Termine statt.
Termine statt.
˃ 7 Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden, die meinen, sie werden nur er hört, wenn sie viele Worte machen.
˃ 8 Macht es nicht wie sie; denn euer Vater weiß, was ihr braucht, noch ehe ihr ihn bittet.
˃ 9 So sollt ihr beten: Unser Vater im Himmel, geheiligt werde dein Name,
˃ 10 dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel, so auf der Erde. ˃ 11 Gib uns heute das Brot, das wir brauchen!
˃ 12 Und erlass uns unsere Schulden, wie auch wir sie unseren Schuldnern erlassen haben!
˃ 13 Und führe uns nicht in Versuchung, sondern rette uns vor dem Bösen!
Die heutige neutestamentliche Bibelstelle kennen wohl die meisten Gläubigen auswendig. Es ist - gemäß der darin geäußerten Aufforderung Jesu - zum bekanntesten Gebet der ChristInnen geworden. Ursprünglich vermutlich in aramäischer Sprache verfasst hat es der Verfasser des Matthäusevangeliums in der Schrift an einen ganz besonderen Ort gestellt, nämlich in das Zentrum der sogenannten Bergpredigt, quasi als dessen Herz. Die Bergpredigt wiederum ist die Sammlung dessen, wie Jesus uns das Reich Gottes vorstellt: als eine Verheißung die JETZT beginnt, als eine ‚neue Praxis‘, die durch dieses Reich Gottes schon angebrochen ist, die sich heute bereits realisieren kann.
Die Zeit damals im ersten Jahrhundert war für die meisten Menschen ausgesprochen hart. Die Hoffnung und Sehnsucht nach einem anderen, besseren Leben drückt sich in der gesamten Jesusbewegung aus.
In heutiger verkürzter Sprache sagt Jesus uns damit: „Es soll anders sein, und es geht auch anders. Wir können auch anders handeln, und eine andere Welt ist möglich.“ So deutet Jesus in den voranstehenden Seligpreisungen die Wertigkeiten um, zeigt in den ‚neuen Thesen‘ einen anderen Umgang mit Beziehungen und Konflikten auf und beschreibt eine andere Praxis des Teilens, jenseits gönnerhafter Almosenkultur.
Im „Vater unser“ übersetzt Jesus das Heilshandeln Gottes in ein Gebet. In der Anrede stellt er uns den Gott Israels vor, als seinen und unseren „abba“. „Abba“ ist das Wort für einen liebenden und sorgenden Vater, und damit eine Kritik an patriarchalen Herrschaftszuständen. Der Vater Jesu Christi steht im Gegensatz zu den irdischen, rücksichtslosen Machthabern, die sich – wie der römische Kaiser oder auch aktuell der türkische Machthaber –als „Vater der Nation“ anreden lassen. Es steht damit aber auch im Gegensatz zu patriarchalen Männern in Familien- oder Betriebssystemen. Und es ist „unser Vater“, zu dem wir beten sollen. Diese Anrede vergemeinschaftet uns, macht uns alle zu Geschwistern. Wir sind vor Gott gleichrangig und gleichwertig, so unterschiedlich wir auch sind. Auch wenn ich alleine bete stelle ich mich mit diesem Gebet in die Gemeinschaft der Glaubenden und Hoffenden. Das stärkt: zu wissen, ich bin nicht allein mit meinem Beten.
Die Gebetsworte sind dann ganz einfach, kurz und knapp formuliert, fast wie in einem Stoßgebet. Es geht nicht um viele schöne Worte, nicht ums Plappern oder Herumreden. Gott weiß, was wir brauchen.
Da sind zuerst drei DU-Bitten:
- Dein Name soll wieder heilig sein!
- Dein Reich soll Wirklichkeit werden!
- Dein Wille soll sich in der Welt zeigen – nicht nur als jenseitige rein himmlische Vision, sondern konkret und real hier auf der Erde.
Zusammenfassend könnte das heißen: Gott, bring uns dein Reich, deine gute und gerechte Welt!
In den drei folgenden WIR-Bitten sind zentrale Lebensvollzüge angesprochen: die physische Existenz, gelungene Beziehungen die immer wieder Versöhnung brauchen, und erlebte Ohnmacht in existentiellen Nöten.
- Das Brot, das wir täglich brauchen, soll ohne Kampf und Angst zur Verfügung stehen - Schulden sollen erlassen werden – dabei ist tatsächlich auch der Erlass ökonomischer Schulden gemeint, die die Menschen in Sklaverei halten. Das ist an die Verpflichtung geknüpft, es unseren Schuldner gegenüber auch so zu halten - die Erlösung aus Bedrängnis von allem Bösen
Gib, uns was wir zum guten Leben brauchen! – so könnten wir diese Bitten zusammenfassen. Das enthebt uns Menschen nicht davon, selber das zu tun, wozu wir imstande sind. Unseren eigenen Beitrag dazu müssen wir nicht erbitten, sondern schlicht und einfach tun. Dann wird Himmel auf Erden erfahrbar.
Literatur: Monika Egger, Dein Reich komme! Das Gebet Jesu verstehen, Luzern 2018
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