Sonntag 24. November 2024

Visionen - Mehr und anders, als wir es uns vorstellen können

Sozialpredigt zum 17. Sonntag (28.07.2024) im Jahreskreis, Lesejahr B
Autorin: Angelika Gumpenberger-Eckerstorfer
2 Kön 4,42-44; Joh 6,1-15

Liebe Geschwister in Gott!

Wie soll das reichen? Das können wir uns nicht vorstellen! Wie soll sich das jemals ausgehen? 


Diese Sätze kennen wir, sprechen sie selber auch aus, in verschiedenen Situationen. Es ist  „zu wenig“ da von etwas – Personal, Geld, Essen, Zeit, Gesundheit, Ehrenamtliche/Hauptamtliche, andere Ressourcen… Zu wenig, um eine Organisation/Gruppe/Firma aufrecht zu erhalten, zu wenig um eine neue zu gründen. Mit den Erfahrungen, die wir bisher im Leben gemacht haben, lässt sich keine Lösung sehen. Wer ein bisschen rechnen kann oder Zahlen überschlagen, wer Realitätssinn hat, muss wissen, dass sich das nie und nimmer ausgeht. Man sieht die Not, hat aber noch keinen „Projektplan“, noch keine Organisation, noch keine finanziellen Mittel.


Der Blick ist voller Skepsis, die Augen sind nur auf die Fakten gerichtet und keine gemeinschaftlichen Lösungen im Blick.
Mangel-Orientierung statt Ressourcen-Orientierung heißt das in der Sozialarbeit. Wenn ich den Blick auf den Mangel richte – dort, wo es zu wenig, zu schlecht, zu schwach ist. Dort wo Schüler:innen ihre Schwächen haben und umso mehr lernen müssen, um durchzukommen. Dort, wo Fähigkeiten für den Arbeitsmarkt fehlen. Die Konzentration darauf lähmt und macht mutlos – denn da ist ja wirklich zu wenig Potential da!

 

Aber auch unter weiteren, anderen Voraussetzungen ist es schwierig, an Wunder/an große Lösungen zu glauben und in ihre Richtung zu arbeiten:

  • Wenn ich alles nur von einem Faktor (- von mir) abhängen lasse, wenn ich glaube, dass es ohne mich und meine Mittel sowieso nicht geht, weil die anderen kaum etwas Substantielles einbringen können.
  • Wenn ich verneine, dass die anderen auch gute Ideen, Vorräte in ihrem Beutel haben.
  • Wenn ich von anderen nichts erwarte, ihnen nichts zutraue (vielleicht auch deshalb, weil sie „anders“ sind als ich – aus einem anderen Kulturkreis, Bildungshintergrund, ozialem Milieu, andere Parteien wählen, andere sexuelle Orientierung haben, zu wenig mächtig sind, einer anderen Religion angehören, andere – „falsche“ – Sprachen     sprechen) – wenn ich davon ausgehe, dass sie nichts beitragen können, weil sie „das Problem“ nicht verstehen.

Und wann können Wunder geschehen? 

 

  • Wenn ich den Blick auf die Ressourcen richte – darauf, was Menschen schon einmal geschafft haben, wie sie sich hochgerappelt haben und etwas in den Griff bekommen haben. Da ist etwas da, auf das sich aufbauen lässt, wo Kraft und Möglichkeiten bestehen.
  • Wenn ich davon ausgehe, dass auch kleine Beiträge wichtig sind – alles, was jemand „in der Tasche hat“.
  • Wenn Gott im Spiel ist – und auch ins Spiel kommen darf!
  • Wenn ich die Hilfe und Unterstützung anderer annehme und nicht alles aus eigener Kraft schaffen muss (wenn ich diesen Glaubenssatz ablegen kann).
  • Wenn ich aus meinem Überfluss (den ich geschenkt bekommen habe/oder auch „erarbeitet“) abgeben kann (Elischa könnte keine 20 Gerstenbrote alleine essen).
  • Wenn auch von den „Kleinen“ (wie dem Jungen in der Begegnung mit Jesus) Lösungen kommen können, die bedacht werden.
  • Wenn Raum ist für das Unerwartete, höchstens Erhoffte – auch wenn es vielleicht etwas anders ausschaut, als ich mir das konkret vorgestellt habe.

Die Lähmung, die Aussichtslosigkeit wird überwunden. Wunderbar! Jemand tut etwas, beginnt im Kleinen, rechnet mit Gottes Geist und Segen, erwägt, dass er Mitstreiter:innen bekommen könnte. 


Das kann uns ermutigen, in der Klimakrise, in der Friedensarbeit, in politischen Initiativen, in Flüchtlingsprojekten, in der Bekämpfung des Hungers, in Bildungsinitiativen vor Ort – ermutigen, zu beginnen (obwohl kaum etwas da ist), ermutigen weiter zu machen.

 

Und wenn dann Reste bleiben, weil etwas im Überfluss da war, gehen wir sorgsam damit um und verschwenden sie nicht, lassen sie nicht verderben – wer weiß, ob diese Reste nicht der Anfang eines neuen Vermehrungs-Wunders werden.

 

An Wunder zu glauben – dass aus wenigen Broten und Fischen Nahrung für 5000 oder mehr wird – fällt uns heute schwer. Vielleicht noch Heilung, ja, aber Brotvermehrung?
Wunderbar genug finde ich, wenn die Hoffnungslosigkeit überwunden wird, wenn im Blick auf das Unscheinbare das Große wachsen kann, wenn Menschen ungefragt zusammenhalten und zusammenlegen, was sie haben. Wenn dann genug für alle da ist. 
An dieser Art von Wundern können wir selber mitwirken. Amen.

 

Fürbitten

Gott, auch wenn wir vieles haben, fehlen uns die guten Verhältnisse, die wir wirklich brauchen. Wir bitten dich:

 

Für die Menschen, die Hunger stillen und Frieden stiften. Schenke ihnen Kraft 
und Unterstützung, durch andere, wie wir es sein können.

 

Für die Menschen, die im Krieg leiden, auf der Flucht sind und verzagt. Schenke ihnen Heimat und Beistand, durch andere, wie wir es sein können.

 

Für die Menschen, die einsam, krank und voller Trauer sind. Schenke 
ihnen Hoffnung und Trost, durch andere, wie wir es sein können. 

 

Für die Menschen, die sich um die Bewahrung unseres Planeten bemühen. 
Schenke ihnen Ausdauer und Erfolg, durch andere, wie wir es sein können.

 

Für die Menschen, die Halt in Religion und Gemeinschaft suchen. 
Schenke ihnen Erkennen und tiefe Geborgenheit, durch andere, wie wir es sein können.

 

Gott, du trägst uns und beschenkst uns mit kleinen und großen Wundern. 
Öffne uns die Augen dafür, wie du uns begleitest, durch Jesus Christus, 
deinen Sohn und Bruder. Amen.
 

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