Sonntag 24. November 2024

Was leben lässt, was Leben braucht

Sozialpredigt

zum 18. Sonntag i. JK (31. Juli 2022) | Lesejahr C
Autorin: Lucia Göbesberger, Referentin im Sozialreferat,  Leiterin der Abteilung 
Gesellschaft & Theologie

Die alttestamentliche Lesung wie auch das Evangelium beschäftigen sich mit dem Erben und damit mit dem, was das Bleibende ist und das zufrieden sein lässt.

 

Nicht nur die Suche nach der Zufriedenheit sind aktuell wichtige Themen, auch die der Versorgungssicherheit, treibt viele um. Bei einem zunehmenden Teil der österreichischen Bevölkerung führt die derzeitige Inflationsrate zu existentiellen Sorgen. Essen oder Heizen – hoffentlich kommt die warme Jahreszeit bald, damit mehr Geld für Lebensmittel bleibt und hoffentlich geht der Kühlschrank nicht kaputt und tun auch die anderen Geräte noch lange reparaturfrei ihren Dienst. Die Frage des Vererbens stellt sich für besonders armutsgefährdet also nicht. Das sind zurzeit 30 % der Kinder, 47 % der Alleinerzieherinnen und 52 % der Arbeitslosen. Mit großen Problemen sind auch Menschen mit chronischer Erkrankung konfrontiert. Es geht für diese Menschen vorrangig um die Frage, was tun gegen die aktuelle Teuerungswelle. Wo bleibt hier die Zufriedenheit? In welchen Situationen erfahren armutsgefährdete Menschen Zufriedenheit? Wie sehen solche Momente für sie aus? Das können wir nur im direkten Gespräch erfragen, dass sie den Wunsch nach materieller Sicherheit haben und ihnen das zusteht, liegt auf der Hand.

 

Die Sorge um die Versorgungssicherheit treibt aber durch den Krieg in der Ukraine nun einen Gutteil der Menschen um. Es zeigt sich, dass sie auch in Europa nicht ein für alle Mal gelöst ist. Außerdem wird deutlich, dass wir von einer globalen Wirtschaftsweise ausgegangen sind, die ihre Tücken hat. Offensichtlich wird das derzeit durch die unterbrochenen Lieferketten. Symbolisch dafür steht vielleicht das Container-Schiff „Ever Given“, das den Suezkanal nur sechs Tage lang blockierte, was mediale Wellen schlug und das trotz der – wie ich meine – eigentlich kurzen Zeit wirtschaftlich gravierende Auswirkungen verursachte. Dieses Schiffsunglück und die Corona-Zeit, mit all ihren wirtschaftlichen Verwerfungen und Lieferengpässen, und nun der Krieg in der Ukraine zeigen, dass die hochgradige weltweite Arbeitsteilung Schattenseiten hat. Auf diese Wirtschaftsweise wurde jahrzehntelang, in manchen Bereich über ein jahrhundertlang gesetzt, einerseits einfach weil es möglich war. Wir hatten und haben ausreichend fossile Energie für den Transport, der Rohstoffabbau in gesetzlich weniger regulierten Staaten lässt sich leichter organisieren, d. h. oftmals ohne größere Auflagen, mit den entsprechenden ökologisch und sozial bedenklichen Folgen und andererseits war ein wesentlicher Grund, dass billigere Arbeitskräfte für Produktions- und Sorgearbeiten eingesetzt werden sollten und sollen. Auf diese Weise ließ sich eine florierende Weltwirtschaft gut organisieren. Manche Qualitätsstandards wie Menschenrechte, ökologische Nachhaltigkeit blieben dabei allerdings auf der Strecke.

 

Aber es wird immer schwieriger die unerfreulichen Nebenwirkungen dieser Wirtschaftsweise auszublenden. Seit Kriegsbeginn in der Ukraine ist zu beobachten, dass manche Lebensmittel nicht mehr verfügbar sind. In den Regalen mit den Speiseölen tut sich so manche Lücke auf, Kleidungsstücke sind nicht mehr erhältlich und auch verschiedene Wirtschaftsbetriebe stehen vor großen Problemen. Zum Beispiel mangelt es in der österreichischen Landwirtschaft an Stickstoffdünger, der bisher aus Russland und der Ukraine importiert wurde. Dass die Getreideexporte aus der Kornkammer Europas nicht mehr möglich sind, weil die Transportmittel und –Wege, wie Häfen und Bahnlinien, zerstört sind betrifft vor allem auch Länder, die bereits in den letzten Jahren Probleme hatten, die dort lebende Bevölkerung zu versorgen. Die Lage spitzt sich zum Beispiel im Jemen bedenklich zu, denn das Getreide wurde auch für das Welternährungsprogramm verwendet. Das Problem ist ein längerfristiges, denn es kann nicht nur das Getreide nicht exportiert werden, auch erhebliche Teile der Landwirtschaft sind in der Ukraine vermutlich für mehrere Jahre zum Erliegen gekommen. 

 

Auf politischer Ebene lösen die mit dem Krieg einhergehenden Probleme so manch verwunderliche Reaktion aus. Gerade eben noch wurde der Green Deal seitens der EU ausgerufen, aber in der Stresssituation werden Lösungsvorschläge eingebracht, die auf alten überholten Zugangsweisen beruhen, denn neue Modelle sind herausfordernd und es ist nicht gewiss, ob nicht auch Gewohntes aufgegeben werden muss, Umbrüche anstehen, die anstrengend sind und ev. Nachteile haben. Eine herausfordernde Zeit nicht nur politisch, sondern auch für uns persönlich!

 

Wie haben Sie auf die Nachrichten reagiert, dass verschiedene Produkte nicht lieferbar ist? Was haben Sie sich überlegt, wie sie auf die Engpässe reagieren (werden)?

 

Die Bibelstellen des heutigen Tages benennen als ein Reaktionsmuster zum Beispiel Dinge zu sammeln und zu horten, Hamsterkäufe bis zur Habgier. Der Nachteil dabei ist, dass eine materiell gesicherte Existenz schon ganz angenehm ist, mehr Lebenstage oder -jahre lassen sich damit aber nicht erkaufen. Wobei eine gute Grundversorgung, die jedem Menschen zusteht, fraglos wichtig ist und erwiesener Maßen Menschen länger leben lässt. Aber für das ewig Leben reicht es eben trotzdem noch immer nicht. Ob sich Zufriedenheit auch erkaufen lässt? Die Bibelstellen des heutigen Tages zweifeln das mehr als an.

 

Weitere Möglichkeit: Abtauchen, decke über den Kopf ziehen und sich ausklinken. Flucht ins Private, gesellschaftliche Beteiligung: „Nein, danke“. Dafür Konzentration nur auf das Eigene (Heil) tagein und tagaus. Aber das wird nur so lange funktionieren wie die anderen mitspielen und sich sorgsam für ein gutes gesellschaftliches Miteinander einsetzen.  

Die Liste ließe sich noch fortsetzen und die Vorschläge lassen sich zum Teil gut miteinander kombinieren. 

 

Die Bibeltexte setzen auf das Leben im heute und im Miteinander. Ob das einfach ist? Nein, vermutlich nicht. Aber wir dürfen darauf vertrauen, dass Gott uns wohl will und uns die nötigen Talente, Voraussetzungen, Mittel geschenkt hat. Es gilt diese Schätze zu teilen und gemeinsam einzusetzen. 
 

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