Du sollst schauen die Kinder deiner Kinder. Friede über Israel!
„Selig bist du – es wird dir gut ergehen. Du sollst schauen das Glück Jerusalem alle Tage deines Lebens.“ Schöne und erhebende Worte, die uns im Psalm 128 begegnen. Vielleicht denken wir jedoch sogleich an die derzeitigen Umstände, die unserem versprochenen Glück im Wege stehen: die Angst um unsere Gesundheit und die unserer Liebsten, wenig physische Kontakte zu anderen Menschen und eine diffuse gesellschaftliche Stimmung der Ungewissheit. Jedoch gibt uns dieser Psalm Hoffnung, die Hoffnung auf ein Glück, das ich nicht aufgrund äußerer Umstände habe, das ich mir auch nicht verdienen muss, sondern, das mir zukommt, aufgrund einer Entscheidung und einem Vertrauen in Gott und in ein Glück, das mich alle Tages meines Lebens begleiten soll.
Die wesentliche, gesellschaftspolitische Frage lautet nun: Wem wird dieses Glück zuteil und wem wird es verwehrt? Denn Glück besteht zwar aus einer Entscheidung und einer frohen Hoffnungsstimmung, doch genauso wichtig sind äußere Gegebenheiten, die grundlegende Bedürfnisse abdecken, um das Streben nach Glück überhaupt zu ermöglichen. Sollten wir nicht dafür streiten, dass dieses „DU“ und dieses „Ich“ zum jede/r wird – zu allen wird. Allen soll es gut ergehen, nicht nur den Strenggläubigen, nur jenen die fasten oder jenen die das meiste Geld angehäuft haben. Dafür hat Jesus gestritten und er war in der Tat ein Zeichen, dem widersprochen wurde, so wie es bereits kurz nach seiner Geburt im Tempel prophezeit wurde. Auch wir können ein solches Zeichen sein und Zeichen setzen. Diesen Segen und dieses Glück, das uns als Kindern Gottes zusteht, ungeachtet unserer Herkunft, unseres Geschlechts und unseres Kontostandes, gilt es für alle zu beanspruchen, für alle einzufordern. Dort wo jenen Menschen Hoffnung genommen wird, wo Menschen essentielle Elemente ihres Glücks genommen werden – Familie, ein warmes Zuhause, ein sicheres Einkommen, ein friedliches Umfeld oder der Zugang zu Bildung – dort sind wir als Christen und Christinnen gefragt, als Zeichen Gottes aufzutreten und die Hoffnung auf ein Glück für Alle aufrechtzuerhalten.
Glück für alle bedeutet ein gutes Leben für Alle, bedeutet Wohnraum für alle, Einkommen für alle und menschliche Nähe und Wärme für alle Menschen. Glück bedeutet, die Chance auf das Streben nach Glück – und dafür wollen wir ein Zeichen sein, dem auch gerne widersprochen werden kann, das jedoch hell leuchten soll, für alle Menschen.
„Gottes Liebe ist für jeden Menschen gleich“ schreibt Papst Franziskus in seiner neuen Sozialenzyklika „Fratelli tutti“. Ich denke, dass auch Gottes Wunsch, dass wir glücklich sein sollen, für alle Menschen gilt. Derzeit haben, auch in Österreich, nicht alle Menschen die Möglichkeit ein Leben in Würde und Glück zu führen. Eltern, vor allem Mütter, die extrem belastet sind, Menschen im Gesundheitswesen, die täglich an ihre Belastungsgrenzen kommen, Menschen, die ihre Arbeit verloren haben, mit Existenzängsten und großen Sorgen – für sie ist dieses Glück, das Gott uns versprochen hat, gerade nicht greifbar, es gehört nicht zu ihrer Realität. Die Hoffnung scheint weit entfernt. Hinzu kommt eine politische Rhetorik die spaltet anstatt zu einen, die bestimmte Menschen als weniger würdig, als weniger wert ansieht und anstatt selbst Verantwortung zu übernehmen, die Schuld anderen Menschen anlastet, die faktisch gesehen keine Schuld trifft. Diesem Tenor der gegenseitigen Schuldzuweisung etwas entgegen zu setzen – auch das ist tätige Liebe und dient der Förderung des Glücks aller. Und ist unsere Aufgabe als Christen und Christinnen.
„Die aufrichtige und demütige Verehrung Gottes endet nicht etwa in Diskriminierung, Hass und Gewalt, sondern in der Achtung vor der Unverletzlichkeit des Lebens, in der Achtung vor der Würde und Freiheit anderer und im liebevollen Einsatz für das Wohl aller.“ (Fratelli tutti, Papst Franziskus) Denn darin liegt auch unser größtes Glück und unser gesellschaftlicher und persönlicher Frieden verborgen.