heutzutage ist Armut kein Zustand, den man wählt. Armut trifft Menschen. Und gerade jetzt, wenn so wie derzeit alles teurer wird, sogar das, was wir zum Leben brauchen, trifft die Armut umso mehr Menschen umso härter. Auch zu diesen Menschen kommt Gottes Zusage auf Frieden und Trost.
Die letzten Jahre und die Gegenwart sind leider stark geprägt von Armut, Krankheit, Leid und Krieg. Und gerade da tun solche Friedenszusagen gut. Die Bilder, Geschichten und Berichte von den Kriegsschauplätzen dieser Welt, aber auch von Menschen, die unter den Teuerungen leiden, machen uns betroffen und wir stellen uns möglicherweise zurecht die große Frage, auf die es keine zufriedenstellende Antwort gibt: Warum? – Warum tun wir Menschen uns das gegenseitig an? Warum geschieht das alles? – Die Friedenszusage, die wir in den Bibelstellen gehört haben, gibt auch keine Antwort darauf. Jedoch kann sie Hoffnung schenken – Hoffnung auf Trost und Frieden. Auf Zeiten, in denen die Sonne scheint und der Himmel blau ist – Auf Zeiten, in denen unsere geliebten Menschen in Sicherheit und immer da sind. Und bis dahin können wir die Worte des jungen Kindes, die diese Sehnsucht und Hoffnung nach Frieden so einfach und ebenso stark ausdrücken – die Worte des Friedensmalers – weiter in die Welt tragen.
„Immer soll die Sonne scheinen.
Immer soll der Himmel blau sein.
Immer soll Mutter da sein.
Und immer auch ich.“
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