Sonntag 24. November 2024

Aufbruch aus der Verzweiflung

Sozialpredigt zum Ostermontag (22. April 2019) im JK, LJ C

 

Autorin: Mag.a Angelika Gumpenberger-Eckerstorfer,

Pastoralassistentin Wels-St. Franziskus

 

Apg 2, 14.22b-33,
Ps 89 (88),2-5,
1 Kor 15,1-8.11

Liebe Brüder und Schwestern!

 

Ich vermute, Sie kennen das auch aus Ihrem Bekanntenkreis: Jemand gerät, über Tage und Wochen hinweg, in eine depressive Verstimmung und eine echte Schwärze und Verzweiflung hinein. Er oder sie kann sich aus eigenem Antrieb nicht daraus befreien, sondern wird zunehmend antriebsloser, stiller, verzagter, unglücklicher. 

 

Ein wenig so kommt mir dieses Evangelium heute auch vor: Eine ganze Gruppe von Menschen – die Jesus nachgefolgt sind – ist verzweifelt, erschüttert über Jesu grausamen Tod, traurig, wie gelähmt, auch voller Angst vor dem, was da noch kommen kann. Gemeinsam verharren sie in dieser Verzweiflung und Angststarre.

 

Am vierten Tag nach diesem Ereignis machen sich zwei von den JüngerInnen auf in einen nahen Ort. Wir wissen nicht, warum sie das tun, was sie dort zu erledigen haben, vermutlich wohnen sie dort, weil sie den Mitwanderer zu sich heim einladen. Aber dass sie aufbrechen, sich nach draußen begeben, macht eine Möglichkeit erst auf: dass sie jemandem begegnen können, einer Person, die vielleicht nicht so verstrickt ist in das, was sie selber massiv beschäftigt. Bemerkenswert ist, dass sie gerade dem auferstandenen Jesus begegnen – und am Anfang des Gespräches wirkt es, als ob er selbst wirklich nicht wüsste, worum es geht. Dass die beiden in ihrem Begleiter Jesus nicht erkennen, muss uns nicht seltsam vorkommen – ist doch der gerade gefoltert und umgebracht worden. Dieser Begleiter auf ihrem Weg ist kein Gequälter, sondern ein inspirierender Mensch, der sie zu neuen Gedankengängen bewegen kann und Zusammenhänge öffnet.

 

Die Gefühlszustände und Tätigkeiten der Männer werden sehr unterschiedlich beschrieben: sie sind unterwegs, sprechen miteinander und denken nach – reflektieren, können einfach nicht erkennen, sind niedergeschlagen und traurig, sie erzählen das Geschehene aus ihrer Sicht, hören (Jesus) zu und beginnen zu begreifen, sie bitten und drängen, sie setzen sich zum Essen und beten, öffnen ihre Augen und erkennen; ihr Herz brennt; sie stehen auf und kehren zurück zu den anderen, sie finden diese, hören deren Bericht und erzählen, was sie erlebt und wie sie Jesus erkannt haben.

 

So vieles ist möglich im Aufbruch aus der Bedrücktheit. Die beiden ahnen noch nichts davon, als sie sich lösen aus der Gruppe der Erschütterten. Sie meinen wahrscheinlich, nach diesem  „Aus“ für ihre Hoffnung an ihr vorheriges Leben wieder anzuknüpfen, den Tätigkeiten des Alltags wieder nachzugehen. Sicher, eine gewisse Alltagsroutine würde ihnen helfen, aus der Lähmung herauszukommen. Aber was das Denken und Fühlen so schwer macht und belastet, will auch bearbeitet sein.
 
Zwei Möglichkeiten, zwei Wege dieses Herausfindens sind im Evangelium angedeutet: selber aufzubrechen aus der Enge, sich auf den Weg machen, hinausgehen und sich ansprechen zu lassen – und einen „Einbruch“ in die eigene Verschlossenheit geschehen zu lassen, wie der Auferstandene zur Gruppe der Verzweifelten und Ängstlichen geht.

 

Das widerspricht stark einem Denken, das meint, alles für sich selber lösen zu können und zu müssen. Hilfe draußen zu suchen und Hilfe im eigenen System annehmen zu können, das zeigt freilich die eigenen Grenzen des Selber-Machens auf und macht uns als bedürftige Wesen offenbar, aber Menschen sind als soziale Wesen auf andere hin geschaffen. Wenn jemand  „Autonomie“ als höchsten Wert für sich hochhält, kann das leicht in Einsamkeit und Ausweglosigkeit enden. Für einander zu sorgen, andere Menschen und ihr Wohlergehen im Blick zu haben, macht Menschen zu Menschen, macht uns zu  „Werkzeugen“, zu Händen, Füßen, Ohren und Mündern Gottes, zu Vermittelnden seiner Liebe. Gott wird auch in schwierigen Situationen in unser Leben einbrechen – auf vielfältige, manchmal auch sehr unerwartete Weise. Leichter geht es, wenn man ihm die Tür dafür offenhält.
 

Gedicht auf Anfrage.

 

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